Hallo Experten!
Ich war in Ägypten im Urlaub und habe dort einen Museumsbesuch mit Führung mitgemacht. Dort wurde behauptet, daß wir Deutschen die Nofretete den Ägyptern gestohlen haben. Ich und mein Mann protestierten und es kam zu einem heftigen Wortgefecht. Wem gehört denn nun die Nofretete wirklich? Danke für ihre Hilfe.
Hallo Grotesk79, wie kann ich eine Frage beantworten über die sich Historiker, Juristen und Regierungen seit Jahrzehnten schon streiten??? Wenn Du aber Infos benötigst, dann findest Du über Google viele Seiten die sich mit dem Thema beschäftigen. Einfach Deine Frage googlen. Viel Erfolg,
gübschen
Hallo
Das Ganze ist eine Frage der Rechtsauffassung und dessen, ob man Entscheidungen, die früher (also bei Ausgrabungszeitpunkt) heute noch anerkennt:
Die Büste der Königin Nofretete wurde am 6. Dezember 1912 bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft (DOG) unter Leitung von Ludwig Borchardt in Tell el-Amarna in Haus P 47,2, der Werkstatt des Oberbildhauers Thutmosis entdeckt.
Sie wurde im Januar 1913 im Rahmen der Fundteilung mit Genehmigung der ägyptischen Altertümerverwaltung nach Deutschland gebracht.
1920 ging die Büste der Nofretete durch eine Schenkung von James Simon mit weiteren Objekten, die zuvor Dauerleihgabe an die Ägyptische Abteilung der königlich preußischen Kunstsammlungen waren, an den preußischen Staat.
Heute ist sie Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und befindet sich unter der Inventarnummer 21300 als Hauptattraktion im Ägyptischen Museum Berlin, das seit dem 16. Oktober 2009 wieder im Neuen Museum (Nordflügel) auf der Berliner Museumsinsel untergebracht ist.
Wichtig zu wissen ist:
Zum Zeitpunkt von Borchardts Arbeiten in Tell el-Amarna stand Ägypten unter britischer Besatzung und der damalige ägyptische Antikendienst (Service d’Antiquités Égyptiennes, auch Département d’Antiquités), das heutige Supreme Council of Antiquities (SCA), unter französischer Leitung.
Die Fundteilung dieser Grabungskampagne fand am 20. Januar 1913 gemäß den damals geltenden Bestimmungen „zu gleichen Teilen“ (à moitié exacte) für Ägypten und das die Ausgrabung durchführende Land statt.
Borchardt hatte die beiden Teile zusammengestellt, was bis zum Jahr 1914 das Vorrecht des Ausgräbers war.
Gaston Maspero, der Direktor des Antikendienstes beauftragte seinen Mitarbeiter Gustave Lefebvre mit der Regelung der Fundteilung.
Der eine Teil enthielt die Büste der Nofretete, der andere, den Lefebvre schließlich für das Ägyptische Museum in Kairo auswählte, den sogenannten Klappaltar von Kairo, ein farbiges Altarbild, das das Königspaar Echnaton und Nofretete mit dreien seiner Kinder zeigt.
Laut Borchardt besaß das Museum in Kairo bisher kein Altarbild, wünschte sich jedoch ein solches Fundstück, was ausschlagend gebend für seine Zuordnung der Objekte war.
1913 erhielt James Simon die Ausfuhrgenehmigung für die Büste von Ägypten nach Deutschland. Sie wurde nach Berlin gebracht und zunächst in Simons Villa, dem heutigen Sitz der Landesvertretung Baden-Württemberg, aufgestellt. Hier besuchte sie auch Kaiser Wilhelm II. mehrfach. Borchardt vertrat seit der Fundteilung sehr hartnäckig die Meinung, dass die Büste nicht der Öffentlichkeit präsentiert werden dürfte.
Die erste Rückgabeforderung Ägyptens erfolgte nach der ersten öffentlichen Ausstellung der Büste im Jahr 1924 im Neuen Museum in Berlin. Pierre Lacau, Nachfolger von Gaston Maspero im Amt des Direktors des ägyptischen Antikendienstes (Service d’Antiquités Égyptiennes) und des Ägyptischen Museum Kairos verlangte die Büste sofort zurück. Die ägyptische Regierung schloss sich seiner Forderung an. Lacau zweifelte die rechtmäßige Fundteilung zu gleichen Teilen nicht an, nannte aber für die Rückgabeforderung „moralische“ Gründe. Im darauffolgenden Jahr erhielt Borchardt keine Grabungslizenz für Ägypten.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges meldeten auch verschiedene amerikanische Museen ihr Interesse an den deutschen Kunstschätzen an. Das Metropolitan Museum of Art in New York war an der Büste der Nofretete interessiert, deren Ausfuhr in die Vereinigten Staaten vom Kunstschutzoffizier Walter I. Farmer verhindert wurde. Nach der Ausstellung der Büste der Nofretete mit anderen Kunstgegenständen im Landesmuseum Wiesbaden im Jahr 1946 erhob Ägypten abermals Ansprüche auf das Porträt der Königin. Es war geplant, dass die Büste ihren endgültigen Platz im Ägyptischen Museum von Kairo erhalten solle. Es folgten Verhandlungen zwischen ägyptischen und amerikanischen Gesandten. Das Ergebnis der Untersuchung durch die amerikanische Militärregierung war, dass die Büste nicht zu den von den Nationalsozialisten entwendeten Kunstgegenständen zählte und im Jahr 1913 „ordnungsgemäß“ nach Berlin gebracht worden war. Die Presse verkündete 1947, dass die Büste der ägyptischen Königin in Deutschland bleibt.
