es gibt keinen Schmerz ?
Kann mir da jemand weiterhelfen ? Dieser Phiosoph soll behauptet haben, es gibt keine Schmerzen.
Mich würde die Argumentation dieses Philosophne sehr interessieren.
Vielen Dank
es gibt keinen Schmerz ?
Kann mir da jemand weiterhelfen ? Dieser Phiosoph soll behauptet haben, es gibt keine Schmerzen.
Mich würde die Argumentation dieses Philosophne sehr interessieren.
Vielen Dank
Hallo mjokisch,
es handelt sich hier um eine relativ junge Strömung, die eliminativer Materialismus genannt wird. Namen sind Richard Rorty, aber vor allem Patricia Churchland und Paul Churchland.
Do
Moin,
Mich würde die Argumentation dieses Philosophne sehr
interessieren.
könnte ev. von den Stoikern kommen, oder von George Berkeley
Gandalf
Hallo!
Die Stoiker wollen frei von Schmerzen sein (der fällt bei ihnen unter den Affekt Unlust) und Berkeley meint Schmerzen gäbe es nur insofern sie wahrgenommen werden. Aber keiner von denen sagt, es gebe keine Schmerzen.
Mir fällt jetzt auch nichts weiter ein als der Eliminativismus und Gorgias. Aber bei letzterem gibt es ja nicht einmal das Sein.
Gruß
Peter
Hallo!
es handelt sich hier um eine relativ junge Strömung, die
eliminativer Materialismus genannt wird. Namen sind Richard
Rorty, aber vor allem Patricia Churchland und Paul Churchland.
Die Churchlands kenne ich nicht weiter, aber Rorty behauptet garantiert nicht, es gäbe keinen Schmerz.
Was er in der Tat macht, ist es, die „painfulness of the pain“ als Universalie, losgelöst von der konkreten Schmerzempfindung einer konkreten Person, zurückzuweisen.
Der Schmerz und die Verletzbarkeit sind bei ihm aber ganz im Gegenteil sehr zentrale Begriffe, ohne die seine Theorie des „Ironismus“ gar nicht denkbar wäre.
Grusz
Tyll
Das ist ja kein Widerspruch, dass Schmerz und Verletzbarkeit zentrale Begriffe sind, an denen sich zeigen lässt, dass sie lediglich mentale Zustände repräsentieren, aber keine ontologische Begründung haben, also nicht objektiv verortet werden können. Wobei Rorty ja als Vorläufer, neben Feyerabend, dieser Philosophie-Richtung gilt.
Letztlich geht es aber darum, dass Schmerz dann eben nur eine subjektive Wirklichkeit hat und davon abhängig ist. Objektiv gibt es dann keinen Schmerz.
Do
Hallo!
Letztlich geht es aber darum, dass Schmerz dann eben nur eine
subjektive Wirklichkeit hat und davon abhängig ist. Objektiv
gibt es dann keinen Schmerz.
Statt eigenem Gelaber zitiere ich eine Passage Rortys aus seinem, das kann man wohl so sagen, Hauptwerk „Kontingenz, Ironie und Solidarität“ (zur Frage des Schmerzes äußert er sich darin in den Kapiteln 4 und 9; das sind die Schlüsselkapitel seines Ironismus- und seines Solidaritätskonzepts, also von zwei der drei Pfeilern seines Ansatzes):
Denn alles, was wir mit allen Menschen teilen, haben wir auch mit allen Lebewesen gemeinsam - die Fähigkeit, Schmerz zu empfinden … dass Menschen, die sozialisiert wurden -ganz gleich in welcher Sprache und welcher Kultur-, eine Fähigkeit miteinander teilen, die anderen Lebewesen fehlt. Man kann ihnen Schmerz einer besonderen Art zufügen: sie lassen sich alle demütigen. (S. 287)
Es kann also keine Rede davon sein, dass Rorty den Schmerz als bloße subjektive Wirklichkeit konzipiert. Ganz im Gegenteil ist für ihn der Schmerz das einzige, das alle Menschen miteinander (und sogar mit dem Tier) teilen.
Nur weil Rorty gar nichts, eben auch den Schmerz nicht, ontologisch letztbegründen möchte, spricht er ihm doch noch lange nicht die Objektivität ab.
