Weg von der Waldorfschule?

Hallo,
ja, ich weiß, dass ich mit diesem Artikel die Gemüter aufwühlen werde. Das passiert ja meistens, wenn der Begriff Waldorf fällt.
Aber ich bin gerade etwas ratlos, deshalb schreibe ich.

Unser ältester Sohn (8 Jahre) geht auf eine ländlich gelegene Waldorfschule, mag den Großteil der Lehrer, fühlt sich dort wohl, hat aber wenige Freunde dort gefunden. Unser jüngster Sohn (3,5 Jahre) besucht den angeschlossenen Waldorfkindergarten.
Als wir ihn dorthin geschickt haben, wussten wir, dass die Waldorflehre christlich orientiert ist. Doch was ich gerade von meinem ältesten Sohn gehört habe, lässt mich sehr an dem gesamten Konzept zweifeln.

Er erzählte mir, dass sie gerade die Schöpfungsgeschichte durchnehmen. Gut, dachte ich, das ist ja für den herkömmlichen Religionsunterricht auch an Regelschulen normal. Nur war das der Hauptunterricht.
Und dann kam dieses: Der Klassenlehrer sagte, als er auf die Urknalltheorie angesprochen wurde, die die Entstehung der Welt so ganz anders erklärt, dass die Wissenschaftler, die dies behaupteten, nur vergessen hätten, dass ja Gott die Erde erschaffen hätte.
Da musste ich erst einmal schlucken. Damit haben die Kinder nicht die Chance, selbst auszuwählen, was sie glauben, sei es die wissenschaftliche oder die religiöse Variante. Das ist dogmatisch.
Ich überlege jetzt ernsthaft, meinen Sohn von der Schule zu nehmen, denn wer weiß, was ihm noch alles beigebracht wird. Vielleicht, dass die Affen vom Menschen abstammen? Das habe ich auch schon aus der Waldorfecke gehört. Oder, dass es ja mal eine atlantische Rasse gegen hat, die als Übermenschen über allen anderen Völkern steht? Auch das ist ja eine beliebte Lehre.

Aber wie würde mein Sohn das verkraften? Nehme ich ihn am besten gleich jetzt, am Anfang der dritten Klasse von der Schule. Das hätte den Nachteil, dass er auf eine andere Schule kommt und dann nach der vierten Klasse wiederum die Schule wechselt. Oder erst, nach der vierten?

Wer hat ähnliche Erfahrungen und Zweifel? Wie verkraften die jungen Menschen einen solchen Wechsel?
Das frage ich als besorgter Vater und hoffe auf konstruktive Kommentare.
Th.

Hallo!

Ich war selber auf der Waldorfschule und habe ebenfalls im Hauptunterricht die Schöpfungsgeschichte gelehrt bekommen. Das hat mir nicht geschadet, wirklich nicht. Im Laufe der Jahre konnte ich selber herausfinden, was für mich richtig ist und was nicht.
Die Waldorfschule hat nun einmal eine anthroposophische Grundlage, und wenn dir die nicht zusagt, dann solltest du deinen Sohn möglichst bald von der Schule nehmen. Es bringt nichts, wenn du praktisch (und sei es nur im Stillen durch deine Einstellung) gegen Waldorfpädagogik und -lehrstoff bist, dann ist dein Sohn nur hin- und hergerissen.

Daß es ihm gut tun wird, eine Schule zu verlassen, auf der es ihm gut geht, bezweifle ich, aber da ist es meiner Meinung nach egal, ob es jetzt ist oder nach der 4. Klasse.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was dir am Waldorfkonzept gefallen haben kann, wenn du dich mit der Anthroposophie, die dahintersteht, nie auseinandergesetzt hast. Dann wäre dir bewußt, daß z.B. Atlantis tatsächlich ein nicht irrelevantes Thema ist und in der Waldorfpädagogik eine Menge zu suchen hat.

Vielleicht hat dir meine Antwort ja geholfen.
Schöne Grüße, Corinna

Auf einer normalen Grundschule einer mittleren Stadt hat meine Klassenlehrerin ein Foto von der Erde mit einem Schatten ueber der einen Haelfte gezeigt und sowas gesagt wie: „So, da hat Gott die Erde geschaffen. Erst die erste, dann die andere Haelfte.“
Eine andere Lehrerin der Grundschule fragte, wer denn all die Gebaude und Strassen usw. gebaut haette. Ein Schueler sagte: „Ein Mensch?“ und nach weiteren „falschen“ Antworten gab die Lehrerin die „Richtige“: „Nein. Gott hat das alles geschaffen.“

Na ja. Ich hab mir aber im Laufe der Zeit meine eigene Meinung gebildet und bin durchaus ein Anhaenger von Wissenschaft und Technik geworden. Diese Aussagen haben mich langfristig eher vom „Weg Gottes“ abgebracht und mich viel kritischer solche Aussagen betrachten lassen.

