Wer begleitet Menschen oder Familien, die schwere Zeiten durchleben? Z.B. wenn Angehörige im Koma li

Welche Phasen der „Trauer“ müssen durchlebt werden? Es geht dabei (noch) nicht um Hospizarbeit. Z.B. muss von Familien verarbeitet werden, wenn ein junger Mensch durch einen Unfall aus seinem Alltag grissen wird, in den er wonmöglich so nie wieder zurück kann. Wie kann man solche Menschen begleiten? 
Danke für eure Hilfe.

Hallo an die Fragende(n)!

Ich möchte zu Beginn vorausschicken, dass das keinesfalls mit einem Satz beantwortet werden kann und hier die Plattform, die ja sehr unpersönlich ist, dazu auch sehr ungeeignet ist. Es ist ein sehr umfassendes Thema und dazu gehört einfach der direkte persönliche Kontakt, um wirklich eine umfassende Hilfe und Möglichkeiten gegeben werden können, die zu dem Trauernden einen Weg finden, der Hilfe geben kann.
Eine Trauer muss nicht mit Hospizarbeit zu tun haben, aber ich weiss nicht, warum dies hier im Text kategorisch ausgeschlossen wird. Eine Trauer ist auch schon möglich vor dem Ableben eines Menschen. Es sind Menschen, die „sterbenskrank“ sind, also wissen, dass eine Heilung nicht möglich ist, dann sind (meist „nur“ die Angehörigen) Betroffene traurig, traurig darüber, dass die Zeit, die sie mit dem Schwerstkranken verbringen können, sehr begrenzt ist. Das kann auch dann schon sein, wenn die Diagnose gestellt wurde. Aber hier sollte eine Hospizarbeit greifen und zwar nicht nur eine Begleitung für Betroffene und Familie, sondern eine umfassende Hilfe einsetzen. Alles aber nur, wenn die Betroffenen - in zweiter LInie dann die Angehörigen! - dies wünschen. Und immer nur so, wie es erforderlich ist und so, dass es angenommen wird und werden kann! Dazu gehören sehr viel Feingefühl, Rücksichtnahme und manchmal auch viel Zeit zum Reden - nicht zum Missionieren!! Betroffene müssen sich mit der Situation auseinandersetzen, sie können wütend sein, toben, schreien - sie können ignorieren, sie können aggressiv werden, sie können alles ablehnen - völlig in Ordnung - damit muss ein Begleiter/Helfer klar kommen. Dafür gibt es Ausbildung - extra dafür! Irgendwann ist das Bewusstsein so zur Ruhe gekommen, dass Hilfe - in jede Richtung - angenommen werden kann und wird. Dann muss es so sein, dass mit allen Betroffenen gesprochen wird und nachgefragt wird, wie sie sich die Hilfe wünschen. Diese kann in alle Richtungen gehen.
Wenn ein Unfall Menschen aus dem Leben reisst, ist es völlig unverhofft und die Familien sind überfordert. Es sollte vorsichtig eine Annäherung erfolgen, wenn es gute Freunde/Verwandte sind. Keine Hilfe aufdrängen, aber mit kleinen Gesten dafür sorgen, dass es zu jeder Zeit möglich ist, Hilfe zu erhalten. Fragen als Beispiel: soll ich Dich/Euch zu Besorgungen begleiten, ich fahre Euch hin" „Möchtest Du, dass ich zu Euch/Dir komme, damit wir gemeinsam überlegen, was getan werden muss, ich helfe Euch/Dir“ „Möchtest Du/Ihr mit mir reden, Du kannst zu mir kommen, wenn DIr/Euch die Decke auf den Kopf fällt, wenn Du Angst hast, allein zu sein“ "Soll ich b ei Dir schlafen/willst Du bei mir schlafen (leere Wohnung nicht gut). Ich versorge Deine Tiere, ich kaufe dann … ein. usw. Aber keinesfalls drängen, dabei Fingerspitzengefühl haben. Die erste Trauer und der Schreck muss bewältigt werden, jeder geht damit anders um. Es braucht oft eine kleine Zeit, bis das überhaupt ins Bewusstsein dringt, da gleich danach viele Fragen geklärt werden müssen, die Polizei, die Ermittlungen usw. gar keine Zeit lassen, den Schmerz ins Bewusstsein dringen zu lassen. Oftmals ist es möglich, einen Notfallseelsorger daran zu beteiligen, die sind dafür ausgebildet. Weinen ist auf keinen Fall eine Schande, dazu sollte aufgefordert werden - es hilft auch, zu verarbeiten, die Angst, den Stress etwas abzubauen.
