Weisen [bair.]

Hallo,

meine Tochter kam kürzlich vom Reiten heim und meinte, die Besitzerin des Hofs habe gesagt: "und dann hob i s’Ross [irgendwohin] gweist.

Sie kannte das gar nicht, was mich wundert, weil mir das durchaus geläufig ist, und ich „weisen“ auch verwende.

Gehört „weisen“ zu den aussterbenden Wörtern (so wie „kenden“), oder ist das regional unterschiedlich?

Zur Info: ich bin im Chiemgau aufgewachsen; die Reitlehrerin ist im Gro0raum Landshut, allerdings seeehr ländlich…

Ich bin wirklich gespannt :smile:
Und entschuldigt, wenn ich nicht gleich antworte - ich bin die nächsten Tage unterwegs.

Gute Nacht,
agnes

Hallo, Bernauerin,
im bairischen durchaus geläufig - „weisen“ für „zeigen“ abr auch „führen“ (s. auch Grimmsches WB)
In der Hochsprache auch noch in Zusammensetzungen wie „Hinweis“ „Wegweiser“ „abweisen“ „beweisen“ etc.
Hat mit „weise“=„wissend“ zu tun.

Gruß
Eckard

Moin, agnes,

Gehört „weisen“ zu den aussterbenden Wörtern

eindeutig. Erzähl mal den jungen Leuten, Du gingest zu einer Wöchnerin zum Weisen, die schauen Dich völlig entgeistert an. Oder sie gehen zum „Weißen“ :smile:))

so wie „kenden“

Das ist mir allerdings auch fremd :frowning:

Gruß Ralf

Hallo agnes,

also ich kannte das Wort ´weisen´ in meiner Kindheit auch aus dem Niederbayrischen.
Als „Magst du weisen?“ oder „Laß dich mal weisen“ im Sinne von an die Hand nehmen/an der Hand geführt werden als Kind.

Ob das heute dort noch verwendet wird,weiß ich nicht,aber in manchen Gegenden stirbt alter Sprachgebrauch nicht so schnell aus.

Selber hatte ich den Begriff schon ganz vergessen.
Nette Erinnerung :smile:

viele Grüße
Heidi

Hallo Agnes,

das Wort „weisen“ gibt’s ja auch hochdeutsch. Ich hätte kein Problem damit, wenn ein Pferd irgendwohin gewiesen wird, und wenn’s in Bayern „g’weist“ wird, mit schwacher Konjugation, dann ist mir’s auch recht.
Problematisch wird’s erst dann, wenn das Wort eine andere Bedeutung als im Hochdeutschen besitzt (also nicht „führen, zeigen“ heißt). Mir ist z.B. vollkommen unklar, was man bei einer Wöchnerin weist oder gewiesen (g’weist) bekommt – das Neugeborene?
Ich bin nicht sicher, ob das Wort im Hochdeutschen ausstirbt; zumindest in der Wendung „jemandem den Weg weisen“ scheint es mir beinahe unersetzbar. Aber diese Gedanken erübrigen sich in dem Augenblick, wenn das bairische „weisen“ mit dem hochdeutschen „weisen“ nichts zu tun hat.

Liebe Grüße
Immo

Hallo Agnes,

ich kenne diesen Begriff auch (stamme aus dem Landkreis Freyung-Grafenau). Verwendet wird der Begriff dort noch immer, wenn
es darum geht, dass man jemanden an der Hand oder am Arm führt (kleines Kind, gebrechliche Person) oder man mit einem Tier an Leine oder Zügel geht.

Im Sinne von „jemandem den Weg weisen“ als „den Weg zeigen“ wird es dort übrigens von Dialektsprechern nicht verwendet.

Viele Grüße,
Nina

Mir ist z.B. vollkommen unklar, was man bei
einer Wöchnerin weist oder gewiesen (g’weist) bekommt – das
Neugeborene?

