Wem gehören Kirchen?

Hallo!

Ich würde gerne wissen, wem eigentlich Kirchen, oder besser gesagt die Grundstücke gehören, auf denen diese stehen?
Kauft die Kirche diese- wenn ja, gibt es dabei Sonderkonditionen- oder werden sie vom Land zur Verfügung gestellt bzw. sogar geschenkt?

Wäre über fachkundige Antworten oder weiterführende Hinweise sehr dankbar!

lg

Hallo,

alle, was 1803 Kirchenbesitz war, gehört heute den Bundesländern als Rechtsnachfolgern der damaligen deutschne Staaten, sofern sie diesen Besitz nicht seitdem verkauft oder verschenkt haben.

Gruß,
Andreas

Hallo,

die Antwort ist eigentlich einfach

die Kirche gehört der Kirche,
im einzelnen bedeutet das dass die Grundstücke der jeweiligen Pfarrei bzw. Gemeinde gehören.

Die Kirchensteuer geht an die Bistümer, die widerum geben Kopfgeld für die Anzahl der Katholiken zu den Gemeinden runter. Somit hat eine Gemeinde per se erst mal GEld um etwas zu kaufen.

Bei Kauf eines neuen Grunstückes müssen sie wie jeder andere auch dafür Geld hinlegen, aufgrund des Engagements der Kirchen bspw. durch den geplanten Betrieb eines Kindergartens ist jedoch davon auszugehen dass hier nicht der faire Marktpreis gehandelt wird.

Man sollte jedoch auch den Effekt beachten dass die Kirche als alte Institution schon immer sehr wohlhabend wahr und auch schon lange Jahre Ackerfläschen und Ländereien besaß. Was über Jahrhunderte somit im Besitz der Kirche oder des Bistums war ließ sich bei der Ausweisung zu Bauland jedoch auch versilbern.

Umgekehrt kann eine Kirche auch ihre Ländereien tauschen wenn gerade in einem neuen Viertel eine Kirche neu erstellt werden soll,
von daher hängt die Antwort wohl dann doch vom Einzelfall ab.

Zweitens haben ja in den früheren Jahrhunderten die Einwohner selbst für den Bau einer Kirche zusammengelegt und der Ort hat sich dann um die Kirche und die draus entstehende Gemeinde entwickelt. Hier wurde wohl für das eigentliche Bauland nichts bezahlt.

Weiterhin kommt es öfter vor dass alleinstehende Menschen ihr Erbe der Kirche verschreiben, somit kommt auch heute die Kirche noch in Bestiz von vermietbaren Häusern und Wohnungen.

eigentlich dann doch nicht so einfach die Antwort,
aber wohl bei jeder Kirche ist eine Geschichte und ein Sonderfall dahinter.

Hallo Andreas,

was ist mit Grundstücken, die nach 1803 in den Besitz der Kirchen kamen?

grüße
miamei

Hallo Andreas,

alle, was 1803 Kirchenbesitz war, gehört heute den
Bundesländern als Rechtsnachfolgern der damaligen deutschne
Staaten, sofern sie diesen Besitz nicht seitdem verkauft oder
verschenkt haben.

das ist schlicht falsch. Die Säkularisation ist eben keine generelle Enteignung gewesen. Zu unterscheiden wären hier ohnehin die Säkularisation im linksrheinischen (annektierten) Gebiet, die vor allem die Fürsterzbistümer Mainz, Köln und Trier betraf. Die wurden als Staaten aufgelöst, und zwar gemäß dem Konkordat zwischen Frankreich (vertreten durch den 1. Konsul Napoleon Bonaparte) und Papst Pius VII. vom 23 Fructidor des Jahres IX (10.09.1801). In diesem Konkordat wurde die staatliche Besoldung kirchlicher Funktionsträger als Kompensation für die Enteignung von Territorien festgelegt, außerdem wurden diesen Funktionsträgern angemessene Unterkünfte zugestanden - das betraf vor allem die Pfarrhäuser (ausdrücklich mit Gärten) und die Bischofspaläste (Sektion III des Konkordats). Alle anderen Immobilien wurden enteignet (Artikel LXXIV).

Was die rechtsrheinischen Gebiete anging, so wurde deren Säkularisierung (neben der Mediatisierung der kleineren Reichsstände) zur Entschädigung der verloren gegangenen linksrheinischen Territorien zunächst im Vertrag von Lunéville 1801 festgelegt und abschließend im Reichsdeputationshauptschluss 1803 (speziell §35) geregelt. Dabei wurden Bischofsstühle, Domkapitel, Stifte und Klöster zugunsten der Landesherren enteignet und sie verloren die politische Herrschaft als Reichsstände (‚Herrschaftssäkularisation‘) über ihre Territorien. Insgesamt handelte es sich um 122 geistliche Klein- und Kleinststaaten. Grundsätzlich ist hier zu unterscheiden zwischen Herrschaftssäkularisation (Verlust der politischen Herrschaft) und der sog. Klostersäkularisation, bei der vor allem die Klöster und Stifte aufgelöst und enteignet wurden. Übrigens auch nicht alle - vorrangig natürlich die, die zu reinen Versorgungsanstalten nachgeborener Adelssprößlinge geworden waren.