In den vergangenen Jahren, insbesondere ab den 2000er Jahren, wurde die Büste der Nofretete von unterschiedlicher Seite mehrfach zur Ausleihe an Ägypten zurückgefordert. Außer dem Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung (Supreme Council of Antiquities, SCA), Zahi Hawass, bat 2006 auch die Direktorin des Ägyptischen Museums in Kairo, Wafaa El-Saddik, um eine Ausleihe. Der ägyptische Botschafter, Mohamed Al-Orabi, nannte die Büste der Nofretete zur Eröffnungsfeier des Ägyptischen Museums im Alten Museum noch „Ständige Vertreterin Ägyptens in Deutschland“, forderte aber 2008 ebenfalls eine Ausleihe an Ägypten und die Einrichtung einer „Ägyptisch-Deutschen Kommission zur Transportfähigkeit der Nofretete“. Zahi Hawass äußerte 2007 die Bitte, die Büste für eine Ausstellung für drei Monate zur Eröffnung des neuen Ägyptischen Museums bei den Pyramiden auszuleihen.
Anmerkung: Du merkst - je nachdem, welchen Posten derjenige hat, der die Statue haben will und das öffentlich macht, ist einmal die Rede von einer Ausleihe - einmal wird die Rückgabe gefordert.
Es geht also um politische Standpunkte - nicht um Rechtmäßigkeiten!
Zum Besuch der neuen Direktorin des Ägyptischen Museums Berlin, Dr. Friederike Seyfried, bei Zahi Hawass in Kairo, wies die Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Dezember 2009 darauf hin, dass es sich dabei nicht um Verhandlungen zur Büste der Nofretete handele. Es habe auch nie ein offizielles Gesuchen seitens des Ägyptischen Staates zur Rückgabe gegeben.
Im März 2010 gab Seyfried bekannt, dass nach Prüfung aller Unterlagen an der Fundteilung keinerlei Zweifel bestehen und diese nach den damaligen Bestimmungen erfolgte.[53]
Am 24. Januar 2011 forderte Zahi Hawass in einem Brief an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erneut die Rückgabe der Büste. Diese Forderung, der wiederum kein offizieller Charakter zukam, wurde von Kulturstaatsminister Bernd Neumann umgehend zurückgewiesen.
Im Klartext: Was einzelne Menschen medienwirksam in Ägypten und in Deutschland verbreiten hat nichts damit zu tun, was offiziell und rechtlich Stand der Dinge ist.
Wenn Du mehr zu diesen Dingen wissen möchtest - meine Daten sind aus wikipedia - ich habe sie für Dich zusammengefaßt.
Es läßt sich zu dieser Angelenheit noch mehr recherchieren.
Meine persönlich Meinung: Ägypten konnte sich damals (und auch heute) die Ausgrabungen nicht leisten, hatte auch nicht das wissenschaftliche Potential. Man holte sich ausländische Experten ins Land und ließ/läßt sie graben. Es gab damals Regelungen und es gibt heute Regelungen, wie im Falle von Entdeckungen verfahren wird mit den Funden.
Gerade bei der Nofretete wurde korrekt nach damaligen Regelungen verfahren (was nicht bei allen Funden der Fall ist - weltweit in Museen sind sicher rechtlich fragwürdige Funde ausgestellt).
Daß immer wieder Ägypter an maßgeblicher politischer Stelle gerne Stimmung machen, um Profil zu gewinnen und dabei gerne Kunstschätze nutzen, weil damit internationale Presse garantiert ist - bei medialer Verkürzung der Sachverhalte - das steht auf einem anderen Blatt.
Im übrigen bin ich sehr pro ägyptisch eingestellt, ich liebe das Land - aber Politik ist eine andere Sache.
Zu erwähnen ist im übrigen, daß den Ägyptern muslimischer Prägung prinzipiell alles Pharaonische rein aus touristischer Sicht wichtig ist. Im Klartext: Es gibt keinerlei spirituelle Bindung an Funde aus pharaonischer Zeit. Das wird abgelehnt. Es ist also ein rein materieller Streit, in den gerne zur Verschärfung die Moral eingefügt wird. Es gibt keinerlei spirituelle Bedeutung der pharaonischen Funde für die Menschen.
Wir reden also von einem Streit ums Geld.
Mit den besten Grüßen
Wendy
Hi G.
das ist eine juristische und keine Ägyptenfrage.