Und vor allem - in den Arm nehmen ist eine sehr gute Möglichkeit, den Betroffenen mitzuteilen, dass sie „aufgefangen“ werden, dadurch können sie sich meist „entspannen/fallen lassen“ und hilft, Ängste und Unsicherheit etwas abzubauen.
In jedem Fall sollten Freunde/Bekannte Hilfe suchen, wenn es ihnen auffällt, dass sich die Betroffenen „zu lange“ oder gegen sich selbst auffällig verhalten. Dazu muss aber immer sicher sein, dass Betroffene nicht gerade diesen Weg, diese Art wählen, um ihre Trauer zu verarbeiten. Es ist auch völlig legitim, dass eine Trauerzeit sehr sehr lange dauern kann und völlig in Ordnung, was sie und wie sie es in dieser Zeit tun! Und wenn es laute Partys sind oder anderes, was den Außenstehenden völlig falsch erscheint ::: Jeder geht mit Trauer so um, wie er es für richtig hält und vor allem, wie es ihm gelingt, damit fertig zu werden!! DAS ist das Wichtigste überhaupt. Allerdings darf das nicht so passieren, dass Trauernde gar nicht mehr am Leben teilhaben wollen und Suizidgefahr besteht. Ganz ganz vorsichtig sollten Freunde dabei aber sein oder sich Hilfe holen, die das ausschließen können.
Eine Möglichkeit der Trauerbewältigung ist das Angebot von ambulanten Hospizen (die meisten haben das) mit einem Trauercafe. Dort wird im geschützen Raum eine Möglichkeit angeboten, Gespräche mit anderen Betroffenen zu führen, auch Einzelgespräche, aber auch einfach nur dabei zu sitzen bei Menschen, die auch Verluste erlitten haben in der unterschiedlichsten Art. Keiner muss sich dort zu irgend etwas gedrängt fühlen, es kann auch anonym teilgenommen werden, einfach nur, um zu sehen, dass man nicht allein eine Trauer/einen Verlust zu bewältigen hat. Es sind dort besonders in Trauerarbeit geschulte Mitarbeiter des Hospizdienstes, die auf jeden individuell eingehen werden. Auch auf Wünsche, gleich welcher Art, wird jederzeit Rücksicht genommen. Es ist völlig kostenlos, keinerlei Verpflichtungen. Zu erfragen sind die Zeiten auf jeden Fall über Internet mit der Seite von Ambulanten Hospizdiensten. Jeder, der diese Hilfe möchte, kann jederzeit daran teilnehmen, völlig unabhängig, welcher Glaubensrichtung der Hilfesuchende angehört oder nicht. Auch Freunde oder Bekannte können mitkommen, um eine Unterstützung damit zu geben.
Bei Koma-Patienten ist es hilfreich, dessen Interessen etwas zu kennen. Was für Musik, was für Bücher usw. Das kann am Bett (soweit möglich) vorgelesen oder gehört werden. Und vor allem viel reden, so, als würde der Patient zuhören, ohne eine Antwort geben zu können. Einfach reden über das, was er gern vor der Krankheit getan hat, aber auch über alles, was so in Familie und Umkreis sich tut. Möglichst aufregende/schlechte Nachrichten vermeiden dabei, es weiss keiner, wie das ins Bewusstsein dringt. Das könnte dann einen Heilungsprozess stören.
Wie gesagt, hier darüber zu schreiben ist unheimlich schwer, weil es so vielfältig und auch personenbezogen ist. Man müsste das Gegenüber kennen und vor allem wissen, was gewünscht wird oder getan werden kann, um richtige Vorschläge machen zu können.
Sollte es noch Fragen geben, dann bitte direkt an mich wenden, vielleicht kann ich etwas dabei helfen, eine Situation zu verbessern. In jedem Fall sollte professionelle Hilfe nicht abgelehnt werden, es ist kostenlos, bei einem Hospizdienst seine Fragen zu stellen und dann zu entscheiden, was in Frage kommen könnte.

Ich wünsche viel Kraft, viel Entschlossenheit, aber auch Zeit für jeden selbst, sonst kann man keine Hilfe leisten