Er spricht ihm, wie allem anderen auch, lediglich die ontologische „Fülle“ ab, also die von mir schon zitierte „painfulness of the pain“. Das teilt Rorty aber mit allen Autoren, die den linguistic turn ernst genommen haben.
Grusz
Tyll
Danke für den Einwand.
Was ist denn in diesem Zusammenhang Objektivität? Und ich habe auch nicht von einer „bloßen“ subjektiven Wirklichkeit geschrieben, sondern davon, dass es subjektive Wirklichkeit gibt, die nicht Objekt sein kann. Objektiv teilen alle Lebewesen in mehr oder minderem Umfang die jeweiligen Sinne, die Berührung beinhalten. Und jede Berührung kann eben aufgrund der Propriozeption eine Empfindung hervorrufen, die „Schmerz“ genannt werden kann. Wobei Schmerzempfindung nicht objektiv ist, wie alle Phantomschmerzen belegen. Schmerz ist eine Repräsentation mentaler Zustände, die eben auch unabhängig vom Körper gegeben sein können.
In deinem Zitat schreibt Rorty aber über Demütigung, Erniedrigung als eine besondere Weise des „Schmerzes“. Was hat das jetzt mit dem Thema zu tun?
Do
Hallo!
In deinem Zitat schreibt Rorty aber über Demütigung,
Erniedrigung als eine besondere Weise des „Schmerzes“. Was hat
das jetzt mit dem Thema zu tun?
Die „Demütigung“ nichts, aber das „was wir mit allen Menschen teilen“ schon.
Das eine war halt ohne das andere nicht sinnvoll zitierbar.
Grusz
Tyll
Jetzt mal im Ernst - wir teilen mit allen Menschen - oder Lebewesen - die „Demütigung“?
Dein Zitat war ja aus einem Sinnzusammenhang gerissen und da ging es Rorty um die Solidarität, weil uns eben „die Verletzbarkeit durch Demütigung“ gemeinsam sei. S. 156 und auch S. 158 (Kontingenz, Ironie und Solidarität) - wo es eben um diesen spezifische Schmerz des Menschen geht, den er (angeblich) nicht mit den Tieren gemeinsam habe - den Schmerz durch Demütigung.
Da er hier von Schmerz schreibt, leitest du dann ab, dass er nicht zu den Philosophen gehört, die die Existenz von Schmerz verneinen.
Das ganze ist bei Rorty aber eingebunden in sein Kontingenzproblem und da ich ihn als Vorläufer von Churchland/Churchland genannt habe, hatte ich auch nicht vor, explizit nun Rorty dafür als Beispiel anzuführen, dass er ein Philosoph gewesen sei, der behauptet habe, es gäbe keine Schmerzen.
Das alles dreht sich ja letztlich darum, was denn empfunden wird, wenn „Schmerz“ empfunden wird. Und dann eben auch, was denn überhaupt Empfindung sei. Das aber ist das Kontingenzproblem. Für den Begriff der Wahrheit hat Rorty dies ja nun beantwortet - Wahrheit sei ein willkürlicher Modus. Und das gilt dann auch für die Wahrheit von X z.B. des Gefühls, des Schmerzes etc. Damit kann dann die Existenz eben auch verneint werden, da eben Gefühl, Schmerz und dann auch Demütigung „willkürlich gesetzte Modi“ sind.
Do
Hallo!
Jetzt mal im Ernst - wir teilen mit allen Menschen - oder
Lebewesen - die „Demütigung“?
Dein Zitat war ja aus einem Sinnzusammenhang gerissen und da
ging es Rorty um die Solidarität, weil uns eben „die
Verletzbarkeit durch Demütigung“ gemeinsam sei. S. 156 und
auch S. 158 (Kontingenz, Ironie und Solidarität) - wo es eben
um diesen spezifische Schmerz des Menschen geht, den er
(angeblich) nicht mit den Tieren gemeinsam habe - den Schmerz
durch Demütigung.
Da er hier von Schmerz schreibt, leitest du dann ab, dass er
nicht zu den Philosophen gehört, die die Existenz von Schmerz
verneinen.
Er schreibt ja nicht nur irgendwie vom Schmerz, sondern er sieht nur im Schmerz (nicht in der Sprache, nicht in der Wahrheit, nicht sonstwo) das einzige Gemeinsame aller Menschen, und damit das einzige, worauf Solidarität aufbauen kann.
