Wehrpflicht Ja oder Nein?

Hallo Leute,

momentan haben wir in der Schule im Deutsch-Unterricht, das aktuelle Thema „Wehrplicht“.
Im großen und ganzen (glaube ich zumindestens) habe ich verstanden um was es geht.
Der Bundesminister (zu Guttenberg) möchte den Wehrdienst auf 6 Monate verkürzen und freiwillig machen. Sozusagen möchte er doch die Wehrpflicht absetzen oder heißt aussetzen??
Dafür möchte er aber doch 163.500 Zeit und Berufssoldaten einstellen und 7.500 freiwillige Wehrpflichtdienstende.

Ich habe mir auch schon die Berichte bei der Tagesschau durchgelesen. Doch das ist alles einwenig zu kompliziert, für mich als 17-jährige. Ich versuche das zu verstehen, aber ob das richtig ist, so wie ich es verstanden habe, möchte ich gerne euch fragen.

Ich wäre um jede Antwort dankbar.

Liebe Grüße

Irina

Hallo Irina,

das hast Du schon richtig verstanden. Natuerlich sind die Berufs- und Zeitsoldaten ja schon weitgehend eingestellt bzw. im aktiven Dienst.

Allerdings sind das vorlaeufig nur die Plaene des Verteidigungsministers und nichts kann bis jetzt als beschlossen gelten. Es bleibt also abzuwarten, was tatsaechlich von der Bundesregierung beschlossen wird und dann auch vom Bundestag angenommen werden wird.

Meines Erachtens hat Minister von Guttenberg gute Gruende fuer seinen Vorschlag, vor allem weil er mehr Leute fuer Auslandseinsaetze braucht. Ob das sinnvoll ist, das ist eine andere Frage. Ansonsten gibt es um Deutschland herum nichts mehr zu verteidigen, da alle Nachbarn ja mit Deutschland befreundet sind.

Sei gegruesst

Rainer

Hallo Irina,

ich bin zwar kein Bundeswehr-Experte, aber ich denke eine kurze Darstellung wird dir weiterhelfen.

Prinzipiell sind in Deutschland alle Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren zum Wehrdienst verpflichtet. Seit 2001 dürfen auch Frauen freiwillig Dienst an der Waffe tun. Die Wehrpflicht gilt jedoch weiterhin nur für Männer. Im Artikel 12a des Grundgesetzes steht, dass Männer vom 18. Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet werden können (aber nicht müssen). Das bedeutet, dass die Wehrpflicht nicht ausdrücklich festgeschrieben ist, sondern geändert werden kann. Dazu muss man wissen, dass die Wehrpflicht während des Kalten Krieges eingeführt wurde, weil es notwendig war eine große Armee zu haben, die im Ernstfall das Land verteidigen kann. Deutschland grenzte an kommunistische Staaten, die als Feinde galten und die Sicherheitslage des Landes war instabil. Heute haben sich die Verhältnisse verändert. Deutschland ist Teil der EU und die Wahrscheinlichkeit eines Krieges auf deutschem Boden geht gegen Null. Ins Ausland dürfen jeweils nur 8000 Soldaten eingesetzt werden und deshalb ist es nicht mehr sinnvoll eine große Zahl an Soldaten in Deutschland zu unterhalten.

Vor kurzem hat das Bundeskabinett eine Verkürzung der Wehrpflicht von neun auf sechs Monate beschlossen. Experten sehen in der Verkürzung bereits das Ende der Wehrpflicht, da man in sechs Monaten kaum fundierte Kenntnisse vermitteln kann.

Aktuelle Debatte
Aktuell muss die Bundeswehr aufgrund des Sparpakets der Regierung Einsparungen vornehmen. Daraus entwickelte sich eine Debatte, ob die Bundeswehr in ihrer jetzigen Form, also mit der Wehrpflicht weiter beibehalten werden soll. Auf Initiative von Karl-Theodor zu Guttenberg wird eine Aussetzung der Wehrpflicht geprüft. Damit könnten allein mehr als 400 Millionen Euro im Jahr gespart werden. Aussetzung bedeutet, dass die Wehrpflicht offizielle als Gesetz bleibt, aber keine Rekruten einberufen werden. Dies hätte den Vorteil, dass falls eine große Armee doch noch gebraucht werden würde, man die Aussetzung widerrufen könnte ohne Gesetzesänderungen vorzunehmen. Eine andere Möglichkeit wäre den Wehrdienst ganz freiwillig zu machen wie bspw. in den USA. Dann würde es eine Berufsarmee geben mit Berufs- und Zeitsoldaten.
Zusätzlich möchte zu Guttenberg die Bundeswehr um ein Drittel auf 165.000 Soldaten verkleinern. Im September will er dazu ein Konzept vorlegen.