Hallo auch!

Ich möchte gar nicht auf die Waldorfpädagogik bzw. Schöpfungsgeschicht vs Urknall eingehen, nur auf die Frage des Schulwechsels.

Meist sind die Waldorfschulen oder auch Montessori Schulen ja eher weit gestreut, darum meine erste Gegenfrage: wohnt Ihr nah zu der Schule? Gibt es eine Regelschule bei Euch in der Nähe, wo wahrscheinlich auch die Kinder aus dem Sprengel hingehen. Warum hat er denn nicht so viele Freunde, und macht ihm das was aus, wie sehr hängt er denn an den Freunden, die er hat. Gibt es denn Möglichkeiten, die Freunde, die er hat weiter zu sehen?

Nächste Frage:
warum habt Ihr euch für die Waldorfschule entschieden? War das, weil Ihr Eurem Kind etwas anderes gönnen wolltet oder weil er noch nicht so weit war, um auf die Regelschule zu gehen?

Und noch was:
Wie geht Euer Kind denn mit Veränderungen um? Kommt er mit der Pädagogik auf einer Regelschule zurecht?

Rein generell sehe ich das mit den Freunden so, dass Kinder einer Nahe gelegenen Regelschule relativ schnell Freunde finden, da die Möglichkeiten, Nachmittags etwas zusammen zu machen größer sind.

Kinder reagieren ganz unterschiedlich auf neue Situationen. Das kann man nicht pauschal beantworten. Und es kommt auch auf die anderern Kinder an, wie offen die für neue sind. Und natürlich auch auf die Lehrer, wie diese neue Kinder integrieren, und wie kompetent sie sind.

Eigentlich mehr Fragen als Antworten. Aber vielleicht hilft es Dir für die Entscheidung diese Gesichtspunkt zu überdenken.

Gruß Karamell

Hallo,

Und dann kam dieses: Der Klassenlehrer sagte, als er auf die
Urknalltheorie angesprochen wurde, die die Entstehung der Welt
so ganz anders erklärt, dass die Wissenschaftler, die dies
behaupteten, nur vergessen hätten, dass ja Gott die Erde
erschaffen hätte.
Da musste ich erst einmal schlucken. Damit haben die Kinder
nicht die Chance, selbst auszuwählen, was sie glauben, sei es
die wissenschaftliche oder die religiöse Variante. Das ist dogmatisch.

Mag sein, daß solche Lehre nicht gerade förderlich für’s Leben in der
modernen Wissensgesellschaft sind.

Ich denke aber, du überbewertest den Einfluß solcher Institutionen
und Personen. In dem Alter hat ein Kind schon eine recht ausgeprägte
Weltanschuung, die zu allererst durch die Eltern geprägt wird.

Als ich im Alter von ca. 7-8 Jahren zum Religionsunterricht beim Pastor gehen
durfte (wurde mir von den Eltern freigestellt), war mir schon ziemlich klar,
daß die Aktion nur als nette Märchenstunde zu werten ist.

Ich überlege jetzt ernsthaft, meinen Sohn von der Schule zu
nehmen, denn wer weiß, was ihm noch alles beigebracht wird.

Ich würde sagen, erst wenn im Unterrichtsstoff richtige Wissenschaft gelehrt
werden soll, wird es kritisch. Das ist also so ab ca. 7-8. Klasse.

Aber wie würde mein Sohn das verkraften?

Wenn er dann älter ist, hat er dann auch andere Einsichten und evtl. sogar
das eigene Interesse richtige Wissenschaft und nicht nur Märchen lernen zu
dürfen. Ihr könnt ja schon mal darauf hin arbeiten, so daß es keine
Hauruckaktion wird.

Nehme ich ihn am besten gleich jetzt, am Anfang der dritten Klasse von der
Schule. Das hätte den Nachteil, dass er auf eine andere Schule
kommt und dann nach der vierten Klasse wiederum die Schule
wechselt. Oder erst, nach der vierten?

Nichts übereilen. In dem Alter ist lesen,schreiben und Grundrechnen das
wichtigste. Alles andere nicht so ernst nehmen. Ihr könnt ja zu Hause
über diese Dinge sprechen.

Wer hat ähnliche Erfahrungen und Zweifel? Wie verkraften die
jungen Menschen einen solchen Wechsel?

Die sozialen Bindungen sind nicht zu unterschätzen. Das Klima in einer
Waldorfschule kann da durchaus von Vorteil sein.
Gruß Uwi

Moin,

Als wir ihn dorthin geschickt haben, wussten wir, dass die
Waldorflehre christlich orientiert ist.

