Servus,
es handelt sich um eine Darstellung der Heiligen Maria Muttergottes, die ihrem Sohn Jesus Christus ganz züchtig aus einer Schale zu Trinken gibt, damit man so etwas Schlimmes wie eine Brust der Hl. Maria nicht darstellen muss.
Den Gesichtszügen nach könnte diese Darstellung aus dem koptischen Christentum stammen.
Einzelheiten dazu - die Form des ganzen Stücks ist ungewöhnlich - lassen sich ohne Größenangaben, Kontext und ein Foto, das man auch ohne um 90 Grad verdrehten Nacken anschauen kann, nicht angeben.
Schöne Grüße
MM
Hallo
Könnte auch äthiopisch sein. Die Gesichtszüge könnten passen und eine karierte Bordüre habe ich in Äthiopien ein paar Mal gesehen, zum Beispiel hier:
Ausserdem besitze ich ein äthiopisches Kreuz aus eben so einem dunklen Holz - ist ein beliebtes Mitbringsel.
Gruss, Sama
Für mich ist das die Mutterbrust.
warum auch nicht, die Brust hat ja auch eine symbolische Bedeutung und nur heute, wo wir Babynahrung in Flaschen haben, denken wir uns etwas dabei, wenn eine Mutter ihrem Kind die Brust gibt.
Hallo Aprilfisch, die Größe ist ca. 32,5 cm in der Länge und ca. 12 cm in der breitesten Stelle. Ich habe die Vorder- und Rückseite fotografiert
LG ML
Hallo,
selbstverständlich handelt es sich um eine „Maria lactans“ aka „Madonna lactans“. Und zwar eindeutig keineswegs um eine „züchtige“ Darbietung mit einer Schale, sondern mit der Mutterbrust. Ganz so wie es seit dem 5. Jhdt in der christlichen Ikonographie Tradition ist. Und zwar ohne jede hier vermutete „Züchtigkeit“, die es im Marienkult eh nie gegebn hat. Ganz im Gegenteil (aber das ist ja hier nicht Thema).
Die Assoziation von @Aprilfisch an koptische Stile kann ich zwar nicht nachvollziehen. Aber die Erwähnung der koptischen Christen ist dennoch deshalb hier erwähnenswert, weil sie es nämlich waren, die diesen Typus aus der uralten ägyptischen „Isis lactans“-Ikonographie in die christliche hinübergezogen haben. Es ist eine von zahlreichen Marien- bzw. Maria-Jesus-Typologien, die seit Beginn des Marienkultes im 5. Jhdt. aus den ägytischen Kirchen über die griechischen zu den westlich-lateinischen Kirchen transportiert wurden.
Wenn du aber über die Abbildung hinaus etwas über den Gegenstand erfahren möchtes, den du abgebildet hast, dann wären - selbstverständlich - schon Photos vonnöten, die das Gebilde komplett zeigen. Es deutet sich ja am anderen Ende ein Engel an …
Auch die Rückseite ist dann nicht ohne Bedeutung. Du schreibst unten, daß du solche Photos bereits gemacht hast. Warum zeigst du sie nicht? Du willst doch wissen, „um was es sich handelt“?
Schönen Gruß
Metapher
C:\Users\knubbeltruck\Pictures\2017-01-04\P1030613.jpg
C:\Users\knubbeltruck\Pictures\2017-01-04\P1030614.jpg Entschuldigung, ich hatte die Bilder vergessen. Es sind jeweils die Vorder- und Rückseite. Hilft das etwas weiter. Lg MLDonnerwetter! Ich muß zugeben: Sowas hab ich noch nicht gesehen. Gibt es irgendeine Information, wo du sie her hast?
Sie sehen nicht nach Gebrauchsgegenständen aus. Eher nach liturgischen Requisiten. Die Form, oben rhombisch, unten quadratisch, verbunden griffartig, alle mit einem stilisierten Seil ornamentiert. Auffällig sind die je 2 bzw 4 Einkerbungen im oberen Teil, lassen vermuten, daß sie entweder (z.B. mit Bändern) an irgendetwas befestigt wurden, oder daß etwas an ihnen befestigt wurde. Auch gibt es nicht eine Vorder- und Rückseite, sondern beide Seiten sind gleichrangig ornamentiert.
Die Ikonographie ist allemal christlich. Ich nummeriere sie mit 1a-4a für das 1. Foto, 1b-4b für das 2. Foto.
1a oben: Die heiligen 3 Könige, der Verkündungsengel darüber. Sie sind nicht direkt biblisch (in Math. ist nur von einer unbekannten Anzahl persischer Priester („magoi“) die Rede). Die Legende „drei Könige“ hatte im Ägypten des 3. Jhdts ihren Ursprung.
1a unten: Ein Engel, ebenso wie 3a unten und 4b unten mit unspezifischer Signatur, zweiflügelig, also nach der Engelshierarchie des Pseudo-Dionysius Areopagita aus der untersten Stufe der 9-stufigen Hierarchie. Sie haben vom Oberkörper ab ein seltsame ausladende Bekleidung.