Das für Seelsorge, Caritas und teilweise auch für den Unterricht vorgesehene Vermögen wurde jedoch gemäß der Schutzbestimmung des §65 („Fromme und milde Stiftungen sind wie jedes Privatvermögen zu konservieren“) ausdrücklich von der Enteignung ausgenommen - also vor allem das aus Schenkungen und Erbschaften stammende Kirchen- oder Pfarrvermögen der Gemeinden. Das betraf nicht nur Grundstücke, die mit Kirchen, Pfarrhäusern, Gemeindeschulen usw. usf. bebaut waren, sondern auch den landwirtschaftlichen Grundbesitz, mit dem die Pfarreien zur Finanzierung (aus der Verpachtung) ihrer seelsorgerischen und karitativen Aufgaben ausgestattet waren.

Nach 1815 wurde dieser Kirchenbesitz auch in den linksrheinischen Gebieten, die nun preußisch, bayerisch, hessisch usw. geworden waren, über diverse Konkordate restituiert. Dieser Grundbesitz ist nach wie vor erheblich - die Kirchen sind trotz Säkularisation nach dem Staat die mit Abstand größten Grundeigentümer in Deutschland.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Erbacher,

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!

Hallo Andreas,

Danke für die Antwort!

Hallo Andreas,

Danke für die Antwort!

Glaubst Du jetzt ernsthaft, dass - sagen wir mal - der Kölner Dom bzw. das Grundstück, auf dem er steht, dem Land Nordrhein-Westfalen gehört bzw. dass der Grund und Boden samt Gebäude im 19. Jahrhundert erst (zurück-)gekauft werden musste?

Nichts Anderes stand in der Antwort, für die Du Dich hier bedankst.

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Hallo Tychiades,

in meiner Anfrage hatte ich um fachkundige Meinungen oder weiterführende Hinweise gebeten. Nicht um die Offenbarung einer 100prozentigen Wahrheit, an die ich dann getrost „glauben“ kann… Die Beiträge nachzuprüfen und weiter zu recherchieren behalte ich mir vor, ebenso wie die Höflichkeit, mich für die Mühe einer Reaktion auf meinen Artikel zu bedanken.
Ich denke, diese zwei Eigenschaften- kritische Meinungsbildung und Höflichkeit- sind Tugenden,an denen wir mehr arbeiten sollten :smile:

In diesem Sinne auch vielen Dank für Deine ausführlichen Informationen!
lg

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Auch bei den Protestanten…
Auch die evangelischen Kirchen gehören nebst Grund und Boden den jeweiligen Kirchengemeinden. Die sind zunächst auch für die Unterhaltung zuständig (Ausnahmen bestätigen die Regel). Und wie alle anderen auch, müssen sie Grundstücke für Kirchenneubauten erwerben. Ob dabei marktübliche Preise angesetzt werden, liegt im Ermessen des Grundstücksbesitzers, der den Grund und Boden verkauft.

Gruß, Martinus

Hallo,
es bleibt natürlich ganz und gar Dir überlassen, für welche Antworten Du Dich bedankst. Man kann sich selbstverständlich auch für sachlich falsche Antworten bedanken. Ich fand es lediglich etwas irritierend, dass Du Dich für eine ausführlich widerlegte Antwort bedankst und die Widerlegung selbst zu ignorieren schienst. Deswegen wollte ich doch noch mal etwas nachhaken, ob meine Ausführungen eigentlich ‚angekommen‘ sind. Wie Du sie wertest, ist selbstverständlich ebenfalls Deinem Urteilsvermögen anheimgestellt.

In diesem Sinne auch vielen Dank für Deine ausführlichen
Informationen!

Bitte sehr, gern geschehen.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo

was viele nicht wissen ist, dass die meisten Kirchen unter Denkmalschutz stehen und bei Reparaturen und Erneuerungen die Kosten, auch die des Unterhaltes, oft vom Staat übernommen werden, oft zu gewissen Prozentsätzen die je nach Denkmalwürdigkeit sehr verschieden sein können.

Da ich viele Jahre an Kirchen gearbeitet habe, bekam ich für ausgeführte Arbeiten manchmal 80 % vom Staat und 20% von der Kirche.
das nur mal so als Beispiel.
Die Kirchen dürfen aber trotzdem zu 100% von der Kirche benützt werden.

Über Grundstücksrechte kann ich keinerlei Information geben.
Aber noch mal, viele Kirchen haben größten Nutzen von der Denkmalpflege, die über die Staatshochbauämter reguliert werden.

Gruß Ma-kani

was viele nicht wissen ist, dass die meisten Kirchen unter
Denkmalschutz stehen und bei Reparaturen und Erneuerungen die
Kosten, auch die des Unterhaltes, oft vom Staat übernommen
werden, oft zu gewissen Prozentsätzen die je nach
Denkmalwürdigkeit sehr verschieden sein können.

Ich bin mir nicht sicher, ob da ein direkter Zusammenhang besteht. Das eine ist der Denkmalschutz, der mit seinen Auflagen (was z.B. die Wahl der Farben oder auch die Gestaltung der Räume betrifft) sehr weit in das Recht der Eigentümer eingreift. Das gilt aber für alle geschützten Gebäude, ganz gleich ob sie sich in privater, kirchlicher oder öffentlicher Hand befinden.

Das andere ist die Bezuschussung von Gebäuden, an deren Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Das kann auch für Vereinsheime u.ä. gelten (die dann auch zu 100% vom Verein genutzt werden) und ist nicht direkt vom Denkmalschutzstatus abhängig.

Fakt ist, daß die öffentliche Hand auch für die Renovierung von Kirchen Zuschüsse gewährt.

Martinus