Weissrussland im 2. Weltkrieg/ Zeitzeugen gesucht

Wer von Euch hat deutsche Verwandte oder Bekannte,
die im 2. Weltkrieg in Vitepsk (Weißrussland)
eingesetzt waren? Mein Bruder und ich haben dort einen jüdischen
Journalisten kennengelernt, der ehemalige deutsche
Soldaten sucht, die er für sein Buch mit Zeitzeugenberichten
interviewen kann. (Er arbeitet mit Patrick
Dubois zusammen, Autor des Buches „Der vergessene Holocaust“- bestehend aus Zeitzeugenberichten der Ukraine.)
Diese Zeitzeugenberichte sind wertvolle Erinnerungen, die unbedingt schriftlich festgehalten werden müssen, solange die Zeitzeugen noch am Leben sind. Ich bin dankbar für jede Rückmeldung.
Viele Grüße, Corinna Böttcher

Hallo Corinna,

Wer von Euch hat deutsche Verwandte oder Bekannte,
die im 2. Weltkrieg in Vitebsk (Weißrussland)eingesetzt waren

die Erfahrung mit Zeitzeugenbörsen hierzulande zeigt, daß Wehrmachtsangehörige da sehr zurückhaltend in ihren Äußerungen sind, speziell wenn es um den Einsatz an Orten geht, wo Juden ermordet wurden.

Das Institut für Zeitgeschichte in München hat dazu ausführlich geforscht. Die Studie heißt „Wehrmacht in der NS-Diktatur“
und ist im Oldenburg Verlag erschienen. Das könnte ein Ansatzpunkt sein.

Mein Bruder und ich haben dort einen
jüdischen
Journalisten kennengelernt, der ehemalige deutsche
Soldaten sucht, die er für sein Buch mit Zeitzeugenberichten
interviewen kann.

Das wird sicher nicht einfach.

Ein anderer Weg erscheint mir sehr viel erfolgversprechender. In den 1990iger Jahren gab es in Deutschland eine große Einwanderungswelle von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion.

In der Roten Armee haben 500 000 jüdische Soldaten gekämpft und waren überproportional zu ihrem Bevölkerungsanteil vertreten. Vor zehn Jahren hatten wir in der jüdischen Gemeinde zu Berlin noch über 100 Kriegsveteranen aus der Roten Armee. Eine Reihe ist inzwischen gestorben, aber das Centrum Judaicum hat sie befragt und eine Ausstellung zum Thema „Juden in der Roten Armee“ gemacht. Vielleicht ist das ein möglicher Kontakt für Dich: www.cjudaicum.de

In den großen jüdischen Gemeinden in Deutschland (Berlin, Frankfurt, München etc.) gibt es sogenannte „Veteranenclubs“, die sich regelmäßig treffen. Wann sie sich treffen, erfährst Du über die Sozialabteilung der jeweiligen jüdischen Gemeinden.

Sehr viel von ihren Geschichten erfährt man am 8. Mai. Da gibt es immer eine große Veranstaltung in der jüdischen Gemeinde, bei der sie geehrt werden. Sie kommen mit ihren Orden und es gibt eine sehr schöne Feier. In den jüdischen Gemeinden ist man sich heute immer noch sehr bewußt darüber, welchen Preis die Rote Armee für die Befreiung vom Faschismus bezahlt hat und daß ohne deren noch wesentlich weniger Juden überlebt hätten.

Im Film „MAZEL TOV“ von Mischka Popp und Thomas Bergmann erzählen Juden aus der ehemaligen Sowjetunion von ihrer Migrationsgeschichte. Da sind auch einige Geschichten von Rote-Armee-Veteranen dabei. Den Film gibt es als DVD.

Übrigens hatten vor 15 Jahren einige jüdische Veteranenclubs selber die Idee, deutsche Wehrmachtssoldaten treffen zu wollen um zu hören, wie sich die Geschichte aus deren Perspektive anhört. Es hat sich nur keiner gefunden.

Im Hof der jüdischen Gemeinde zu Berlin gibt es ein großes Denkmal, an dem alle KZs aufgeführt sind, in die Juden aus Berlin deportiert worden sind. Vor einigen Jahren wurde eine Tafel hinzugefügt, auf der alle Veteranen der Roten Armee, die nach Berlin gekommen sind, namentlich genannt sind.

Übrigens ist der Begriff „2. Weltkrieg“ unter russischen Juden nicht gebräuchlich. Sie sprechen vom „großen vaterländischen Krieg“.

Ich hoffe, Du findest in meinem Beitrag einige Ansatzpunkte zum Weitermachen - auch wenn es in eine andere Richtung geht als in Deinem Ursprungsposting.

Viele Grüße

Iris

Ein klasse Ansatz wobei ich denke dass bei täterinterviews nicht viel zu holen ist