Äh wie kommst du darauf? Nur weil da ab und an von Gott und Engeln die Rede ist… die tauchen aber auch bei diversen anderen Religionen auf. Mit der Kabbalah bist du schon näher dran, dazu ein bisschen indische Philosophie als Zierrat.
Insgesamt hat Anthroposophie soviel mit Christentum zu tun wie Eurythmie mit Sport.
Ich würde mal vermuten, Ihr habt euch vorher so gut wie gar nicht mit den Konzepten dieser Philosophie auseinandergesetzt. Denn dann hättet ihr euch auch noch viel genauer mit den Auslegungen der einzelnen Lehrer beschäftigt, bevor ihr eure Kiddies dahin gebt.

Wenn euch nun Zwiefel kommen, dann nehmt die Kinder von dort weg. Sucht euch vorher eine Gute Begründung aus für den großen, weshalb er nun auf die Regelschule kommt und wenn ihr ihn anlügt, „weil du dann bessere Chancen ab der 5. Kl. hast, wenn du dich vorher schon mal an die normale Schule gewöhnst“
So wird er nur für ein Jahr „Der von der Waldorfschule“ sein, andernfalls womöglich bis zum Abi.

Gruß Susanne
(hatte damals einen quereingestiegenen Waldörfler in der Klasse, hab mir also dessen Probleme von der 7.bis zur 10. anschauen können)

Vielen Dank für die vielen gedanklichen Anregungen.
Ich bin mir inzwischen nach einigen Überlegungen und Erkundigungen ziemlich klar darüber, dass vieles, was wir uns von der Waldorfschule versprochen haben, nicht eingehalten wird und nicht werden kann. Es ist so einiges eine Mogelpackung.
Zum Beispiel findet eben keine individuelle Förderung statt, wenn alle im Chor Vokabeln runterbeten müssen und sich die intellektuell etwas Schnelleren langweilen, weil sie keine Aufgaben gestellt bekommen.
Womit ich aber besonders nicht klarkomme, ist der rassistische Unterbau durch die Ideologie Steiners. Er hat ja nachweislich gesagt, dass einige Rassen höherwertiger sind als andere und wenn es Völkern dreckig geht, ist das ihr Karma und Ähnliches. Das ist ja auch zu Genüge bekannt.
Die Waldorfschule will einem weismachen, dass die Anthroposophie und damit solche Lehren im Unterricht nicht vorkommen, was schlicht nicht stimmt, sieht man sich die Ausbildung der Lehrer an. Da wird Steiner gelehrt, von hinten bis vorn, was bedeutet, dass man den Verstand draußen an der Garderobe abgeben muss (die Tiere stammen vom Menschen ab, Vögel haben keine Zunge u. a. wird da gelehrt). Ich weiß das von zwei Insidern, die diese Ausbildung gerade absolvieren.
Hinzu kommt die mangelhafte Ausbildung der Klassenlehrer. Die müssen bis zum 8. Schuljahr eine Klasse betreuen – ohne die Voraussetzung, dass sie eines der Fächer studiert haben müssen. Wie soll das kompetent geschehen, wenn die nur mal eben ein paar Stunden vorher sich in die Physik einlesen? Wie sollen sie den Kindern etwas vermitteln?
Kurs gesagt, habe ich keine Lust, meine Kinder von mangelhaft ausgebildeten, mit einer fragwürdigen Pädagogik indoktrinierten Lehrern betreuen zu lassen.
Ach ja, und was die tolle Stimmung angeht, habe ich bisher nur erfahren, dass, wer kein 100-prozentiger Anthroposoph ist, nicht in den erlesenen Kreis aufgenommen wird (z. B.: deren Kinder dürfen mit unseren nicht spielen. Das ist schon sehr sektiererisch.
Und so weiter und so fort.
Es gibt zehn Kilometer von hier eine KGS mit einem guten Ruf, ebenso eine IGS. Das scheint mir trotz Noten und Leistungsdruck, der sowieso früher oder später gekommen wäre, mittlerweile die bessere Wahl.
Bis zum vierten Schuljahr kann mein Sohn sich gern noch die Engelgeschichten anhören. Nebenbei geben wir ihm Nachhilfe, besonders in der Rechtschreibung, die sein Klassenlehrer leider selbst nicht beherrscht. Auch das ist leider oft die Regel an Waldorfschulen.
Nein, dann lieber eine Gesamtschule, in denen ja immerhin noch die Chance besteht, 13 Schuljahre zu durchlaufen.

Sicherlich werde ich jetzt mit empörten Antworten von überzeugten Waldörflern bombardiert. Denen kann ich nur sagen: Wenn für euch das Waldorfkonzept stimmig erscheint, ist das eure Sache. Meine Sicht ist eine andere. Und zu den einzelnen Diskussionspunkten verweise ich auf die Sendung „Wie gut sind Waldorfschulen“, die jemand auf Youtube eingestellt hat. Das öffnet einem die Augen.

Nochmals herzlichen Dank für die Anregungen.

Th.