Welche Quellensuche wird heutzutage verlangt?

Hallo Forumsteilnehmer,

mich irritieren die vielen Anfragen hier im Forum nach dem Motto: Hallo, ich soll meine Doktorarbeit über die Eroberung Konstantinopels schreiben, habe aber keine Ahnung davon und finde im Netz nichts dazu. Wer kann mir helfen?(Achtung, ein Wort im Vorhergehenden ist eine ironische Übertreibung)

Meine Fragen:

  • Wie werden Schüler und Studenten heutzutage von den Lehrkräften dazu angeleitet, sich Informationen zu beschaffen?

  • Wie sehr wird von Lehrkräften verausgesetzt, dass man sich Informationen nicht mehr in Buchform, sondern per Internet beschafft?

Ich weiß, dass man diese Fragen nicht generell beantworten kann. Aber eure Erfahrungen würden mich interessieren.

Gruß!
Karl

Bei uns in Baden-Württemberg war es immer so, dass die Lehrer meist sagten „ihr könnt das Internet benutzen, aber bitte nicht nur Wikipedia und min. 1 Buch“

Ihnen war es demnach schon lieber, dass wir immer noch klassisch Bücher verwendeten. Manchmal haben sie uns sogar geholfen und haben uns Textausschnitte aus ihren Büchern kopiert.

Das Problem bei gedruckten Quellen ist eben, dass der Lehrer diese Bücher nicht überprüft. Oft wurden dann einfach Bücher angegeben, bei denen man eventuell gerade einen Satz verwendete.

Internetquellen sind überprüfbar, aber die Wahrscheinlichkeit an falsche Informationen zu gelangen war ebenso hoch, wie die Anzahl der Websiten bestimmter Themen.

Mir ist aufgefallen, dass die Gliederung von Wikipedia bei den Lehrern immer sehr gut ankam. Wobei ich dann für Themen, die im deutschen eher mager ausgefallen sind, einfach das englische Wiki nutzte.

In der Schule ist vor allem die Ausführung wichtig, wenn es um Referate geht. Bei schriftlichen Referate war es immer sehr wichtig auch Buchquellen anzugeben, dabei musste man dann Buchseite/Abschnitt/eventuell Thema angeben. Wurde zwar nie überprüft, aber sah eben besser aus und zeugt von Mühe, die man sich gemacht hat. Ist ja auch ein Unterschied, ob man mit strg+f sucht oder sich ein wenig mehr durchliest, als man wirklich bräuchte.

Also diesen Eindruck habe ich durch ein Gymnasium erhalten.

Wie es in der Uni ist, weiß ich nicht. Wobei die dort ein Programm speziell für Internetquellen haben, welches genau heraus filtern kann, zu wie viel % man bestimmte Textabschnitte von welchen Websites man einfach nur heraus kopiert hat.

Wir hatten eine Lehrerin, welche zuvor an einer Uni unterrichtete.

Hoffe, dass das ein wenig informativ war

Liebe Grüße

Melo

Hi,

man (= zB ich) sagt ihnen, dass nach Möglichkeit keine Internetquellen verwendet werden sollen (Verläßlichkeit, Veränderbarkeit, etc). Dann kriegt man die Arbeit / das Expose, und - voila - alles / fast alles / sehr viel Internetquellen. (Wobei es auch Ausnahmen gibt. Es ist wohl 50/50)
(Für meine Fans hier: die Predigt bekommen sie in den Jahren hier ander Schule 4 Mal gehalten, von verschiedenen Lehrkräften, und zwei händigen diese Information schriftlich aus)

Ich wäre auch für eine Erklärung dankbar, sonst muss ich weiterhin glauben, die wären zu faul, in die Bibliothek zu gehen.

die Franzi

Hallo,

bei uns gabs im 1. Semester eine Pflichtveranstaltung (Übung) zum Wissenschaftlichen Arbeiten inklusive Recherche- und Aufbereitungs"anleitung". Leider ist das wohl nicht an allen Hochschulen und nicht in allen Studiengängen der Fall.
In der Schule ist die Lage wohl noch diffuser, in RLP einigt man sich grade auf verbindliche Kompetenzniveaus an den Schulen, evtl. ergibt sich dadurch eine bessere „handwerkliche“ Ausbildung.

Hallo,

wir haben ein Modul „Studium und Studientechniken“, in dem es zwei Semester lang um das sinnvolle Vorbereiten auf eine Klausur, das Verfassen von Semesterarbeiten (mit allem drum und dran: von der Literatursuche bis zum Schreibstil) und das Präsentieren vor Publikum geht. Schließt mit Klausur, Vortrag und Miniarbeit ab. Es gibt außerdem die hierzu passende „Bibel“ des Lehrstuhls, in der man alles dazu jederzeit wieder nachlesen kann.

