Welcher Tatbestand - Ausnutzung einer Krankheit?

Liebe ExpertInnen,

eine alte Dame ist an einem Gehirntumor erkrankt; liebe Nachbarn erledigen das Einkaufen, Behördengänge und ähnliches. Kurz vor dem Tod der alten Dame „verschenkt“ sie ihr Hab und Gut an die lieben Nachbarn. Es deutet vieles darauf hin, dass sie nicht mehr handlungsfähig war, sprich dass ihr die Nachbarn das Geld (einige 100.000 €) abgeschwatzt haben, Welcher Tatbestand könnte hier erfüllt sein?

Dank & Gruß
Ralf

Mir stellt sich da vorab die Frage: wo waren die lieben Verwandten/Erben?

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Ich tippe, daß das unter Erbschleicherei fällt.

Gruß

hi,

verlinke doch eben den entsprechenden § im BGB oder StGB. Ich denke es fällt recht vielen schwer, den zu finden.

@drambeldier
Gefühlsmäßig würde ich zuerst den Weg einschlagen, wie lang die Schenkung zurück liegt.

Ansonsten lässt das Wort ‚könnte‘ viel Spielraum.
Gewalt könnte im Spiel gewesen sein, driftet aber viel zu weit ab.
Wortwörtlich war es Diebstahl. Wer handlungsunfähig ist, kann auch nix verschenken.
Führt imo aber alles zu keinem Ziel.

grüße
lipi

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Die Schenkungen könnten nichtig sein:

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Wenn der Schenker hinterher seine Schenkungen mit diesem Begründungen widerruft, habe ich damit kein Problem.

Wenn allerdings Erben hinterher kommen und den oder die Verstorbene/n nachträglich für dement, willensschwach oder ganz einfach geschäftsunfähig erklären wollen, geht mir das Messer in der Tasche auf.
Erwachsene Menschen, die nicht zu Lebzeiten für unzurechnungsfähig erklärt wurden, werden nach dem Tod von Menschen die sich offensichtlich nicht oder sehr wenig um den Angehörigen gekümmert haben, der Erbschaft wegen (Geld) für unzurechnungsfähig erklärt.

Erbschleicher verabscheut jeder, aber solche Angehörige sind für mich auch nur eine andere Kategorie von Erbschleicher.

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Steuerhinterziehung?

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Die Diskussion hier scheint zu zeigen, dass das beschriebene Verhalten (leider) keinen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt. “Erbschleicherei“, das zeigt ja der verlinkte Artikel, dafür gibt es keinen Paragraphen im StGB. Strafbar ist eben erst, wenn z. B. Urkundenfälschung vorliegt. Dann ist aber die Urkundenfälschung strafbar, nicht die Erbschleicherei.
Wenn man sich von einer Person, bei der keine Einschränkung der Handlungsfähigkeit festgestellt wurde, etwas schenken lässt, erfüllt das eben keinen Strafbestand. Auch dann nicht, wenn die Person vermutlich aufgrund des Alters leicht zu beeinflussen war.

Mit seinem Besitz kann man ja weitgehend machen, was man will. Wenn eine alte Frau ihrem Nachbarn 100.000 Euro schenkt, weil dieser eine rote Nase hat, so darf sie das…

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Zunächst mal müsste man straf- und zivilrechtliche Dinge sauber von einander trennen. Hier geht ja gerade alles munter durcheinander. Strafrechtlich wurde ja Diebstahl auf der strafrechtlichen Seite genannt, der aber nur dann vorliegen könnte, wenn die Damen ihr Geld in Bündeln in der Wohnung aufbewahrt hätte und die Nachbarn sich daran selbst bedient hätten (Diebstahl = Wegnahme fremder beweglicher Sache in Zueignungsabsicht!!!). Eher könnte man an einen Betrug denken, wenn bei der Dame ein Irrtum erregt worden wäre, der sie selbst zu einer Vermögensverfügung veranlasst hätte. Aber gibt es hierzu konkrete Anhaltspunkte, die sich auch gerichtsfest beweisen lassen würden? Oder wurde sie mit Gewalt zur Herausgabe/Vermögensverfügung gebracht ([räuberische] Erpressung)? Hätte ein Nachbar Banküberweisungen gefälscht o.ä. getrieben, könnte man noch an Urkundenfälschung denken, aber gibt es hierzu entsprechende Anhaltspunkte? Während deine erste Frage zum Thema noch danach klang, als ob Du strafrechtlich tatsächlich irgendetwas in der Hand hättest, klingt das dieses Mal nicht wirklich so. Geld anzunehmen, auf das man keinen Anspruch hat ist nicht strafbar. Grundsätzlich auch dann nicht, wenn der Schenker ggf. geistig eingeschränkt ist, solange man ihn diesbezüglich nicht ausnahmsweise in strafrechtlich relevanter Form manipuliert (s.o.). Vielmehr nennt man das Schenkung und ist dann im rein zivilrechtlichen Bereich (also insoweit entgegen deiner ersten Frage dann auch nichts mit Straf- und Adhäsionsverfahren, da das Strafverfahren ins Leere laufen dürfte).