Vgl. S. 157 oben.
Frage: Welcher Philosoph hat behauptet, es gäbe keinen Schmerz?
Deine Antwort: u.a. Rorty
Meine Einwand: Nein, weil … u.a. belegt mit Zitaten wie: „Wie ich schon gesagt habe, ist Schmerz nicht-sprachlich. Er ist das was uns Menschen mit den sprachlosen Tieren verbindet“ (S. 160)
Ich verstehe nicht, was daran nicht völlig unmissverständlich wäre.
da ich ihn als Vorläufer von
Churchland/Churchland genannt habe, hatte ich auch nicht vor,
explizit nun Rorty dafür als Beispiel anzuführen, dass er ein
Philosoph gewesen sei, der behauptet habe, es gäbe keine
Schmerzen.
Hatte ich doch auch von vorne herein so geschrieben, dass ich deine Antwort nur in Bezug auf Rorty zurückweise.
Grusz
Tyll
Also nein - er sieht in DIESEM spezifischen Schmerz, den er Demütigung nennt, das gemeinsam-menschliche. Also die Demütigung als Schmerz - das ist auf einer anderen Ebene, als körperliche Schmerzen. Das sind seelische Schmerzen. Und genau das ist das Kontingenzproblem seiner moralischen Schlüsse - wie Solidarität.
Im übrigen ist das ein Begriff von Solidarität, der weit vom Verständnis z.B. Durkheims abweicht. Rorty meint hier eher Einfühlung oder Mitgefühl.
Ich habe Rorty hier angeführt, da er auf sich den Begriff des eliminativen Materialismus angewandt hatte, den dann P. und P. Churchland radikaler fassten.
Der eliminative Materialismus betrachtet Schmerzwahrnehmungen als Beschreibungen
neuronaler Zustände mit Hilfe eines groben und überkommenen alltagsweltlichen
Vokabulars. Von den Prämissen ausgehend, dass die Bedeutung eines einzelnen sprachlichen Ausdrucks nicht unabhängig vom sprachlichen Kontext bestimmt werden kann (semantischer Holismus - Rorty) und dass die Bedeutung deskriptiver Ausdrücke stets in einem „theoriegeladenen“ präsuppositionalen Rahmen eingebettet ist, behauptet der eliminative Materialismus, dass unser alltagsweltliches mentales Vokabular, dessen Teil die Schmerzausdrücke sind, eine primitive Theorie ist, eine Art von „Volkspsychologie“, die sich inzwischen als falsch erwiesen hat. (Churchland) Die einzige Theorie, die bis dato mentale Phänomene korrekt beschreibt, ist die Neurophysiologie. Die alltagsweltlichen Schmerzausdrücke werden letztendlich verschwinden, da sie entweder im neurophysiologischen Sinne bedeutungslos oder mit wissenschaftlichen Beschreibungen schmerzrelevanter neuronaler Zustände synonym sind. Da alle alltagsweltlichen mentalen Ausdrücke dieser falschen volkspsychologischen Theorie angehören, werden sich die negativen Gefühle, die Schmerzempfindungen begleiten, entweder als neuronale Zustände oder ebenfalls als bedeutungslos erweisen – Schmerzen werden somit ihre Schrecklichkeit nach und nach verlieren. Die Objektivität des Schmerzes resultiert in der eliminativ-materialistischen Sicht ausschließlich aus der funktionalen Äquivalenz der menschlichen Nervensysteme.
Dessen ungeachtet lassen sich natürlich diese Ansätze kritisieren, aber hier ging es um die Beantwortung der Frage, welcher Philosoph behauptet hat, dass es keine Schmerzen gibt. Nach Churchland UND Rorty gibt es nur Schmerzausdrücke. Rortys Sprachphilosophie war ein semantischer Holismus.
In diesem Sinne
Do
Hallo!
Also nein - er sieht in DIESEM spezifischen Schmerz, den er
Demütigung nennt, das gemeinsam-menschliche.
Also die
Demütigung als Schmerz - das ist auf einer anderen Ebene, als
körperliche Schmerzen. Das sind seelische Schmerzen.
Nimm doch einfach, probehalber, zur Kenntnis, dass Rorty, wenn er Dinge schreibt wie „Wie ich schon gesagt habe, ist Schmerz nicht-sprachlich“, unmöglich ohne groben logischen Widerspruch behauptet haben kann „den Schmerz gibt es nicht“.
