Absicherung
Hallo Wolfgang,
Für ein beliebiges Produkt braucht’s einen Produzenten und wie
auch immer gestaltete Warendistribution. Die Kette hält man so
schlank wie irgend möglich und nötig, weil jedes Aufblähen dem
Produzenten und/oder dem Verbraucher schadet. Leute, die
keinerlei Beitrag zu Herstellung oder Verteilung leisten,
verursachen Kosten, denen kein Nutzen für Produzenten oder
Verbraucher gegenüber steht. Nun kann man von Termingeschäften
und in anderen Fällen von Derivaten erzählen, was aber wenig
daran ändert, dass sich Leute in die o. g. Kette einklinken,
die nur qua Kapitalkraft zu Marktteilnehmern werden und deren
Gewinne zu 100% zu Lasten von Erzeugern und Verbrauchern
gehen. Diese Leute und Unternehmen leisten rein gar nichts
Wertschöpfendes, es sind verzichtbare Mitesser.
die Absicherung von Marktpreisrisiken ist ein Bestandteil des Risikomanagements – ganz gleich, ob das nun den Marktpreis von Währungen, von Geld (Zinssätze), von Schweinebäuchen oder elektrischer Energie betrifft. Die Absicherung ermöglicht es Unternehmen, unabhängig von Marktpreisveränderungen den Gewinn allein aus ihrem eigentlichen Geschäftsmodell heraus zu erzielen.
Die Instrumente zur Absicherung der genannten Risiken sind Derivate jeder Art. Wenn man akzeptiert, daß es nicht Sinn der Sache sein kann, daß ein Unternehmen zwar erhebliche Gewinne aus der Produktion erzielt, diese aber dummerweise durch Wechselkursschwankungen zwischen Einkaufs- und Verkaufszeitpunkt aufgezehrt werden, dann muß man wohl oder übel akzeptieren, daß Derivate durchaus ihren Zweck erfüllen. Daß an der Konstruktion, am Vertrieb und an der Abwicklung dieser Derivate auch irgendjemand etwas verdienen muß, dürfte auch etwas sein, auf das man sich verständigen kann.
Nun bleibt am Ende die Frage, was gute Derivate im Sinne der Absicherung sind und was schlechte Derivate im Sinne der Spekulation sind. Da endet dann auch schon die Geschichte, denn eine Trennung ist praktisch nicht möglich.
Der Hersteller von Spezialmaschinen wird einen Teufel tun,
irgendwelche zwischengeschaltete Trittbrettfahrer zu füttern -
auch wenn sie sich Börsianer, Makler oder sonstwie nennen -
die einfach nur abgreifen, ohne erkennbaren Nutzen zu bieten.
Das Beispiel Spezialmaschinenbau trifft es ganz gut. Vom Beginn der Verhandlungen zwischen Käufer und Hersteller bis zur Inbetrieb- bzw. endgültiger Abnahme können problemlos Jahre vergehen. Abrechnungswährung ist häufig (aber nicht immer) der Euro, Rohstoffe werden in der Regel in Dollar gehandelt. Die Margen im Spezialmaschinenbau mögen zwar überdurchschnittlich hoch sein aber sie sind nicht so hoch, daß der Maschinenbauer das Risiko von Wechselkursschwankungen problemlos tragen kann. Aus diesem Grunde gehören gerade die Maschinenbauer zu denjenigen, die Umsätze, Einkauf und Anzahlungen zum größten Teil absichern, sofern sie denn in Fremdwährung stattfinden bzw. geleistet werden. Und das wird natürlich bezahlt – gerade weil sie einen Nutzen darin erkennen. Der besteht nämlich darin, daß der Gewinn sich aus der Differenz von Verkaufserlös einerseits und Produktionskosten zzgl. Absicherung, Transport, Inbetriebnahme und Nachbearbeitung andererseits berechnet, d.h. Währungskursverluste keine Rolle spielen.
Nehmen wir ein anderes Beispiel: Hersteller von Schokoladenprodukten. Die politische Situation in der Elfenbeinküste, aus der etwa 30% der jährlichen Kakaoproduktion stammen (je nach Sorte sogar deutlich mehr) ist eher wackelig. Probleme bei der Produktion bzw. Ausfuhr lassen den Kakaopreis regelmäßig kräftig ansteigen. Der Jahresbedarf an Kakao ist für einen Hersteller saisonal gut planbar, d.h. er weiß schon zu Beginn des Jahres, wie viele Tonnen Kakao welcher Qualität er in welchem Monat braucht.
Also wird – sofern der Preis dann gerade günstig ist – im Frühjahr schon der Einkauf für den Herbst klargemacht. Es gab aber auch Jahre, in dem am „normalen“ Terminhandel größere Mengen Kakao nicht Monate im Voraus zu bekommen waren. Was sehr wohl möglich war, war der Kauf von Derivaten. Bevor man also ins offene Messer lief, handelte man also lieber „warenlos“, um dann beizeiten zwischenzeitlich gestiegene Preise im Spot-Handel mit Gewinnen aus den Derivaten ausgleichen zu können.
Das ganze geht aber noch weiter. So kann man bspw. auch Risiken mit Derivaten absichern, für die es eigentlich keine Derivate gibt. Man muß nur Zusammenhänge bzw. Korrelationen erkennen, d.h. wenn sich der Preis für Schweinebäuche parallel zu den Preisen von Datteln (für die es keine Derivate gibt, von denen ich wüßte), kann man seine offenen Dattelrisiken auch mit Derivaten auf Schweinebäuche absichern.
Das letzte Beispiel verdeutlicht dann auch, warum man zwischen Spekulanten und vorsichtigen Geschäftsleuten eigentlich gar nicht unterscheiden kann.
Gruß
Christian