Zivilrechtlich kann man natürlich versuchen die Schenkung aufgrund der Folgen der Erkrankung, die die freie Willensbildung eingeschränkt haben mögen, anzugreifen. Aber das ist alles andere als einfach, wenn man nur aufgrund von Aktenlage und Zeugenaussagen versuchen will, dies nach dem Tod der Schenkerin zu beweisen, zudem diejenigen, die offenbar den besseren Kontakt und das bessere Wissen um diesen Geisteszustand haben, genau die sind, die das geringste Interesse daran haben werden, dies zu bestätigen. Zudem kommt hinzu, dass man hier natürlich auch den besten Anlass hat, Anstandsschenkungen auch in erheblicher Größenordnung als angemessen anzusehen, wenn die Nachbarn sich um eine schwerkranke Frau intensiv gekümmert haben und einerseits auch genug Mittel hierfür vorhanden waren, die andererseits nicht für die eigene Versorgung oder die Erfüllung von finanziellen Verpflichtungen gegenüber Dritten benötigt wurden. Einen Anspruch von Erben, dass der Erblasser ihnen etwas zu hinterlassen hätte, gibt es nicht! Nur in Rahmen des sehr begrenzten Pflichtteilsrechts gibt es spezielle Regelungen für die nächsten Angehörigen. D.h. wenn es hier um pflichtteilsberechtigte Dritte geht, könnte man ggf. etwas über einen Pflichtteilsergänzungsanspruch machen, wenn man die konkreten Schenkungen nachweisen und entsprechend datieren könnte.

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Das mag vorkommen. Ich habe auch das genaue Gegenteil erlebt. Eine ältere, wohlhabende und alleinstehende Dame bat mich um Hilfe wegen ein paar defekten Lampen. Sie sprach sehr schlecht über ihren Sohn, der sie verlassen habe und nun weit weg wohnt. Der habe ihr auch zwei Hexen aufgezwungen, die sie aber regelmäßig verjage.
Es stellte sich heraus, dass sie diese Bezeichnung wörtlich meinte und dass es sich um einen Pflegedienst und eine Haushaltshilfe handelte, die vom Sohn beauftragt worden waren.
Am Ende drückte sie mir zwei 500€-Scheine für kaum 30 Minuten Arbeit in die Hand - mir könne sie ja vertrauen und besser ich bekäme das Geld als ihr Sohn.

30€ davon behielt ich, den Rest konnte ich wenige Tage danach zurückgeben, als der Sohn mit dem sozialpsychatrischem Dienst im Schlepp vor Ort war.

Lange Geschichte, kurzes Fazit: Wir wissen es nicht und sollten nicht urteilen.

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Aber genau Dein Beispiel zeigt doch, dass solche Dinge eher nicht passieren bzw. unterbunden werden, wenn die Angehörigen vor Ort sich um den alten Menschen kümmern. So soll es ja auch sein. So wie es hier geschrieben wurde, war die alte Dame völlig allein ohne irgendwelche sozialen Kontakte außer ihren Nachbarn. Da frage ich mich natürlich schon, wo die Angehörigen/Erben sind. Wenn solche Leute sich in den schwierigen Zeiten nicht um den „Pflegefall“ kümmern, dann erhalten sie eben die entsprechende Quittung.

Moin,

wenn’s darum geht, die Schlechtigkeit der Welt zu beweinen, dann wärst Du an der nächstbesten Straßenecke auf dem Obstkistl besser aufgehoben als hier im Forum. Vor allem, wenn die Schmerzen nicht von Fakten herrühren, sondern von dem, was Du hineinliest hineinlügst.

Gruß
Ralf.

Ich habe mich an das gehalten was Du an Informationen bei der Eröffnung geschrieben hast.
Ich hoffe mal, dass Du keiner der betroffenen Erben bist (wir werden es sowieso nicht erfahren) aber wenn doch, habe ich kein Wort, was ich geschrieben habe, zurückzunehmen.
Die Formulierung in Deinem letzten Post spricht für mich in dieser Hinsicht Bände.

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Und genau das wissen wir doch nicht. Vielleicht in Peru?
Wir wissen auch nicht, ob die betroffene Person die Hilfe der Angehörigen kategorisch ablehnte - sei es wegen realer Vorfälle oder wegen Wahnvorstellungen.

Wenn jemand für Kleinigkeiten ohne zu Zögern Tausende Euro einsteckt, dann finde ich das als Außenstehender zunächst einmal auch sehr bedenklich.

Ich werde darüber aber nicht urteilen, weil ich nicht genug weiß.

Zurück zur Ausgangsfrage:

Vermutlich lässt sich kein Tatbestand beweisen - selbst wenn einer vorliegen würde.
Wucher wurde noch nicht genannt, oder? „Ach Frau Meiersmüller, der Sprit wird ja immer teurer. Können Sie mir nochmal 1000€ geben, damit ich ihnen den Brühwürfel aus dem Supermarkt holen kann?“
Setzt aber die Ausnutzung einer Willensschwäche oder mangelnden Urteilsvermögens voraus - und wird kaum zu bewesisen kann.

Am Ende bleibt es bei „Schenkungen einer älteren Dame, deren Geschäftsfähigkeit unbekannt ist, an liebe Nachbarn, die sich gekümmert haben“.

Steuerrechtlich interessant, zivil- und strafrechtlich vermutlich nicht mehr zu beanstanden.

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