Moin,
angenommen eine Supermarktkette würde mit den „Tafeln“ in Deutschland eine Kooperation eingehen. Zu diesem Zweck würden im Laden fertig gepackte Spendentüten mit Lebensmitteln bereit gestellt werden die man als Kunde kaufen, also an der Kasse bezahlen kann. Zu diesem Zeitpunkt gehört die Tüte vermutlich dem Kunden, der sein Eigentum aber augenblicklich wieder aufgibt (soweit noch richtig?).
Früher immer, heute noch manchmal würde die Tüte dann vom Kunden hinter dem Kassenbereich in einem Sammelbehälter abgestellt.
Meine Frage: wer ist Eigentümer ab diesem Moment bzw wer ist der Besitzer? Beides der Supermarkt? Oder Tafel/Supermarkt?
Aus den Sammelbehältern würden diese Tüte vielleicht gerne geklaut werden (deswegen würden die Tüten nun gerne in Fußraum der Kassierer gestellt werden). Wer wäre hier der Beklaute?
rechtlich handelt es sich um Schenkungen, d.h. der Käufer ist der Schenker, die Tafel die Beschenkte (vgl. auch Leitfaden des BuMi für Ernährung). Der Supermarkt fungiert hier m.E. nur als Treuhänder (rechtlich Auftragnehmer eines Geschäftsbesorgungsvertrages) und ist nicht der Beschenkte. Insofern gibt der Käufer sein Eigentum auch nicht auf, sondern erteilt dem Supermarkt den Auftrag, die gespendete Ware dem Beschenkten zu übergeben. Bis dahin bleibt der Käufer Eigentümer.
Das im deutschen Recht geltende Trennungsprinzip besagt, dass das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft keine Einheit bilden, sondern getrennt voneinander zu betrachten sind. Darum wird der Beschenkte nicht durch den Schenkungsvertrag (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft), sondern durch das den Schenkungsvertrag vollziehende Verfügungsgeschäft Eigentümer. Dasselbe gilt beim Kauf. Der Käufer wird durch den Kaufvertrag (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) nicht Eigentümer, so dass deine Vermutung, er müsse das Eigentum zumindest kurz erlangen, nicht ganz richtig ist. Schuldrechtliche Vertragstypen wie Kauf, Schenkung und Geschäftsbesorgungsvertrag spielen für die Frage nach dem Eigentum keine Rolle.
Wie das Eigentum an beweglichen Sachen übertragen wird, steht in den §§ 929 ff. BGB. Vereinfacht gesagt bedarf es dafür einer dinglichen (das heißt sachenrechtlichen) Einigung und einer Übergabe der Sache.
Die Einigung ist nichts anderes als ein Vertrag, in dem sich alter und neuer Eigentümer auf den Übergang des Eigentums einigen. Für diesen Vertrag gelten dieselben Regeln wie für andere Verträge auch: Allein die Parteien entscheiden, wann sie mit wem einen solchen Vertrag schließen und was dieser besagt. Und der Vertrag kann durch Vertreter geschlossen werden.
Die Übergabe ist nichts Rechtliches, sondern etwas Tatsächliches. Sie besteht in der Übertragung des Besitzes. Ist der Eigentümer im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den sogenannten mittelbaren Besitz erlangt (§ 930 BGB). Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt (§ 931 BGB).
Deine Frage ist darum nicht eindeutig zu beantworten. In erster Linie hängt alles davon ab, was Tafel, Supermarkt und Kunde miteinander vereinbaren, wobei die Tafel sowohl beim Schenkungsvertrag als auch bei der dinglichen Einigung mit Vollmacht der Tafel als deren Vertreterin handeln könnte. Man kann problemlos Konstellationen kreieren, in denen es auf § 930 BGB oder § 931 BGB aufkommt, und ebenso problemlos Konstellationen, in denen beide keine Rolle spielen.
Besitz ist (wie die Übergabe) grundsätzlich nichts Rechtliches, sondern etwas Tatsächliches. Unmittelbarer Besitzer einer Sache ist, wer die Sachherrschaft darüber ausübt, wer also die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache hat. Es gibt allerdings auch den bereits erwähnten mittelbaren Besitz (§ 868 BGB). Dieser besteht, wenn der unmittelbarer Besitzer den Besitz als sogenannter Besitzmittler für einen anderen ausübt. Der andere, der mittelbare Besitzer, ist regelmäßig der Eigentümer. Auch insofern sind verschiedene Konstellationen denkbar. Wenn etwa die Tafel direkt nach der Zahlung an der Kasse Eigentümerin werden soll, ließe sich konstruieren, dass der Supermarkt Besitzmittler wird und die Tafel mittelbare Besitzerin. Diese Konstellation wäre dann ein Fall von § 930 BGB.
