Wem hilft die Entwicklungshilfe?

Hallo,

es geht mir nicht um Katastrophenhilfe, etwa bei Hungersnöten sondern um die immer wieder propagierte „Hilfe zur Selbsthilfe“. Irgendwie scheint diese Hilfe ja bei den wirklich armen Menschen z. B. in den unterentwickelten afrikanischen Ländern nicht angekommen zu sein. Ich zitiere nur mal einen kritischen Artikel

Allerdings habe ich keinerlei Erfahrungen in oder mit Enwicklungsländern und mir nur einiges angelesen. Hilft also die Entwicklungshilfe den Helfern? Der Exportwirtschaft in den hoch entwickelten Staaten? Einer reichen korrupten Oberschicht in den Entwicklungsländern?

Teilweise wird ja Entwicklungshilfe auch verkauft als „Bekämpfung von Fluchtursachen“. Und gerade da habe ich Zweifel. Aber sicher gibt es hier User, die mehr als ich von Wirtschaftspolitik, Wirtschaftswissenschaften oder internationalen Beziehungen verstehen.

Freundliche Grüße

Das kann so sein. leider.

Natürlich hilft es auch den Helfern, das ist fast zwangsläufig. Denn wenn in Dritte-Welt-Ländern etwas für Infrastruktur, Schulen, Medizinischer Versorgung aufgebaut werden soll dann kann man die „Dinge“ dort meist nicht im Land kaufen. Also kommt’s aus den Geberländern, dort wird es bestellt und hilft somit natürlich auch dem Geberland (Steuern) und den dort Beschäftigten.

Heute achtet man mehr darauf, die lokale Wirtschaft zu stärken und dort zu bestellen oder in Kooperationen die geförderten Projekte abzuwickeln.

Probleme gibt es (Leider) dadurch, dass in diesen Ländern selten( die kann man an den Fingern einer Hand abzählen) stabile Regierungsstrukturen oder gar demokratische Verhältnisse wie im Westen herrschen.

MfG
duck313

Es gibt mal so ganz grundsätzlich gesprochen zwei Sorten von Entwicklungshilfe. Bei der einen, häufigsten Variante denken sich Leute in Europa aus, was die Leute vor Ort brauchen könnten, erstellen ein Konzept und führen dieses aus. Das Ergebnis sind in der Regel Investitionsruinen wie Traktoren ohne Ersatzteile, versandete Brunnen oder versalzene Felder. Das andere Konzept sieht so aus, daß die Helfer vor Ort leben, sich dort auskennen und den Einwohnern Hilfe zur Selbsthilfe beinbringen. Wie man bspw. nachhaltig wirtschaftet, hygienische Grundstandards einhält usw. Letzteres ist deutlich mühseliger, langfristiger ausgelegt und führt vor allem langsamer zu vorzeigbaren Erfolgen.

das positive am verlinkten artikel:

James Shikwati, Gründer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Inter Region Economics“ in Nairobi (Kenia), meint: „Würde die Entwicklungshilfe abgeschafft, bekäme das der kleine Mann gar nicht mit. Nur die Funktionäre wären schockiert.“

es ist eigentlich gravierender, weil durch globale unternehmen sämtliche wesentlichen ressourcen in „schwachen“ staaten im wesentlichen bereits vereinnahmt sind.

die „kleinen männer“ wurden und werden enteignet, indem man ihnen regelmäßiges einkommen und arbeit verspricht. von selbstständig zu abhängig. zu billigstlöhnen, die zum überleben gerade genügen.

ein großer teil der bevölkerung wird nicht mehr beschäftigt, weil große landrodungen und bepflanzungen mithilfe eines vorarbeiters, einiger landwirtschaftlicher maschinen und helfer die kleinen familiären überlebenszentren ablösen.

es ist dieser teil der bevölkerung ohne jegliche zukunftsperspektive, der dem wirtschaftlichen druck zur flucht ausgesetzt wird.


das negative am verlinkten artikel:

die verherrlichung der „wirtschaftlichen freiheit“.
diese wf ist doch die ursache der oben genannten verarmung und unselbsständigkeit der bevölkerung. die wf der großen unternehmen und nationen, die sich schwächere staaten einverleiben. die sich ressourcen jeglicher art sichern aufgrund der überlegenheit.

hätte man diese staaten sich alleine weiterentwickeln lassen, dann wären sie vergleichsweise zwar immer noch hinter einem westlichen oder asiatischen standard. aber sie hätten wohl nicht den druck, den sie jetzt haben, weil sie selbständig und weitgehend selbstversorgend sind.


wenn ich heute den entwicklungsminister müller ob der zu geringen entwicklungshilfemittel jammern höre, dann muss ich ihm entgegnen, dass

  • er zu spät dran ist
  • er mit seinen mitteln die erzeugte not lediglich lindert, aber keinen aufbau leistet oder leisten kann
  • er ein tolles argument zur lösung eines aktuellen deutschen innenpolitischenblems anführt, trotz erfolglosigkeit

pasquino

und kannst du ein Land als Beispiel nennen, dem auf diesem Wege erfolgreich geholfen wurde?

