Hallo,
Um es Dir verständlicher zu machen. Ich glaube nicht an
Götter. Allerdings, wenn es einen Schöpfer gegeben hätte, ist
er meinem logischen Verständnis nach für alles verantwortlich,
was er erschaffen hat. Folglich auch die Inquisition und alles
weitere schlechte, wie den Teufel mit den drei goldenen Haaren
Wenn Du eh nicht dran glaubst verstehe ich nicht ganz, warum Du die Frage
stellst, warum Gott die Inquisition erschaffen hat. Ich sehe es einfach mal als
eine Art Stilmittel an, wenngleich ich das hier in diesem Thread zu diesem Thema
doch als sehr merkwürdig erachte. Aber das eigentlich nur NB…
Wie ich Dir schon schrieb, wären die Menschen ihres Wesens beraubt, hätte Gott
uns nicht den freien Willen gegeben. Haralds Vergleich mit dem BMW und den
Bremsen finde ich schon ganz nett, mir ist er aber etwas zu technisch. Ich rolle
das nochmal etwas theoretischer auf:
Der freie Wille ist doch die Essenz des Lebens, Deine Fähigkeit, selber zu
entscheiden und auch Verantwortung für Dein Handeln zu übernehmen. Denn aus der
Verantwortung folgt auch die Vergeltung für Dein Handeln, und Vergeltung ist hier
nicht im negativen Sinne zu verstehen. „Vergelts Gott“ ist da ein absolut
positiver Wunsch. Aber auch Menschen auf der Erde können durchaus positiv
vergelten, um mal von Gott ein Stück wegzugehen, an den Du ja eh nicht glaubst.
Was passiert, wenn man Menschen den freien Willen nehmen will, zeigt sich nur
allzu deutlich in diktatorischen Regimen. Alle werden gleich geschaltet, selbst
im engsten familiären Rahmen darf keiner von der Norm abweichen. Weil aber
trotzdem jeder versucht, einen Tick besser zu sein als der andere, entsteht ein
erbitterter Kampf darum, besser vor den „Herrschenden“ dazustehen als die
anderen, daraus erwachsen Denunziantentum, „Radfahrer-Verhalten“ und die
unglaubliche Brutalität, auf denen Diktatoren ihre Fundamente bauen.
Jetzt kann man natürlich vorbringen, dass dieses Streben und die Brutalität nur
daraus entstehen, dass die Menschen wissen, dass es andere Möglichkeiten gibt und
insofern natürlich weiterhin ihren freien Willen haben. Aber: ohne diesen freien
Willen wären es keine Menschen, sondern Ameisen, die den Pheromonen ihrer Königin
hinterher laufen.
Nur: Mit diesem freien Willen kam auch die Möglichkeit, sich an die
allereinfachsten Regeln nicht zu halten. Alttestamentarisch gesprochen: die
ersten Menschen hatten alles, was sie nur wollten, sie mussten sich keine Sorgen
machen, weder über sich selber noch über die anderen. Es herrschte Frieden und
Neidlsoigkeit, weil ja alles im Überfluss da war. Aber genau diesen einen Apfel
mussten sie auch haben - der erste Regelverstoß brachte den Moment der Erkenntnis
mit sich, die Menschen sahen plötzlich kleine Unzulänglichkeiten, die keine Rolle
spielen, plötzlich zählte „das Äußere“ und nicht mehr die inneren Werte - man
schämt sich voreinander.
Das Schöne daran ist: Gott hat uns den freien Willen trotzdem gelassen und nicht
gesagt „OK, das war’s, ihr hattet Eure Chance, Ende damit“. Sogar, als die
Menschen Jesus ans Kreuz genagelt haben. Und mit diesem Willen können wir uns
auch dazu entscheiden, Menschen auch unabhängig von ihrem Aussehen zu beurteilen
und - auch das eine direkte Folge des freien Willens - Verfehlungen zu vergeben.
Ist es also ein „Konstruktionsfehler“ Gottes, den Menschen freien Willen gegeben
zu haben? Nein. Ich weiß zwar nicht, ob Du zufrieden mit Deinem Leben bist, hoffe
es aber zumindest für Dich. Davon ausgehend, dass es einen Schöpfer gibt (woran
ich nunmal glaube) und Du Dich aus freiem Willen entschieden hast, nicht an Ihn
zu glauben, kannst Du eigentlich recht froh sein, dass Gott uns eben diesen
freien Willen gegeben hat. Denn sonst würd es Dich so, wie Du bist, nicht geben.
Dich aber als „Konstruktionsfehler“ zu bezeichnen würde wohl weder Dir noch sonst
jemandem einfallen - und das ist auch gut so…
OK, jetzt es ist ziemlich lang und theoretisch geworden
Christian