Gruß
Yvette

Jetzt bekomme ich das Fürchten …

… auf universitärem Niveau gibt es da eigl. keine Frage und nur eine wahre Aussage: Der überwiegende Teil jeder wissenschaftlichen Arbeit muss (!) sich auf schriftliche (filmisch…usw.), ordentlich bibliographierbare Quellen und Fachliteratur, die ebenso nach einem wissenschaftlich ausreichenden Qualitätstandart erstellt wurden, beziehen. Die Behauptung, das Internet ist nachweißbarer als eine schriftliche Belegstelle ist einfach nur absolut falsch und ein sehr schlechter Weg für hochwertiges wissenschaftlichen Arbeiten.

Man kann das Internet nutzen, ja, keine Frage, aber NUR und wirklich nur dann, wenn man eine vernünftige Quellenangabe vorfindet und diese kontrolliert. Ansonsten ist das Internet natürlich ein sehr schöner Ort zur Erstinformationsfindung und um sich einen gewissen Überblick zu verschaffen, den man aber nur nach Beleg durch nachweisbare Quellen in seine Arbeiten einfließen lassen kann.

Wiki ist auch in dem aktuellen Bestreben, die Qualität der Artikel anzuheben und eine Belegstruktur zu ergänzen, eine sehr schlechte Quellenangabe. Auch wenn man eine Literaturliste vorfindet, erfüllt Wiki keinen wissenschaftlich Anspruch, da jeder Artikel -ohne Kennzeichnung- jederzeit geändert werden kann. Damit verliert Wiki den Status der brauchbaren Quellen.
(Tipp: Wenn ihr Wiki nutzt, dann nehmt doch die Literaturangaben und sucht Euch die Bücher raus).

Einige Universitäten arbeiten mit dem „Letzter Zugriff“-Passus, was zwar schön und gut ist aber wissenschaftlich nichts bringt, denn weg ist weg.

Das Hauptziel einer Quellen-/Fachliteraturangabe ist die dauerhafte Machweisbarkeit und eine Quellen-/Fachliteraturqualität auf wissenachftlichem Niveau.

Und was auch angedeutet war: Und wenn man auch nur einen Satz/Wort aus einem Buch herasunimmt, dann gehört das nun mal in die Bibliographie, fertig aus! Es geht schließlich um die Qualität der Arbeit und nicht die Länge des Literaturvz.

Haltet die Qualität der seriösen und nachweisbaren Wissenschaft hoch !!!

Das Internet ist KEIN moderner Ersatz für Bibliotheken, der die Arbeit erleichtert. Vielmehr ist es ein Tummelplatz aus Halbweisheiten und schwer oder gar nicht nachweisbaren, sowie lückenhaften Sachinformationen auf undruchschaubarem Niveau.

Stephan

3 Like

Hallo,

es wird immer noch die gute alte schriftliche Quellenangabe verlangt.

Schließlich gehört längst nicht zu allen Studiengängen ein PC-Arbeitsplatz zur Einrichtung des Hörsaales bzw. des Klausuren-Besprechungsraumes.

Standard-Werke wie den Dubbel hat jeder Prof. bei sich im Büro…
ob aber die Webseite www.hastenichtgesehen.de gerade zu dem Zeitpunkt,wo man sie braucht ,auch erreichbar ist…

Hi

Also in der Schule hat uns bei Recherchen NIEMAND geholfen, man bekam maximal ein Buch vom Lehrer aber sonst… nüx. War vollkommen egal und ab und an kam ein: Aber bitte kein Wikipedia.

In der Universität ist es unterschiedlich, einer meiner Studiengänge bietet (mittlerweile) einen Kurs Wissenschaftliches Arbeiten + Tut an. Dabei wird aber mehr auf die Arbeitstechniken geachtet als auf eine gute Recherche.

Der andere Studiengang bietet sowas gar nicht an und führt im 5. Semester dann in die Spezialnachschlagewerke ein (chinesische Quellen online, spezielle Anthologien ab 3000 Bücher etc.)

Ab dem 2. Semester wird aber erwartet, dass man anständige Literatur beschaffen kann. Über die ein oder andere populäre Literatur sieht man auch hinweg, wenn es thematisch relevant ist (z.B. für Distanz-Zeiten zwischen zwei nicht in Karten verzeichneten Orten, was, wenn es nicht gerade einen akademischen Reisebericht gibt, der nicht 100 Jahre alt ist, eigentlich nur in populären Büchern zu finden ist).

Das Internet wird noch sehr unterschiedlich benutzt. Ich kenne Studiengänge bei denen es GRUNDSÄTZLICH nicht benutzt werden darf und denke mir: Die armen Schweine, die an Fakultäten arbeiten, welche im letzten Jahrhundert stecken geblieben sind und den Fortschritt auf ihrem Gebiet nicht mitbekommen.

