Guten Morgen!
… habe ich auch skrupel, mir ein Bett das soviel Geld kostet ungesehen zu Bestellen.
Das würde ich auch nicht machen, egal was vorher ein Vertreter („Schlafberater“ lol) über Silberfasern und Alpenkräuter zum Besten gab.
In einem gesättigten und überbesetzten Markt ist es nicht so einfach, etwas Simples wie ein Bett für einen Haufen Geld an den Mann/die Frau zu bringen. Also greift man in die bewährten Trickkisten aus pseudowissenschaftlichem Kram, haucht das Ganze mit ein bißchen Esoterik an und vermischt es mit Sachen, von denen man vorher weiß, daß der Kunde zustimmend nicken und sich verstanden fühlen wird.
Dabei spielt es für den gewünschten Erfolg - der Kunde soll bestellen und zahlen - keine Rolle, daß Werbeaussagen grenzwertig oder unsinnig waren. In diese Kategorie gehört der eingearbeitete Silberfaden. Es trifft zwar zu, daß Silber (in feinstverteilter Form) leicht toxisch und bakterizid wirkt und entsprechende Anwendungen in der Medizin findet, aber ein paar Silberfäden in einer Matratze kommen über Werbewirkung nicht hinaus. Daß die Mischung aus Körperflüssigkeiten und Hautpartikeln Lebensgrundlagen für unter dem Mikroskop nicht sonderlich sympathisch wirkende Mitbewohner (u. a. Milben) bietet, ist unbestritten. Dem wirkt man aber nicht mit Silber in homöopathischer Menge entgegen, sondern durch Lüftung und Vermeidung abgeschlossenen feuchtwarmen Mikroklimas. Dazu weiter unten mehr.
Auch die Alpenkräuter kommen über hohle Werbesprüche nicht hinaus. Abgesehen davon, daß es höchst unerwünscht ist, wenn eine Matratze was auch immer ausdünstet, sind ätherische Öle flüchtig. Eine Matratze soll aber ihre Dienste viele Jahre erfüllen. Du kannst ja mal einen Pfeifenraucher fragen, was passiert, wenn er seinen Tabak eine Weile nicht im geschlossenen Gefäß aufbewahrt. Das Ergebnis ist dann nur noch dröges Kraut, wie jeder Pflanzenrest irgendeine Kohlenstoffverbindung, nur noch zum Verheizen tauglich.
Soll heißen: Hersteller und seine Außendienstler („Schlafberater“) erzählen ihrer Kundschaft einen Haufen dummes Zeug.
Wenn man ein paar Dinge beachtet, ist es gar nicht schwer, das geeignete Bett zu finden. Manche Angebote kann man von vornherein als ungeeignet erkennen. Dazu gehören unbesehen gekaufte Sachen. Bevor man ein Bett kauft, muß man darauf gelegen haben. Alle Vertreter und Prospekte der Welt können nicht ersetzen, was man mit Hintern und Rücken auf Anhieb spürt. Außerdem schuckelt man beim Probeliegen hin und her. Wenn irgendwas am Bett quietscht, knirscht und wackelt, scheidet es sofort aus, ebenfalls Konstruktionen, bei denen der Bettkasten bis auf den Fußboden reicht. Unter Matratzte und Lattenrost muß Luft sein, hoch genug und frei zugänglich, daß sich jemand unter dem Bett verstecken kann daß man mit Besen / Wischer / Staubsauger hinkommt. Nicht ein Silberfaden, sondern eine von unten gut belüftete Matratze ist für die Hygiene wichtig, damit sich dort nämlich kein warm-feuchtes Klima bildet.
Bei Matratzen gibt es 3 verschiedene Sorten:
- Taschenfederkerne
- Latex
- Schaumstoff
Federkernmatratzen sind die Klassiker und bei guter Verarbeitung nach wie vor keine schlechte Wahl, weil viel Luft enthalten ist. Latexmatratzen sind trotz vieler Lufttaschen schwer und meistens ziemlich kostspielig. ohne zu wissen, auf welcher Matratze ich lag, gefiel mir eine harte Latexmatratze beim Probeliegen auf Anhieb am besten. Die kaufte ich und der Entschluß erwies sich für mich auch noch nach Jahren als richtig . Die größten Qualitätsunterschiede gibt es bei Schaumstoff. Die Skala reicht von ganz leicht, billig, nach kurzer Zeit durchgelegen, bis hochwertig, schwer und dauerhaft. Um die Unterschiede zu erkennen, braucht man keine Forschungsinstitute. Nehme verschiedene Matratzen in die Hand, hebe sie hoch und du hast binnen kurzer Zeit das sichere Gefühl, den flätig leichten Kram nicht zu kaufen.
Auch aus Lattenrosten wird gerne eine Wissenschaft gemacht. Tausend Verstellmöglichkeiten jeder einzelnen Latte - alles Quatsch, weil nutzt kein Mensch. Hauptsache es sind überhaupt genug Latten dran. Die billigen Lattenroste haben nämlich nur ganz wenige mit großen Abständen. Da würgt sich die Matratze durch und zu wenig Latten haben viel zu tragen, neigen zum Brechen. Wenn du verschiedene Lattenroste siehst, erkennst du auf Anhieb die von mir gemeinten Unterschiede.
Bei Bettgestell, Matratze und Lattenrost kauft man nicht das Erstbeste, sondern guckt sich vorher verschiedene Preisklassen und Sorten an, nimmt sie in die Hand, hebt sie hoch, legt sich drauf. Das Gefühl für die Qualität stellt sich auf diese Weise schnell ein. Dabei machst man genau das, was der ins Haus kommende „Schlafberater“ verhindern will, nämlich durch unmittelbaren Vergleich kritik- und urteilsfähig werden.
Kein Mensch braucht „Schlafberater“ und Verkäufer, um ein Bett zu kaufen. Die entscheidenden Sensoren für ein taugliches Bett hat nämlich jeder in Gestalt des eigenen Körpers stets dabei: So besteht die ganze Kunst des Bettenkaufs zur Hälfte aus der Berücksichtigung der hier erwähnten Kriterien sowie Probeliegen und zur anderen Hälfte aus dem Ausblenden des Redeschwalls des Verkäufers.
Gruß
Wolfgang