Dennoch:
zur Zeit der Ausgrabung galt ein nationales Recht und es gab eine Grabungskonzession für das deutsche Team.
Heißt: da steckt jemand viel Arbeit und Geld in die archäologische Erforschung eines Landes, das es wie kaum ein zweites verdient hat (imho), aber selbst keine Kohle und know-how, dies selbst zu tun.
Normalerweise ist und war es verboten, Antiquitäten auszuführen und ich weiss nicht, ob in der Konzession etwas anderes vereinbart wurde.
Damit begeben wir uns eher auf ein ethisch-moralisches Niveau: hat der Grabende nicht einen Lohn verdient für das, was er dort tut?
Aber sollten nicht auch derart wichtige Kunstwerke un dem Land ausgestellt werden, in das sie gehören?
Ich meine persönlich, es macht Sinn, auch ausserhalb Agyptens antike Kunst anschauen zu können.
Aber googeln Sie mal Zahi Hawass, den Chef der äq. Altertümerverwaltung: ein Fundi wie er im Buche steht und sicher auch ein Geschäftsmann!
Insofern würde ich als Richter pro Ägypten entscheiden, aber auch eine Auflage machen, die Kunst weltweit auszustellen.
Sorry, sicher eher Gedanken als eine Antwort, aber: s.o.!
Grüße, B
Hallo aus Bremen!
Den Streit gibt es schon seit 1913 und man wird ihn kaum zur Zufriedenheit aller lösen können.
Angeblich fand damals eine 50:50 Aufteilung der Funde zwischen Ägypten und dem deutschen Grabungsteam statt. Dabei sei angeblich der Wert der Büste extrem herunter gespielt worden und nur deshalb landete sie letztlich in Berlin. Vor Allem der Leiter der Altertümerverwaltung ZAHI HAWASS fordert seit Jahren energisch die Rückgabe der Nofretete. Auch wenn für mich persönlich dieser Gelehrte mein großer Held ist und es sicher kein feiner Zug von Ludwig Borchardt & Co gewesen ist, den Wert der Büste zu verschleiern, finde ich, man solle sie bei uns lassen. Ägypten verfügt über ungeheure Kunstwerke der Antike. Und die Nofretete nimmt meines Erachtens eine Art Botschafterstellung in Deutschland ein. (Unter uns gesagt, stand ich schon davor und fand sie so spektakulär nun auch nicht.)
Es wird vor allem von Seitens Ägyptens fieberhaft nach Beweisen eines Betrugs von Borchardt gesucht. Wenn man diese findet, sollte die Büste aber tatsächlich zurückgehen.
Bei google findest du jede Menge Kommentare und Aufsätze zu diesem Thema.
Einen schönen Sonntag noch,
Gaby
Hallo,
Grabungsleiter Ludwig Borchardt hat 1924 anscheinend ganz bewußt die große Bedeutung der Nofretete gegenüber dem Antikeninspektor Mittelägyptens, Gustave Lefébvre, verschleiert, um sie außer Landes bringen zu können. So gesehen wurde sie gestohlen.
Hier finden sich fundierte Texte dazu:
http://www.gutefrage.net/frage/wieso-fordert-aegypte…
Ich selbst meine, das man die Nofrete sowieso an Ägypten zurück geben sollte wenn es von Ägypten verlangt wird da es als ägyptisches Kulturgut eben auch nach Ägypten gehört.
Freundliche Grüße,
Peer
Lieber Grotesk79!
Diese Frage läßt sich leider noch nicht eindeutig beantworten. 1913 fand der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt die Büste in Amarna und brachten sie nach Deutschland. Bisher konnte nicht geklärt werden, ob Borchardt von den ägyptischen Behörden eine Ausfuhrgenehmigung erhalten hatte. Die wäre nötig gewesen.
Gruß!
wohlsein60
Ich glaube, dass diese Frage wohl niemand beantworten kann. Sie wurde von Ludwig Borchard in El-Amarna gefunden.Sie wurde dann mit der Genehmigung der Altertümerverwaltung nach Deutschland gebracht.In einem Fernsehbericht wurde allerdings von den Ägyptern behauptet dass sie illegal außer Landes gebracht wurde.
Hi Grotek,
ich hab deine Frage gerade erst gefunden, aber vielleicht hilft es dir ja trotzdem noch weiter: Die Nofretete wurde 1912/13 gefunden, und damals durften die Ausgräber die 50/50-Teilung der Fundstücke vornehmen und mussten nur eine Hälfte in Ägypten lassen, weshalb sie Nofretete rechtlich ohne Probleme nach Deutschland. Das passte den Ägyptern aber nicht, und ab 1914 wurde das Gesetz eingeführt, dass alle einzigartigen Stücke in Ägypten bleiben - nur war dieses Gesetz in Fall der Nofretete ja noch nicht möglich.
Auch wenn die Ägypter sich also bestohlen fühlen gehört die Nofretete trotzdem Deutschland - zumindest
nach dem, was ich weiß.
Lg Nin-Si