Zunächst einmal der Gewahrsamsinhaber. Diebstahl setzt immer eine Wegnahme voraus (§ 242 Abs. 1 StGB). Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Gewahrsam fällt meist mit Besitz zusammen, und der liegt hier eindeutig beim Supermarkt. Außerdem wäre der Eigentümer der Beklaute. Wer das ist, steht in den Sternen.
Meine Darstellung ist etwas vereinfacht. Auf die sogenannte Geheißperson bin ich gar nicht erst eingegangen. Ich denke, das alles ist eh schon ziemlich kompliziert.
Ich bin nicht ganz sicher, ob Du da auf mich anspielst, aber falls ja: mein Hinweis auf die Geschäftsbesorgung zielte genau darauf ab, dass die Übergabe an den Supermarkt eben keinen Eigentümerwechsel bedeutet, was ja genau das ist, was der Fragesteller für möglich hielt. Die Absicht des Käufers ist es, das Eigentum an den Beschenkten (also die Tafel) zu übertragen. Dementsprechend kann es weder Absicht des Schenkers noch des Supermarktes sein, dass der Supermarkt zwischendurch nicht nur den Besitz, sondern auch das Eigentum erlangt, weil der Supermarkt dann ja in der Verwendung der Waren frei wäre und diese bspw. direkt wieder ins Regal stellen könnte.
Natürlich ist letzteres denkbar, aber halt nur theoretisch bzw. in einer moralisch sehr schlechten Welt. Hier ging es ja um die Frage, wie sich das ganze verhält, wenn es so abläuft, wie es beabsichtigt ist.
Wenn jemand fragt, wer in einer bestimmten Konstellation Eigentümer sei, sollte man IMHO erklären, wovon das abhängt, und es hängt (in diesem Fall) von den sachenrechtlichen Vorschriften der §§ 929 ff. BGB ab.
Der Supermarkt hat das Eigentum doch schon. Oder betreiben Supermärkte sozusagen Kommissionsgeschäfte? Das weiß ich nicht. Wenn nicht, ist der Supermarkt Eigentümer, und er kann es problemlos bis zur Übergabe an die Tafel bleiben. Das wäre sogar der gesetzliche Normall: Die dingliche Einigung führt mit der Übergabe an den Erwerber zum Eigentumsübergang. Das sind aber insofern Tatsachenfragen, als alles von den Vereinbarungen der Beteiligten abhängt. Die kennen wir nicht. Darum können wir die Frage von @j_tilde nur allgemein und nicht konkret beantworten. Eine Diskussion um Interessen reizt mich nicht sonderlich. Das ist doch alles Stochern im Nebel. Noch einmal: Alles hängt davon ab, was die Beteiligten untereinander geregelt haben.
Letzteres kann er sowieso. Er darf es zwar nicht, aber er kann es in beiden Konstellationen, also als Eigentümer wie auch als Nichteigentümer. Er kann sogar als Nichteigentümer das Eigentum gemäß §§ 932 ff. BGB wirksam an einen gutgläubigen Dritten übertragen, weil die Sachen nicht im Sinne von § 935 Abs. 1 S. 1 BGB abhanden gekommen sind. Er darf es selbst als Eigentümer nicht, weil er ja kaufvertraglich gebunden ist, zumindest wenn aus der Gattungs- bereits eine Stückschuld geworden ist (§ 243 Abs. 2 BGB). Ist es keine Stückschuld, kann der Supermarkt beliebig viele Tüten wieder in das Regel stellen, er muss nur pro Kauf eine Tüte von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB) der Tafel übergeben und übereignen.
Der Kunde kauft die Tüte und bekommt sie übergeben. Er ist Eigentümer und könnte mit der Tüte und seinen restlichen Einkäufen auch zur Tür hinausspazieren. Indem er die Tüte an der Sammelstelle im Kassenbereich abstellt, tut er seinen Willen kund, diese Tüte bzw. deren Inhalt an die Tafeln spenden zu wollen.
Hmja, aber wenn man für einen Moment unterstellt, dass es sich dabei um eines der üblichen Programme (wie z.B. das von REWE und Edeka) handelt, sind die Vereinbarungen bekannt.