Servus,
die werden schneller zwölf Jahre alt, als man glauben möchte - und spätestens dann sollten sie ohne Begleitung mit dem Rad klarkommen. Je anspruchsvoller eine städtische Umgebung ist, desto ausgiebiger sollte man vorher in Begleitung geübt haben.
Ja, Du hast Recht - Dich trifft da keine Verantwortung. Ich ärgere mich halt jedesmal, wenn Eltern glauben, Kinder fielen vom Himmel wie der Regen oder „irgendwie haben sie uns auch groß gekriegt“ und noch scheußlichere Dinge, um jungen Menschen das Leben zu vergällen und deren Mitmenschen den ohnehin schon zu wenigen Platz auf der Erde weiter einzuschränken. Ja, Kinder kosten Geld, und wenn man welche haben möchte, muss man halt überlegen, ob man sich das überhaupt leisten kann.
Wie auch immer: Spritkosten braucht man nicht, wenn man sein Leben auf ein Minimum an Bewegung im Alltag ausrichtet und mit Bahn & Bus fährt. Wenn die örtlichen Spielplätze zu langweilig sind (es könnte durchaus sein, dass die Gemeinden in Gladbeck oder Gelsenkirchen schon so weit verarmt sind, dass sie keine guten Spielplätze mehr einrichten können), schafft man sich halt selber welche. Bis zu meinem 5. Lebensjahr waren wir zwei jüngeren Brüder jeden Tag mit der Nahne am Nachmittag (Mo - Fr jeden Nachmittag, egal wie das Wetter war) mindestens zwei Stunden draußen unterwegs, weil unsere Wohnung zu klein für die Familie war und die beiden älteren Brüder sonst keinen Platz fürs Hausaufgabenmachen gehabt hätten. Eine hübsche Variante war der Rechts-Links-Spaziergang, bei dem immer wieder überraschend war, wie unterschiedlich er verlief, je nachdem, wo man den Startpunkt (das erste Rechts) setzte und ob man z.B. reine Fußgängerwege als Abzweigung wertete oder erst an der nächsten Straßenecke das nächste Rechts oder Links setzte.
In einem nahegelegenen Wald mit einigen Quellhorizonten und daher vielen kleinen Bachläufen entstand eine neue Topografie, die Bäche wurden alle nach US-amerikanischen Astronauten benannt und es machte nichts, dass der White-Fluss wie „Witte“ ausgesprochen wurde. Heute schäme ich mich ein bisselchen, dass ein Toteisloch, an dem ein paar der Bächlein zusammenliefen, „Gagarin-Sumpf“ hieß…
Die beiden „Großen“ waren mit den Gängen, die uns beiden Jüngeren angemessen waren, bald unterfordert - daraus entstanden dann eine Art Geländespiele „Schweden gegen Kaiserliche“ mit immer dem selben Motiv, das sich sehr breit variieren ließ: Die beiden Großen gingen mit einigem Abstand voraus und überraschten uns beide Kleinen nebst Vater im Hinterhalt - Kampfhandlungen fanden nicht statt, das hätte mein Vater nicht geduldet, die Kaiserlichen gaben jedes Mal sofort auf, wenn die Schwedische Reiterei irgendwo unversehens im gestreckten Galopp einen Abhang im Wald herunterkam.
Kurzer Sinn: Machen kann man vieles. - die beschriebenen zwei von vielen Dingen, die wir ohne weiteren Geldbedarf machten, entstanden übrigens nicht aus Geldmangel, mein Vater war damals Oberrat im Landesdienst…
Schöne Grüße
MM