Welchen Sinn hat Trauer als Grundgefühl?

Hallo,

kann mir jemand sagen welchen Sinn Trauer als Grundgefühl für den Menschen hat?
Wut, Freude, Angst ist nachvollziehbar weil wir auf diese Art und Weise vermeiden oder vermehren- und damit unser Überleben absichern und verbessern können.
Was jedoch „nützt“ dem Menschen das Gefühl der Trauer?

lg kitty

Hallo!
Ist nicht die Trauer der Preis für die Bindung?
Wir binden uns- und das macht durchaus auch evolutionär Sinn (und darüber hinaus auch, wir sind eben Menschen und haben mehr, als nur ein Reptiliengehirn) - und angesichts der Realität des Todes müssen wir loslassen , wo wir gebunden sind.
Nicht nur angesichts des Todes.
Liebe ohne Loslassen und Trauerfähigkeit- undenkbar.
So ziemlich alle Dramen der Weltgeschichte lassen sich auf vermiedenes Loslassen zurück führen, auf Vermeidung der Realität des Todes.

Grüße,
Zahira

Hallo kitty,

Vielleicht solltest du die Frage anders stellen:
Im Zeichen der Bindung, hast du das Problem der Trennung.
Da macht Vermissen einen Sinn und als Belohnung gibt es das Widersehen.

Trauer hast du dann, wenn das Wiedersehen unmöglich wird, also die Vorfreude auf ein Widersehen unmöglich wird, bzw. fehlt.

MfG Peter(TOO)

Ich verstehe Deinen Zusammenhang- dennoch leuchtet mir mit der Antwort nicht ein warum als Grundgefühl Trauer vorliegt.
Welche konkrete Nutzen liegt darin für den Menschen?

ich setze voraus, dass die Grundgefühle einen überlebenswichtigen Nutzen für uns haben (wie Ekel, was dazu führt, dass wir Verdorbenes nicht zu uns nehmen).

lg kitty

Nimm Dir ein paar Situationen der Trauer und spiele durch, wie sich das Sozialverhalten der Menschen ohne Trauer in den Momenten unterscheiden würde.

Beliebiges Beispiel: eine Mutter die (nicht) um ihr Kind trauert, und das Signal für andere Kinder.

Nun - auf das Beispiel bezogen wäre die Mutter den Kindern ohne Trauer mehr zugewandt als mit Trauer. Sie kümmert sich um ihren Nachwuchs besser.

Jetzt könnte man sagen, die Kinder lernen daraus, dass ihr Sterben nicht dramatisch wäre und sie sich als „nicht so wichtig“ verstehen könnten.
Woher sollte aber so ein Gedanke kommen, wenn grundsätzlich keine Trauer gekannt würde?

Im Tierreich wird immer wieder über Tierarten spekuliert, die auch trauern (zb Elefanten)- dennoch bleibt die Frage offen, welchen Vorteil/ Sinn hat Trauer?

Vielleicht kannst Du es noch anders erklären?

lg kitty

Nicht nur sterben. Ein Konzept wie Liebe oder Bindung ist doch bei Menschen/Tieren mit Sozialverhalten und Verstand nur denkbar, wenn der Verlust etwas „kostet“. Sonst wären Liebe/Bindung ohne „Wert“.

Trauer als Emotion und Reaktion beschäftigt sich mit dem eigenen Unglück und dem eigenen Wohlergehen, welches zutiefst beeinträchtigt wurde. Der Sinn oder die Funktion dieses Zustands könnte sein,

mittels der Emotion über die Bedeutung/Wichtigkeit des persönlichen Unglücks bestätigt zu werden (individuell tröstende Funktion)

zukünftig und grundsätzlich (wieder) mehr Augenmerk auf Dinge oder Personen zu richten, die für einen selbst wichtig sind, Bedeutung haben (soziale Funktion).

Franz

Und wenn diese Annahme falsch ist?

Die Frage ist, ob die Natur überhaupt Trauer entwickeln wollte oder ob dies nur ein nicht zu verhindernder Nebeneffekt ist?

Um Partnerschaften zu ermöglichen musste die Natur etwas erfinden, damit ein Partner den anderen nicht gleich vergisst, wenn dieser ausser Sicht- und Hörweite ist.
Aber das funktioniert auch nicht in allen Fällen! Viele gehen gleich wieder auf die Pirsch, wenn der Partner mal weg ist. :smile:

Bei Vögeln weiss man, dass es einen Zielkonflikt bei der Partnerwahl gibt, weshalb die Weibchen systematisch Fremd gehen. Der Partner mit den idealen Genen für einen starken Nachwuchs ist meistens schlecht in der Brutpflege und umgekehrt. Mit einer schlechten Brutpflege klappt es aber nicht den Nachwuchs aufzuziehen.
Also sucht sich das Weibchen einen guten Brutpfleger als Partner und holt sich die Gene wo anders.

Die Natur musste also etwas erschaffen, was das Zusammensein angenehm und die Trennung unangenehm macht.
Allerdings darf das Gefühl bei der Trennung nicht zu unangenehm sein, sonst wird sie vermieden und wenn die Paare immer zusammen sind, klappt es mit der Brutpflege nicht!
Also muss beim Vermissen auch noch Hoffnung und Vorfreude hinzu gemischt werden.

Nun gibt es aber Trennungen, welche endgültig sind, da fehlen dann Hoffnung und Vorfreude auf eine Wiedervereinigung! Je nach Charakter kommt noch Hilflosigkeit hinzu, wenn man zu viel Verantwortung dem Partner zugeschoben hat und dann keine Ahnung hat, wie man z.B. Rechnungen bezahlt.
Das nennt man dann Trauer.

Schau dich mal in deinem Umfeld um. Viele reagieren gleich, egal on jemand verstorben ist oder sie sitzen gelassen wurden. Beide haben es mit einer endgültigen Trennung zu tun und beide können in eine Depression verfallen.
Die ganz bekloppten reagieren schon mit Trauer, wenn der Partner nur arbeiten geht.

Ich denke du bist mit deinem Ansatz auf einem falschen Dampfer.

MfG Peter(TOO)

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Danke für diese Gedanken - das klingt für mich sinnig und stimmig.
Voraussetzung ist einzig, dass der Lebenswille durch die Trauer nicht verloren geht- das wäre dann am Ziel vorbei.

lg kitty

Warum? Weder ist langes Leben ein Ziel, noch das eigene Leben immer wichtiger als die Gemeinschaft. Gerade Trauer ist doch was „öffentliches“.

wieso ist Trauer etwas „öffentliches“?

Es gibt Menschen, die aus Trauer keinen neuen Menschen mir in ihr Leben „lassen“. womit der Sinn der Natur dann mit Trauer daneben liegt, denn die Trennung und der Verlust behindert dann zB eine Fortpflanzung.

lg kitty

Wieso?
Dieser Fehler wird dann nicht an eine nächste Generation weiter gegeben!

Du solltest dich mal etwas grundsätzlich mit Evolution befassen. Die Natur arbeitet nicht Zielgerichtet.
Es werden zufällig Varianten erzeugt. Bringt die Variante Nachteile im aktuellen Umfeld, stirbt sie wieder aus. Überwiegen die Vorteile, kann sie bestehende Arten verdrängen.

MfG Peter(TOO)

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Alle Grundgefühle sind natürlich offen erkennbar und müssen daher wie. z.b. ein Angstschrei nicht immer dem Individuum nutzen.

Bei Trauer (nicht Traurigkeit) sind sogar Klageweiber üblich, um sie zu bekunden.