Einer der Lehrstühle akzeptiert Internetquellen (teilweise kommt man anders gar nicht dran, auf der anderen Seite sind Internetquellen eine große Erleichterung der Arbeit), aber nicht alles und jedes.

Der andere Lehrstuhl akzeptiert fast alles aus dem Netz als Quelle oder Literatur wenn die Urheber einigermaßen verlässlich sind, zum Thema passen, die Angabe richtig ist (natürlich mit Link) und, wenn es eine veränderbare Seite ist, mit einer abgespeicherten Version der Website, die man benutzt hat, auf CD-Rom.

Lehrkräfte benutzen natürlich nicht jede dahergelaufene Wald und Wiesen Website. Aber je nach Gebiet kann sich ein Akademiker auch lächerlich machen, wenn er das Internet verweigert und darum wichtige Dinge oder gar Revolutionen auf seinem Spezialgebiet gar nicht, mehr mitbekommt.

Gerade erst bei einer Konferenz passiert, der Herr erhielt nach seinem Vortrag eine Frage über Thema X, Thema X war seit gut zwei Monaten wichtigster Redestoff, v.a. digital verbreitet, ein neuer archäologischer Fund, der Auswirkungen auf die Theorie des Herrn hatte. Er wusste von nichts, die nächste schriftliche Veröffentlichung kommt nämlich erst demnächst. Das hat danach schon Häme verursacht.

lg
Kate

Hallo,

in Niedersachsen gibt es seit einigen Jahren das Seminarfach, dass in die wissenschaftlichen Arbeitsmethoden einführen soll - Jahrgang 11/12. Im ersten Halbjahr findet diese ganze Einführung statt (wir waren sowohl in der Stadtteil- als auch in der nächsten Unibibliothek), es wird ein Referat gehalten und anschließend verschriftlicht. „Wie zitiere ich richtig“ haben wir mit den Schülern ebenfalls trainiert.

Regeln für meine Schüler: wikipedia ist gut zum Einlesen, wird aber nicht zitiert. Internetquellen müssen namentlich zurückverfolgt werden können. Es gibt mehr Buch- als Internetquellen im Literaturverzeichnis. Wir Lehrer (machen das Seminarfach zu zweit) stehen jederzeit für Rückfragen zur Verfügung, die aber nicht erst kurz vor der Angst gestellt werden.

In zehn Tagen ist das erste Referat, ich bin gespannt, welche Regeln in welchem Umfang eingehalten werden. Eine Rückfrage kam noch nicht …

Gruß sannah

ot: schöner Vertipper :wink:
Moin Stephan

durch Deinen Vertipper ist der Satz nicht mehr absolut falsch, sondern völlig richtig.

Die Behauptung, das Internet ist nach weiß barer als eine
schriftliche Belegstelle ist einfach nur absolut falsch

Es ist doch ein Klacks, aus einem Internet-Text eine Stelle zu entfernen, also quasi zu weißen. Wenn das erste Weißen nicht ausreicht, wird halt nachgeweißt.
Bei einem Buch, einer Zeitschrift ist dieses Verfahren erst bei einer Neuauflage möglich. Das Internet ist nach weiß barer als eine
schriftliche Belegstelle.

Amüsierte Grüße
Pit

2 Like

Hallo,
außerdem war nicht von Nachweisbarkeit sondern von Überprüfbarkeit die Rede und das ist in dem geschilderten Zusammenhang ein gravierender Unterschied.
Eine angegebene Internetquelle kann man von jedem PC schnell aufrufen und damit den Beleg überprüfen.
Zwar ist es richtig, dass Internetquellen oft schwer auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft werden können (was auch bei Büchern nicht automatisch möglich ist) und auch die Möglichkeit besteht, dass die Internetquellen selbst verändert werden, allerdings ist ein als Beleg angegebenes Buch in der Regel erst mal nicht verfügbar und damit auch nicht so leicht überprüfbar.

Gruß
Werner

Hallo,

Wie es in der Uni ist, weiß ich nicht. Wobei die dort ein
Programm speziell für Internetquellen haben, welches genau
heraus filtern kann, zu wie viel % man bestimmte
Textabschnitte von welchen Websites man einfach nur heraus
kopiert hat.

So ein Programm haben wir an unserer Schule auch … irgendwo.
Das Problem ist dann nur, dass man einen schriftlich abgebenen Text dazu erst mal wieder in elektronische Form bringen muss. Allerdings bürgert es sich ja auch zunehmend ein Referate u. ä. als Datei abzugeben.
Dann muss ich für eine solche Textabgleichung aber immer noch den vermuteten Quelltext vorliegen haben und wenn dieser aus einem passwortgeschützten Bereich stammt, finde ich ihn auch mit Google&Co nicht.

