Hallo Biggi,
die Aussage bezüglich der (über) 70 % ist schon nicht ganz abwegig. Ob es nun genau 70 oder mehr Prozent sind, kann natürlich keiner Sagen. Die Größenordnung ist aber richtig.
Man muss hier folgendes sehen:
Auch wenn die „moderne“ Steuer wie wir sie heute kennen, erstmals um 1780 durch William Pitt (damals zur Finanzierung der englischen Streitkräfte) eingeführt wurde, so ist es dennoch eine Tatsache, dass wesentliche Erkenntnisse auf dem Gebiet des modernen Steuerrechts (letzten 100 Jahre) in Deutschland gereift sind und publiziert wurden.
Was viele Leute nicht wissen ist, dass viele andere Staaten bei der Anlegung oder Modernisierung ihrer Steuersysteme (ganz aktuell die Staaten Osteuropas) auf die Beratung aus Deutschland gesetzt haben.
Auch wenn man es nicht glauben mag, aber Deutschland steht in der Welt nicht nur für Autos, sondern auch für Steuern und das -zumindest aus theoretischer Sicht- nicht immer zu seinem Nachteil.
Zu der Frage der Veröffentlichung von Literatur zu diesem Thema. Hier muss man sehen, dass man in so einem Fall von der gesamten zum Thema Steuern veröffentlichten Lit. ausgeht.
Es geht also um neue Steuergesetze, um Veränderungen von Steuergesetzen, um Steuerrichtlinien, um Verordnungen insb. die Durchführungsverordnungen die zu jedem einzelnen Steuergesetz existieren und auch diese können gerändert werden. Nicht zu vergessen natürlich die BMF-Schreiben oder aber auch solche Gesetze wie die Finanzgerichtsordnung und das Steuerverfahrensrecht bekennt noch eine Menge mehr.
Darüber hinaus muss unterschieden werden zw. den Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern. Viele Steuern werden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich behandelt. Nicht zu vergessen die verschiedenen kommunalen Steuern.
Auf der anderen Seite steht dann die Lit. die aus der Wissenschaft und der Lehre kommt. Wenn z.B. Lehrbücher zum Thema Steuern für Hochschulen verfasst werden oder aber für die Menschen, die eine Ausbildung in einem steuerberatenden Beruf ablegen.
Nicht zu vergessen die Lit. die für den „Normalo-Bürger“ veröffentlicht wird, damit sich dieser durch das Wirrwarr im Steuerrecht finden kann - was ihm aber nur selten gelingen wird.
Das Europarecht tut dann sein Übriges. Manches muss harmonisiert werden. Das wirkt dann natürlich in einem ohnehin schon überregulierten Land wie Deutschland verstärkt. Also muss man auch hier wieder fleißig schreiben, nämlich konkret auf Deutschland bezogen. ZIeht sich dann durch wie ein roter Faden.
Fakt ist, dass es wohl kaum ein anderes Steuersystem auf dieser Welt gibt, welches dermaßen komplex und verworren ist, wie das unsere. Wenn man sich etwas besser mit dem Thema auskennt und sich alleine nur einmal den Aufbau des Einkommensteuergesetzes ansieht, sieht man, wie oft schon nur zum Zwecke der Interessenbefriedigung seitens der fachlich nicht ausreichend gebildeten Politik dort herumgedoktert wurde.
Da alle unsere Einzelsteuergesetze mehr oder weniger darunter leiden, ganz besonders extrem ist es beim Außensteuergesetz, entschließt man sich eben auch künftig -anstatt komplett zu reformieren- weiter „Verbesserungen“ in kleinerem Umfange vorzunehmen. Das kann man sich wie mit den Straßen vorstellen. Anstatt sie komplett neu zu bauen, wird hier und da mal ein neues Stück geflickt. So fährt es sich dann auch (darüber).
All diese Probleme gibt es im Ausland überwiegend nicht. Dort sieht man dann auch, dass Einfachheit auch die Veröffentlichung von (erklärender bzw. begründender) Lit. limitiert.
Außerdem kommt hinzu, dass in Deutschland traditionell die Dinge gerne formal und „verwaltungstechnisch korrekt“ behandelt werden, sprich also, dass man gerne alles gesetzlich und bürokratisch fixiert. Immherin leben davon ja auch eine ganze Menge Menschen in diesem Lande
)
Von daher ist die Aussage zu der Komplexität und der veröffentlichten Lit. schon gerechtfertigt.
Viele Experten, darunter insb. viele Steuerrechtler sind der Meinung, dass da jetzt dringend die Notbremse gezogen werden müsse. Allerdings wurde die letzte von der Regierung beauftrage Expertengruppe (von der Stiftung "Neue soziale Marktwirtschaft) die sich mit der Reform des Steuersystems im Allgemeinen und der Reform der Unternehmensteuer im Besonderen befasst hat, zwar gehört, ihre Ergebnisse dann aber abgelehnt.
VG
TraderS