Hallo mal wieder Desperado (ach wie schön passt dieser nick zu dem vom Dir gewählten Thema…),
um Europa aus der Krise zu fuehren gibt es diverse Optionen.
Einige davon werde ich hier vorstellen und bin gespannt was
ihr davon findet oder ob jemand evtl. noch eine andere
Moeglichkeit sieht.
(Griechenland benutze ich als Beispiel, man kann jedoch jedes
andere Krisenland an der Stelle einsetzen).
Wobei ich nicht alle Krisenländer gleich setzten würde, aber aus deutscher Sicht wären zumindest am Anfang die notwendigen Schritte
die selben/gleichen (gewesen…).
Option A:
Eurobonds werden eingefuehrt. Nach Einfuehrung der
Schuldenbremsen (was sicher stellen soll dass Krisenlaender
nicht die neu erlangte Bonitaet zur immensen Neuverschuldung
nutzen) ist dies der wahrscheinlichste Schritt. Die Folgen
waeren dass Laender wie Griechenland weniger fuer Zinsen
ausgeben und deshalb auch weniger sparen muessen. Andere hoch
verschuldete Laender wie Deutschland muessen viel hoehere
Zinsen bezahlen. Da man dies aufgrund der Schuldenbremses
nicht mit neuen Schulden bezahlen kann fehlt dieses Geld im
Haushalt. Wenn die Steuern nicht erhoeht werden muss im
Haushalt gekuerzt werden was Deutschland wirtschaftlich sowie
sozial schaden wird.
In Griechenland wird sich wirtschaftlich nicht viel aendern da
es keine strukturellen Veraenderungen gibt. Sparmassnahmen
werden nur teilweise durchgefuehrt werden da die Angst vor
einem Staatsbankrott durch Eurobonds genommen wurde.
Einverstanden - und damit ist es KEINE „Möglichkeit aus der Krise“. Wiedermal ein süßes Gift, das die notwendigen Maßnahmen nur verzögert, wenn nicht gar nie ausreichend zum Einsatz bringt.
Zugegebener Maßen haben wir durch die Stützungspakete sowieso schon eine Art Eurobond-Haftungsverbund durch die Hintertür, aber der muss begrenzt bleiben und an Maßnahmen geknüpft werden. Schlimm genug - zugegeben.
Alle Reden von der Fiskalunion. Es ist logisch, dass das die Konsequenz einer Währungsunion ist, aber man hätte vorher wissen müssen, dass es bei der Fiskalunion enorme soziale Spannungen geben wird (früher oder später). Wie will man eine Fiskalunion in einem föderalistischen Europa mit erneut föderalistischen Strukturen innerhalb der Staaten und den unterschiedlichen Kulturen vereinbaren, kontrollieren und durchsetzen? Wenn Fiskalunion die notwendige Konsequenz aus der Währungsunion ist, aber nicht zu verwirklichen ist, was heißt das dann? Ich sage, das sollte heißen Ende der Währungsunion.
Ein Vorstandsvorsitzender eines großen Konzerns sagte dieser Tage in einem Zeitungsinterview, bei dieser Konstellation jetzt müssten südeuropäische Krisenländer die Mentalität einer schwäbischen Hausfrau entwickeln. Abgesehen davon, dass diese Mentalität in den meisten südeuropäischen Familien (entgegen weitverbreiteter Vorurteile) vorherrscht, bleiben die Mezzogiorno-Probleme, die Korruption, die Missorganisation, die Klassenkämpfe im Außenverhältnis (Verhalten außerhalb der Familien) in den Strukturen dieser Länder.
Option B:
Griechenland fuehrt ueber Nacht den Drachmen wieder ein. Die
Waehrung wird massiv abgewertet was Griechenlands Wirtschaft
unterstuetzt da diese wieder guenstiger exportieren kann.
Importe werden sich verteuern was die Nachfrage nach
griechischen Produkten im Inland ansteigen laesst. Da
Griechenland Schulden in Euro hat werden sie diese mit ihrer
schwachen Waehrung kaum bedienen koennen. Diese muessen ganz
oder zum grossen Teil abgeschrieben werden was zu einem
Dominoeffekt fuehren wird wenn die anderen EU-Staaten die
Verluste der Banken nicht auffangen (bail out). Bei wievielen
der GIIPS Staaten sich Europa das leisten kann ist die Frage.
Langfristig wird die Verschuldung der „gesunden“ Staaten
massiv ansteigen bis am Schluss die Retter selbst Rettung
brauchen.