2a oben: Motiv aus der ntl. Offenbarung Apk 12.7ff, Michaels Kampf mit dem Drachen (= dem Satan), abgeleitet aus dem atl. Daniel Dan 10.13ff Michaels Kampf mit dem „Fürsten der Könige Persiens“.
2a unten: Ein Heiliger oder Prophet, von Tieren umgeben. Zwei Raubkatzen, zwei Schafe (?), ein Vogel. Ist sicher nicht der Hl. Franziskus. Zu der Signatur fällt mir ad hoc nichts ein.
3a oben: Die schon beschriebene Maria lactans, jetzt deutlicher zu sehen. Sie hat einen erstaunlich kostbaren Umhang. Hier dürfte die „Maria Himmelkönigin“ gemeint sein. Diese Ikonographie gibt es seit dem 5. Jhdt., seit dem Konzil von Chalkedon 451 war die Bezeichnung theotokos (Gottesgebärerin) dogmatisiert, danach wurde sie vergöttlicht und die Verehrung als „Himmelskönigin“ kam auf.
4a oben: Männliche Gestalt mit zwei Krücken(?) und 4 Flügeln. Das ist aber keine Engelssignatur. Ein Heiliger oder atl. Prophet. Übrigens tragen alle Männer lange Bärte. Das gehört in den ehemals byzantinischen Raum, also Griechenland, Ägypten, Äthiopien, Palästina, Syrien und Anatolien. Und die graphische Gestaltung des Ganzen läßt mich an Äthiopien assoziieren (wie @Sama ja auch).
4a unten: Wieder eine männliche Gestalt mit Kaisermantel und segnender oder Schwurhand
1b oben: Eine (weibliche?) Gestalt (Andeutung von Brüsten?) mit Flügeln. Vielleicht ein Engel. Auf dem Boden ein Mensch, den sie an einer Leine hält. Der Mensch am Boden liegt schützend auf einer weiteren Gestalt. Mutter, ihr Kind schützend? Die Figur erhebt ein Schwert über die Gestalten am Boden. Ein mir ad hoc völlig unbekanntes Mythem. Es sei denn, hier ist Exodus 12.24ff gemeint: JHWH tötet um Mitternacht die Erstgeborenen der Ägypter.
1b unten: Ein König oder Kaiser, hebt die rechte Hand mit eingerücktem Daumen und erhobenen zwei Fingern. Die Schwurhand vielleicht. Der Kaisermantel mit Hermelinbesatz. Das paßt zu weströmischen, meines Wissens nicht aber zu oströmischen (byzantinischen) Herrschern. Ich weiß aber nicht ab wann diese Mode überhaupt üblich war.
2b oben: Maria mit Jesuskind auf dem Arm. Aber keine Maria lactans. Der Umhang deutet ebenfalls auf die „Himmelskönigin“
2b unten: Jesus am Kreuz. Auf dem Kopf, wie eine Krone, ebenfalls ein stilisiertes Kreuz. Solche Signaturen finden sich in orthodoxen Ikonen. Das deutet ebenfalls in den byzantinischen Raum. Unter dem Kreuz zwei Männer, einer mit Mütze, die eine Bischofsmütze andeuten könnte, Aber es fehlt der Hirtenstab. Es könnte Petrus sein, der andere wäre dann Johannes. Das zeigt symbolisch auf die Abhandlung im Johannes-Evangelium Kap 20.1-10.
3b oben: Die erstaunlichste Figur: Eine Gestalt mit vier Flügeln, Kaisermantel und byzantinischer(!) Kaiserkrone. Ihr Gesicht ist eine gruselige Fratze, die das Maul aufreißt. Die Hände sind besitzergreifend ausgebreitet. Das dürfte der „Herrscher dieser Welt“ (archon tou kosmou) sein. Das läßt mich an Joh. 14.30 und 12.31 denken: Jesus im kosmologischen Kampf gegen den „Weltherrscher“ (in anderen ntl. Texten wird er „Diabolos“ oder „Satan“ genannt) „Jetzt wird er Herscher dieser Welt hinausgeworfen werden“. Er ist in dieser Herrscherrolle die aus der persischen Religion übernommene Figur des „Angra Mainyav“ („böser Geist“, mittelpersisch „Ahriman“), der über 3000 Jahre die Menschenwelt beherrscht.
3b unten: Dazu paßt die Gestalt, ebenfalls mit erhobener Schwurhand oder segnender Hand, die Jesus darstellen dürfte. Wie bei allen anderen Figuren fehlt der Nimbus („Heiligenschein“). Das läßt mich ahnen, daß die Gegenstände keineswegs aus irgendwie neuerer Zeit stammen können.