Einem Land kann man eh nicht helfen, sondern nur den Menschen in einem sehr begrenzten Radius. Verwandte von uns waren gut zehn Jahre in Uganda und haben dort einerseits die Menschen vor Ort in ganz banalen Dingen (einige erwähnte ich) unterwiesen und andererseits so eine Art Schule betrieben, in denen „Abgesandte“ aus anderen Dörfern unterrichtet wurden.

Was sich so einfach anhört, ist in Wirklichkeit ein schwieriges Unterfangen. Auch wenn das rationale Ohr der Menschen vor Ort offen ist, so stellen Traditionen, Aberglaube und Gewohnheit teilweise schwer überwindliche Barrieren dar. So ähnlich wie bei den Restaurant-Rettungssendungen, wo nach der Übungsphase alles wunderbar klappt, so lange die Retter vor Ort sind, aber das Personal in alte Gewohnheiten zurückfällt, sobald die Retter abgereist sind.

D.h. auch wenn die Leute verstehen, daß man Fleisch besser kühl und nicht unbedingt in der Sonne lagern sollte, so scheitern die Bemühungen dann daran, daß viele keinen Kühlschrank haben und das Fleisch auf dem Markt dann doch über Stunden in der Sonne hängt. Um mal ein Beispiel zu nennen.

Nur, weil Du mal irgendwas von chinesischen Reis- und Blumenplantagen in Äthiopien und Wassergeschäften von Nestlé in Südafrika gelesen hast, heißt das nicht, daß sich die Entwicklungsländer komplett in der Hand von Großunternehmen befinden. Und auch der ganze Rest, den Du schriebst, deutet nicht darauf hin, daß Du einen übermäßigen Einblick in das hast, was Entwicklungshilfe (gleich welcher Art) so macht und bewirkt.

Das Problem ist, daß sich diejenigen, die auch keinen direkten Einblick haben, sich von solchen Texten und dem ganzen Gesülze, das man in diversen Blogs zu dem Thema findet, beeinflussen und in ihrer Meinung bestärken lassen. So setzt sich in den Köpfen etwas fest, das nur sehr wenig mit der Realität zu tun hat.

das ist richtig. Ich meinte: Kannst du ein Land nennen, bei dem die Hilfe zur Selbsthilfe so erfolgreich war, dass jetzt keine Entwicklungshilfe mehr fließt. Allerdings ist die Frage vermutlich schwer zu beantworten, da schlecht abzugrenzen ist, ob die stattgefundene Entwicklung auf das Konto ausländischer Helfer geht oder auf eigenen Anstrengungen beruht. Meine These wäre: Entwicklungshilfe kann Unternehmergeist nicht ersetzen. In manchen Fällen erstickt sie ihn sogar.

so gut deine erläuterung in deiner direkten antwort an myrtillus ist, so schlecht ist deine unsachliche antwort hier:

24 euro wirst du dir leisten können?

blick ins buch anklicken, vorbemerkung des autors lesen, und dann entscheiden, ob verschwörungstheorie oder doch reale und realistische erfahrungen und recherchen eines journalisten.

pasquino

Ja, schlimme Geschichte. Das hat allerdings mit dem Leben in Afrika so wenig zu tun wie das Unglück bei der Love Parade mit dem Leben der restlichen 80 Mio. Deutschen. Afrika ist dreimal so groß wie Europa und hat knapp doppelt so viele Einwohner. Ja, es hat mehr Krisenherde als Europa und wahrscheinlich mehr als der Rest der Welt zusammen, aber das heißt nicht, daß die gesamte Bevölkerung täglich Gefahr liefe, Opfer eines Massakers zu werden. Genauso wenig ist die wirtschaftliche Situation Afrikas und der Menschen dort (von der man aufgrund der Größe und Vielfalt sowieso nicht sprechen kann) auf das Verhalten von irgendwelchen Großunternehmen zurückzuführen.

Die Probleme Afrikas sind vielschichtig und die Ursachen sind vielfältig und vor allem je nach Region unterschiedlich.