Folgende Probleme können sich daraus ergeben:
Entscheidet man sich für den Ausstieg aus der Wehrpflichtarmee (und damit auch für das Ende des Zivildienstes), müssten die Folgen vertreten werden, als da sind: die Schließung von Kasernen, der Verlust von Arbeitsplätzen und der Abschied von der billigen Nachwuchsrekrutierung für Streitkräfte und soziale Dienste.
Die Freiwilligen-Armeen der Nachbarländer zeigen auch, dass sich häufig nur Menschen aus den bildungsfernen Schichten für den Weg des Berufssoldaten entscheiden.
Die politische Kernfrage ist dabei die zeitgemäße Verteidigung Deutschlands im 21. Jahrhundert und um überholte Anforderungen an die Armee.

So, das sind die Eckpunkte der Debatte. Die Verkürzung der Wehrpflicht ist schon beschlossen, die Aussetzung und Verkleinerung noch nicht. Zu Guttenberg möchte niemanden einstellen, das hast du missverstanden,sondern die Armee verkleinern, also Stellen abbauen.

Viele Grüße,
Daria

Hallo Leute,

Hallo Irina

momentan haben wir in der Schule im Deutsch-Unterricht, das
aktuelle Thema „Wehrplicht“.

Seltsames Thema für den Deutschunterricht (pardon!)

Im großen und ganzen (glaube ich zumindestens) habe ich
verstanden um was es geht.

Das denke ich auch, ich will nur ein paar Dinge ergänzen oder präzisieren, wenn Du einverstanden bist

Der Bundesminister (zu Guttenberg) möchte den Wehrdienst auf 6
Monate verkürzen und freiwillig machen.

Nein, die 6 Monate sind eine Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag. Als dieser angenommen wurde, war es eigentlich jedem klar, daß das den Todesstoß für den Grundwehrdienst, wie er bisher bekannt war, darstellte.

Sozusagen möchte er
doch die Wehrpflicht absetzen oder heißt aussetzen??

Nein, das wohl nicht (hoffe ich). Er wird wohl die EINBERUFUNG zum Grundwehrdienst aussetzen, die WEHRPFLICHT hingegen nicht. Das würde große Probleme schaffen, denn das Wehrpflichtgesetz, in dem die Wehrpflicht geregelt ist, ist zum einen auch die Grundlage für die Einberufung von wehrübenden Reservisten und ungedienten freiwilligen Spezialisten, zum anderen die Basis der ZMZ (Zivil-Militärische-Zusammenarbeit), die bei Naturkatastrophen Spezialisten zur Unterstützung der zivilen Stellen einberuft. Beides wäre in der heutigen Form bei einem Aussetzen der WEHRPFLICHT nicht mehr möglich.
Ich gehe deshalb auch davon aus, daß von den Kreiswehrersatzämtern weiterhin „erfaßt“ werden wird – ob auch die Musterung nach wie vor dann stattfindet ist ein anderes Thema. In meinen Augen wäre dies nicht allzu sinnvoll.

Dafür möchte er aber doch 163.500 Zeit und Berufssoldaten
einstellen und 7.500 freiwillige Wehrpflichtdienstende.

Die 163.500 Zeit- und Berufssoldaten (die Zahl ist eine von insgesamt fünf Zahlen, die in verschiedenen Modellen kursieren) müssen nicht neu eingestellt werden, da in der Bundeswehr z. Zt. weitaus mehr Soldaten dienen. Es würde also zu einer Reduzierung kommen – und natürlich zu Neueinstellungen im Zuge der normalen Personalfluktuation, allerdings in wohl geringerem Umfang. Die 7500 wären „FWDL“ (Freiwilligen Wehrdienst Leistende) – die gibt es jetzt auch schon: es sind die Grundwehrdienstleistende, die ihren Wehrdienst freiwillig auf bis zu 23 Monate verlängern. Sie bekommen dafür mehr Geld und die Möglichkeit, in den Auslandseinsatz zu gehen.

Ich habe mir auch schon die Berichte bei der Tagesschau
durchgelesen. Doch das ist alles einwenig zu kompliziert, für
mich als 17-jährige. Ich versuche das zu verstehen, aber ob
das richtig ist, so wie ich es verstanden habe, möchte ich
gerne euch fragen.

Du hast das schon ganz gut verstanden, solltest aber darauf achten, die richtigen Begriffe zu verwenden. Das Militär und auch die Verwaltung haben eine eigene Sprache, die sehr genau beschreibt – oftmals mit nur einem Wort – worum es geht.

Ich wäre um jede Antwort dankbar.

Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig helfen. Wenn es noch Unklarheiten oder weitere Fragen gibt, melde Dich einfach

Liebe Grüße
Irina

Abendliche Grüße zurück

Hallo Irina,

Du hast es wohl richtig verstanden. Er will die Wehrpflicht absetzen.

Gruß, N.

Hier ist noch ein Interview mit zu Guttenberg.
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/35171…