Ja, das könnte man machen. Dazu müssten die Banken endlich vernünftig gesteuert werden (passiert nicht), damit Rettung auch Rettung bedeuten würde. Man kann den Ausstieg eines Krisenlandes nach dem anderen auch umdrehen und sagen, wer ist dann letztlich KEIN Krisenland mehr? Und folglich gleich den Euro begraben. Dass das auch für Deutschland zunächst eine bittere Pille wäre, habe ich schon öfter beschrieben, aber Schweiz, Japan kennen diese Probleme auch und stellen sich ihnen (soweit es geht).
Und USA versucht den Vorteil, den Deutschland aus dem Euro hat, anders zu erzielen. Warum ist USA SO sehr an der Lösung der Probleme in Europa interessiert? Klar, da spielen die Banken eine Rolle. Aber der Hauptgrund ist ein anderer. USA hat schon immer dafür gesorgt, dass sein Dollarkurs schön niedrig bleibt, um den Export am Laufen zu halten. Eine Eurokrise würde den USD Stärken. Es ist die schwache US Wirtschaft, die den USD Höhenflug gegen den Euro bisher verhindert. Aber USA will einen starken Euro und einen „relativ“ schwachen USD.
Option C:
Griechenland bleibt im Euro aber aendert oder ignoriert die EU
Vertraege indem es sukzessive Handelbeschraenkungen einfuehrt.
Die eigene Wirtschaft waechst da sie nicht mehr mit Produkten
aus dem Ausland konkurrieren muss. Da Griechenland wenig
exportiert werden in der Exportindustrie kaum Arbeitsplaetze
wegfallen, dafuer werden viele Arbeitsplaetze durch die
erhoehte Binnennachfrage entstehen. Durch sinkende
Arbeitslosigkeit benoetigt der Staat weniger Haushaltsmittel.
Durch den wirtschaftlichen Aufschwung steigen die
Staateinnahmen und Griechenland erlangt Bonitaet und ist nicht
auf externe Hilfen wie Rettungspakete oder Buergschaften
(Eurobonds) angewiesen. Exportlaender wie Deutschland werden
aufgrund wegbrechender Exporte fuer eine hoehere
Binnennachfrage sorgen muessen.
Ich fürchte diese Lösung wird nicht funktionieren. Abschotten kann zeitweise klappen, wie wir auch aus dem Ostblock wissen, aber die griechischen Probleme sind zu groß und wehe wehe wenn ich auf das Ende sehe (frei nach W. Busch).
Eine eigene Währung beschränkt den Import von ganz alleine, wenn diese Währung schwach ist. Das kennt Italien aus jahrzehntelanger Übung. Das hast Du schon unter B erkannt. Und auch Deutschland sollte seit dem Euro wissen, dass jedes Jahr, das es sich nicht dem Weltmarkt mit eigener Währung gestellt hat (Euro relativ schwächer als die DM), nur sehr sehr schmerzhaft wieder aufgeholt werden kann.
Fazit
Es ist nie zu spät zum sparen, aber ist die lokale Wirtschaft im globalen Wettbewerb stark genug, sich da heraus zu ziehen? Ich fürchte, es müsste noch viel mehr passieren (die Schwachstellen in den Krisenländern hatte ich oben aufgezählt), aber das wird nicht kommen. Es gibt keine schmerzfreie bequeme Lösung mehr.
Die Krisenländer brauchen Hilfe, aber es muss Hilfe zur Selbsthilfe werden. Aufgrund der verkrusteten Strukturen sehe ich keine Lösung in der Währungsunion. Ich bin für freien Handel und GEZIELTE Hilfe für die Bedürftigen zur Selbsthilfe, aber nicht für ein Fass ohne Boden und versteckte Enteignung. Ich gebe zu, dazu wäre die Währungsunion zu begraben.
Altkanzler Schmidt macht es sich sehr leicht. Ich fand seine umjubelte Rede eine Katastrophe. Politisch nett und historisch verständlich und auch für die Zukunft Europas wünschenswert wenn machbar aber völlig an den Realitäten vorbei. Und das von einem, der sich Wirtschafts- und Finanzexperte nennt. Wahlkampfhilfe hin oder her, angesichts der historischen Dimension der Ereignisse hätte ich ein klares (wenn auch für die EU Partner unbequemes) Statement von ihm erwartet. Und leider fällt ihm zu den Banken auch nicht mehr ein, als alle Investmentbanker zu verteufeln.
Die EU hat sich für die Salamitaktik entschieden (wie das Politiker so oft tun). Also viel Geld nehmen - warten auf ein Wunder - dann feststellen, dass zwar etwas gespart wurde und die Wirtschaft sich nicht so erholt wie erwartet und notwendig und dann wieder aufs Neue viel Geld nehmen und warten und…
Schönen Gruß von
ikarusfly