Hi
Mein Tipp geht an Ägypten, grade wenn man sich die aktuellen Historiographieprojekte der chinesischen Regierung ansieht.
Unsere Quellen, was China angeht, gehen etwa bis 1700 v. Chr. zurück.
Da sind in etwa die letzten archäologischen Funde, mit denen man momentan etwas anfangen kann, in China war da noch das Neolithikum.
Und ob wir jemals mehr herausfinden werden ist nicht abzusehen, denn seinerzeit, während der Shang-Dynastie, wurde viel einfach mit Holz gebaut- große Gebiete waren sumpfig und warm.
Das Zeug ist einfach verrottet! Darum hat man heute nur noch so wenig überbleibsel.
Ferner gibt es Berichte über die Xia-Dynastie (ab ~2200 v.Chr.) doch für die gibt es keinerlei historische Beweise.
Man nimmt an, dass sie mythisch ist, da sie erst recht spät erwähnt wird und es sonst keine Quellen gibt.
In der Archäologie gibt es mittlerweile Funde, die etwas älter als die bisher umschriebene Shang-Dynastie sein könnten.
Manche Forscher schreiben sie der Xia-Dynastie zu, doch das ist wissenschaftlich nicht haltbar. Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass es zu der Zeit tatsächlich eine Dynastie gab, oder überhaupt einen Zusammenschluss, denn von Dynastie kann keine Rede sein, die gab es in der Zhou noch nicht so wirklich und in der Shang-Dynastie eigentlich gar nicht, ist also nur was nominelles.
Die sanhuang wudi, die erhabenen Fünf Könige, sind vollkommen mythische Figuren, es gab sie definitiv nicht.
Die ersten Quellen, die sie im Ansatz erwähnen (damals noch drei Dynastiegrüner (Xia, Shang, Zhou) + Huang Di (Alternativahne um den zuvor wohl matriarchalischen Kult, der während der Zhou abgelöst wurde, endgültig zu verdrängen) stammen aus der Han-Dynastie und die beginnt frühstens um 206 v. Chr. da liegen also mehr als 2000 Jahre zwischen. z.B. von Sima Qian.
Stell dir vor wir müssten etwas über Rom sagen wenn es keine Bauten, keine Gräber, keine Überreste gäbe weil wir ja keine Archäologie hätten. Ein unmöglich historisches Unterfangen.
Bei Ägypten sieht es auch nicht grade einfach aus, die wichtigste Quelle, die wir zur Chronologie haben ist Manetho und dieser wird in Schriften zwischen dem 1. und 4. Jh. zitiert.
Als ältestes Datum nimmt man an, das die 1. Dynastie der Thiniten mit Horus Aha (Herrschername) um 3100 v. Chr +/- 120 Jahre beginnt (bis 2905 v. Chr. , danach ging es weiter mit diversen Zwischenzeiten (also Fremdherrschaft) bis ca. 343 v. Chr. das Großreich unter den Persern zerfiel durch die makedonische Eroberung).
Anders als in China, das eine recht homogene Historie fortführt, in der Geschichtsbücher erst nach den entsprechenden Dynastien geschrieben werden und Mythos und Historie so eng miteinander verknüpft sind, das sie kaum auseinander zu halten sind, wird Ägyptens Geschichte in anderen Kulturen oft erwähnt weil es starke Auswirkungen auf sie hatte.
Z.B. wissen wir das in den wichtigsten Perioden der israelitischen Geschichte die ägyptische Hochzeit schon längst vergangen sein musste, sonst wären einige Entwicklungen nicht möglich gewesen.
Meine Interpretation ist also, das Ägypten auf jeden Fall älter ist, was die Kultur angeht.
Wo jetzt zuerst Menschen waren, lässt sich freilich nicht sagen und ist im Erkenntniswert wohl auch nicht sonderlich weiterbringend.
Nun, der moderne chinesische Staat sah sich mit dem Fakt, das Ägypten wohl älter ist, konfrontiert und das war für das Nationalbewusstsein ein Problem. Darum gibt es ein neues Projekt „Chronologie Chinas Rekonstruieren“ unter einem Sinologen namens Lu Xuejing, allerdings weigerten sich einige Wissenschaftler mitzuarbeiten udn stiegen aus dem Projekt wieder aus, weil dort die Xia-Dynastie als unbedingt historisch angesehen wird und die ganze Chronologie etwas wacklig ist, das Ziel ist also, grob gesagt, auf jeden Fall älter zu wirken.
Eine Absolute Chronologie ist so nicht möglich, wird historisch allerdings auch kaum benötigt- es dient eher einem Prestigezweck.
lg
Kate
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