Gruß
Werner

Hallo,

zu den Studenten wurde ja schon einiges gesagt und so kenne ich das auch bei meiner Tochter. Bei ihr heißt das verpflichtende Seminar „Softskills“, in der von Literaturrecherche bis Präsentation generell vermittelt wird, wie eine wissenschaftliche Arbeit hergestellt und dargestellt werden soll.

Eher konfus ging es hingegen bei der Anfertigung einer Facharbeit meines Sohnes in der 12. Klasse ab, weil es so gut wie keine allgemeingültigen Regeln gab. Weder Schriftgröße, Zeilenabstand, Seitenformat usw. waren vorgegeben, jedoch der Umfang: 12 Seiten (Aha*). Die Art und Weise des Umgangs mit Quellen war auf Auskünfte, wie bereits unten beschrieben, „nicht nur Wikipedia benutzen“ beschränkt.

Mein Sohn hat ein Thema in der Physik ausgewählt, in dem es weder in der Schul- noch in der örtlichen Bibliothek aktuelle Literatur gab. Eine Uni-Bibliothek konnte er nicht nutzen. Er hat jedoch einige Diplom-Arbeiten und Artikel aus wissenschaftlichen Zeitschriften im Internet gefunden (auch aufgrund von link-> link->… von Wikipedia)

Ob Buchform oder Internet kann aus meiner Sicht auch fach- oder sachspezifisch sein. Manche Grundlagen einer Wissenschaft ändern sich über Jahrzehnte nicht, manche Detailfragen sind schneller im Internet veröffentlicht (und evt. verworfen), ehe ein Buch dazu geschrieben wurde.

Meine Meinung: Je mehr ein Schüler Grundwissen aus Büchern (z.B. Schulbüchern) in einem Fach erworben hat, desto mehr Nutzen kann er aus dem Internet ziehen.

Grüße
Chrissie

* Es macht es für beide Seiten einfacher, wenn es eindeutige Regeln gibt.

Hallo Franzi,

ich kann deine Position nicht so recht verstehen.
Was willst du in der Bibliothek einer Schule finden?
Abgesehen von einem Abbild der Literatur.

Jeweils aktuelle Fachliteratur zur Physik, Biologie, Sprachwissenschften oder Theologie?

Die teuren Schulbücher sind vollgestopft mit Basiswissen.

Wer zu einem Thema mehr wissen will, geht ins Internet.
Der ist nicht zu faul, er wird in der Bibiliothek aber die Anregung nicht finden, zumindest im naturwissenschaftlichen Bereich nicht, ohne Anleitung.

Manchmal sind die Schüler den Lehrern voraus.

Grüße
Chrissie

Hi,

tut mir leid, anscheinend habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Wir schicken die Schüler in die Unibibliothek (1 Std Zugfahrt), um mal zu sehen, wie das da funktioniert, und wir schicken sie für die eigentliche Recherche in die jeweiligen Stadtbibliotheken - die Bücher ordern können, die in der Unibibliothek stehen. Recherche im OPAC wird ebenfalls beigebracht.
Trotzdem weisen wir auf die Existenz der Schulbibliothek hin, dort stehen ja auf jeden Fall Nachschlagewerke, die auch nützlich sind.

die Franzi

Vielen Dank für die informativen Antworten! owt
.

Moin,

Meine Fragen:

  • Wie werden Schüler und Studenten heutzutage von den
    Lehrkräften dazu angeleitet, sich Informationen zu beschaffen?

das ist bei uns eher gestaffelt.
Bachelor, Master, oder Promotion.
Bei Bacheloranden nehmen die Betreuer sie noch etwas an die Hand und führen sie etwas. Aber ab Masterand ist selbständiges Arbeiten angesagt und auch die Informationsbeschaffung (die umfassend sein muss!) ist eigenständig zu erledigen. Um wehe, im Laufe oder noch schlimmer zu Ende der Arbeit werden Informationen gefunden, die die gerade angefertigte Arbeit relativieren, dann hat der Kandidat ein richtiges Problem.
Und Doktoranden müssen sowieso eigenständig arbeiten.

  • Wie sehr wird von Lehrkräften verausgesetzt, dass man sich
    Informationen nicht mehr in Buchform, sondern per Internet
    beschafft?

Anders herum ist mittlerweile das Problem.
Man muss den Kandidaten aufzeigen, wie unvollständig die Informationsbeschaffung per Internet ist. (Kommerzielle) Datenbanken haben eine meist weit tiefere und besser erschlossene Struktur. Bücher werden sogar von nicht wenigen etwas belächelt. Wenn man ihnen zeigt, daß sie damit schief liegen, ist das Erstaunen nicht selten groß.

Gandalf