Hallo, Immo,
es geht natürlich darum, dass das Neugeborene vorgezeigt wird.
Gruß
Eckard

Mir ist z.B. vollkommen unklar, was man bei
einer Wöchnerin weist oder gewiesen (g’weist) bekommt – das
Neugeborene?

Hi,

Eckard,

ja das ist das bairische „Weiserts“.
Gruß!
H.

Hallo,

Eckard

und die anderen!
Dazu gehören dann auch die veralteten neuhochdeutschen Wörter
Weiser: Führer, (Uhr-)Zeiger
und
Weisel: Bienenkönigin, (Uhr-)Zeiger.
Gruß!
H.

Moin, Immo,

Mir ist z.B. vollkommen unklar, was man bei einer Wöchnerin weist
oder gewiesen (g’weist) bekommt – das Neugeborene?

der Wöchnerin wird gezeigt, wo es langgeht. Die Nachbarinnen bringen eine Kleinigkeit fürs Kind mit und beraten die Mutter - bis hin zum Weissagen :smile:))

Aber diese Gedanken erübrigen sich in
dem Augenblick, wenn das bairische „weisen“ mit dem
hochdeutschen „weisen“ nichts zu tun hat.

Doch, es ist genau das gleiche - im Sinne von den Weg weisen.

Gruß Ralf

Hi!

Aber diese Gedanken erübrigen sich in
dem Augenblick, wenn das bairische „weisen“ mit dem
hochdeutschen „weisen“ nichts zu tun hat.

Doch, es ist genau das gleiche - im Sinne von den Weg
weisen
.

Zustimmung.
In den Komposita von „weisen“ haben wir doch exakt diese Bedeutung:
vorweisen (z. B. einen Ausweis), nachweisen, zuweisen, …;
auch: beweisen.
Gruß!
H.

oder man mit einem Tier an Leine oder Zügel geht.

Servus Nina,

das habe ich (nördlicher Landkreis Sarnberg) als ‚loatn‘ kennen gelernt.

Gruß

Kai Müller

so wie „kenden“

Das ist mir allerdings auch fremd :frowning:

Servus Ralf,

wenn Du es härter ausspricht und wenn Du ein an (oder ein ‚o‘) davorsetzt, kennst Du es bestimmt auch: als ‚anzünden‘ - okent’n.

Gruß

Kai

Hallo Kai,

das habe ich (nördlicher Landkreis Sarnberg) als ‚loatn‘
kennen gelernt.

du meinst „Starnberg“, oder?
‚loatn‘ wird wiederum in meiner Heimat nicht verwendet - aber die „Loata“, die Leiter.

Viele Grüße,
Nina

Servus, ihr zwei,

ja, Nina, genau diese Bedeutung hab ich gemeint!

Wobei ich Kais „loatn“ eher in der hochdeutschen Bedeutung von „weisen“ kenne, also passiver als „führen“.

Das war jetzt verwirrend, fürchte ich :smile:

Gruß,
agnes

Hallo Heidi,
ich hab die letzten Tage mal aufgepasst, wie oft ich dieses Wort höre bzw. verwende.
Gar nicht mal sooo selten :smile:

Viele Grüße,
agnes

Hallo Ralf,

Oder sie gehen zum „Weißen“ :smile:))

Ja, gell !?

Ich hab neulich in einer Zeitschrift gelesen: „Der Berg kreist und gebiert eine Maus.“

Da kreist er so umeinand, der Berg :wink:

so wie „kenden“

Das ist mir allerdings auch fremd :frowning:

Tschuldigung, das war ein falscher Fehler!
Du wurdest zwar schon aufgeklärt, aber trotzdem:
Ich meinte „okendn“ -> 's Liacht okendn
Oder - fällt mir noch ein: 's Liacht oreibm

Aber jetzt bin ich abgeschwiffen…

Viele Grüße,
agnes

Danke euch allen
für eure Antworten - es war interessant zu lesen!

Und wenn ich wieder mal so ein Wort hab: Darf ich nochmal mit sowas daherkommen? :smile:
Ich finde es einfach enorm spannend…

Viele Grüße,
agnes