Was es nicht gibt, das kann auch nicht „nicht-sprachlich“ sein …
Ich habe Rorty hier angeführt, da er auf sich den Begriff des
eliminativen Materialismus angewandt hatte, den dann P. und P.
Churchland radikaler fassten.
Verfluchtes Wikipedia!
Der eliminative Materialismus betrachtet Schmerzwahrnehmungen
als Beschreibungen
neuronaler Zustände mit Hilfe eines groben und überkommenen
alltagsweltlichen
Vokabulars.
… behauptet der eliminative
Materialismus, dass unser alltagsweltliches mentales
Vokabular, dessen Teil die Schmerzausdrücke sind, eine
primitive Theorie ist, eine Art von „Volkspsychologie“, die
sich inzwischen als falsch erwiesen hat. (Churchland)
Rorty tut dies nicht.
Mit Sicherheit nicht der „eigentliche“ Rorty, aber -soweit ich das einschätzen kann- auch nicht der Rorty dieses Frühwerks, auf das sich der „Elimiative Materialismus“ beruft.
Die
einzige Theorie, die bis dato mentale Phänomene korrekt
beschreibt, ist die Neurophysiologie.
Das sieht Rorty keinesfalls so.
Die neurophysiologische Beschreibung ist für ihn genauso kontingent wie jede andere Beschreibung auch.
Grusz
Tyll
Gefühlsebenen
Die
einzige Theorie, die bis dato mentale Phänomene korrekt
beschreibt, ist die Neurophysiologie.Das sieht Rorty keinesfalls so.
Die neurophysiologische Beschreibung ist für ihn genauso
kontingent wie jede andere Beschreibung auch.
Dass es Schmerz auf körperlicher, neurologisch beschreibbarer Ebene gibt, schließt ja nicht aus, dass es Schmerz auch auf höheren Ebenen wie der psychischen und sogar (nach meinem Selbstmodell!) auf geistiger Ebene gibt, die sowohl psychologisch als auch philosophisch beschrieben werden können, ja sogar soziologisch. Ich erinnere nur an religiös Gläubige (was ich bekennend ja nicht bin!), die sich, wenn man ihren Glauben kritisiert, sich in ihren, wie sie es sagen, „religiösen Gefühlen“ verletzt fühlen.
Als ich mal meinem Neffen, der früher Manager war und heute als Diplom-Psychologe in einer leitenden Managerfunktion in einer psychosomatischen Klinik Suchtkranke und Depressive behandelt, sagte, dass nach meiner Vorstellung auch der Geist Schmerz empfindet, war er zuerst perplex. Ich bemerkte aber dann aber nach einer gewissen Zeit der Aha-Erleuchtung eine Zufriedenheit im Gesicht. Wir haben nicht weiter darüber gesprochen. Zur Zeit schreibt er an seiner Doktorarbeit mit dem Arbeitstitel: „Emotionale Kompetenz“. Ob er meine Idee der verschiedenen Gefühlsebenen nun einbezieht, weiß ich nicht. Er ist klinischer Psychologe und daher stark am medizinischen Modell der Hirnforschung orientiert, worin die Idee der Bewusstseinsebenen nicht existiert.
Und was Rorty betrifft, war er vor allem ein politisch denkender Philosoph (deshalb natürlich auch Sprachanalytiker!) und ich kann mir deshalb seine Sichtweise auch nicht so vorstellen, dass er den real existierenden Schmerz bei uns Menschen generell aus rein theoretischen Gründen eliminiert sehen möchte. Professor Richard Rorty: „Der VORTEIL, den belesene, reflektierte Menschen mit MUSSE haben, wenn es um Entscheidungen… geht, besteht nicht darin, dass sie vernünftiger sind, sondern darin, dass sie mehr FANTASIE haben. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie sich nicht nur über eine oder zwei, sondern über viele mögliche PRAKTISCHE(!) Identitäten im klaren sind.“ (Heraushebung = CJW, zitiert aus „Philosophie als Kulturpolitik“, Suhrkamp Verlag 2007).
CJW
Verfluchtes Wikipedia!
Ich bediene mich nicht aus Wikipedia. Meine Quellen sind u.a. die Stanford Encyclopedia of Philosophy.