4b oben: Wieder eine, diesmal in schöner Dramatik gezeichnet, Darstellung des Michael im Kampf gegen den Drachen aus der ntl. Offenbarung.
4b unten: Wieder ein Engel ohne spezielle Signatur wie oben erwähnt.
Insgesamt Gegenstände, die sowohl in der Kontur als auch in der Gesamtheit der Symboliken Rätsel aufwerfen. Kannst du das Holz identifizieren? Sieht nach Rosenholz aus, aber das kann wegen der Größe der Objekte nicht sein.
Bin gespannt, ob jemandem Weiteres dazu einfällt. Irgendeine Andeutung über die Herkunft wäre hilfreich.Die Ikonographie insgesamt zeigt, daß es kein populäres Kunsthandwerk sein kann, sie enthält (mir ad hoc nicht weiter entschlüsselbare) sehr urtümliche theologische Raffinessen. Sie weisen aber, bis auf den Hermelinbesatz der Kaisermäntel, alle in den (ehemals) byzantinischen Raum.
Es bleibt spannend.
Schönen Gruß
Metapher
addendum
Es fällt bei den drei großen Objekten noch eine ikonografische Regelmäßigkeit auf:
Auf der Seite, wo unten jeweils ein „simpler“ Engel steht, steht oben eine bekannte biblische Szene.
Auf der anderen Seite steht unten ein „Herrscher“ mit der Zweifinger-Hand, und oben eine menschliche Gestalt mit Flügeln und einer dämonischen, bedrohlichen Signatur.
Des Rätsels Lösung
Daß der obere Teil der Gegenstände eine Kreuzform hat, brachte die Nachforschung auf die Spur: Es handelt sich um sog. Handkreuze, die jeder Priester der koptisch orthodoxen Christen in Äthiopien stets mit sich trägt. Wir lagen also sowohl mit der Assoziation koptisch als auch äthiopisch richtig
Die Handkreuze unterscheiden sich von sog. Vortrags- bzw Predigtkreuzen, welch letztere keinen oder nur einen ganz kleinen unteren Knopf besitzen. Da diese Kreuze in der Regel aus Metall gefertigt sind (sie sind in jeder Preiskategorie im Netz erwerbbar, auch - angeblich - antiquarisch), dürften deine hölzernen Exemplare dann wohl ein handwerkliches Mitbringsel von einem äthiopischen Markt sein.
Mit den Stichworten äthiopisch und koptisch läßt sich dann auch Näheres über die Ikonographie sagen: Die „Herrscher“ sind keine Herrscher, sondern in Äthiopien (aber auch allgemeiner in der koptischen Kirche) besonders verehrte Heilige. Der Handstab (wie in 4a oben) ist ein Attribut von Wandermönchen. In diesem Fall dürfte es auf Johannes den Täufer verweisen, der in Äthiopien besondere Verehrung hat.
Die zwei Abbildungen, die ich unten als „Michael im Kampf mit dem Drachen“ beschrieb, dürfte dann der Hl. Georg sein. Georg wird bei den Kopten ganz speziell als Märtyrer-Heiliger verehrt. Er stammte aus Kappadokien, lebte in Palästina, und wurde 303 n. Chr. während der Christenverfolgung unter Diokletian gefoltert und getötet. Seit dem 12. jhdt und im Kontext der Kreuzzüge wurde der Michael-Drachen-Mythos auf ihn übertragen. Er wurde dann häufig als europäischer Ritter ikonographiert.
Die Heiligen in den unteren Abbildungen kann ich nicht eindeutig zuordnen. Es dürften die besonders kultisch verehrten Eulogius (9. Jhdt), Athanasius (4. Jhdt), Dioskoros (5. Jhdt.) sein. Die teils edle Kleidung bezieht sich mutmaßlich symbolisch auf ihre Bischofswürde oder auf ihre Heiligenwürde.
Auch die extraordinäre Darstellung 3b oben des Archon tou kosmou, des Satan also, weist auf das äthiopische koptische Christentum. In der dortigen Liturgie, in den liturgischen Gebeten, spielt die Warnung und der Kampf gegen ihn als „Beherrscher der Welt“ ein große Rolle.
1b oben kriege ich nicht auf die Reihe. Es könnte die Hinrichtung des Eulogius mit dem Schwert dargestellt sein. Die Flügel der oberen Gestalten geben mir Anlaß für weitere Recherche. Bei Satan kein Problem, weil er ja eh einst der oberste Ratgeber-„Engel“ des atl. Gottes war. Aber der mutmaßliche Johannes Täufer in 4a hat sie auch, wie auch der Henker in 1b. Dämonologisch paßt es aber: Flügel sind Attribute generell für „überirdische“ Wesen, sowohl der englischen, guten als auch der dämonischen, bösen Art.
Schönen Gruß
Metapher
Ich bin begeistert über diese genaue Analyse. Wir haben diese schönen Teile in einer Recyclingbörse erstanden. Vielen Dank, vor allem für die Ausführlichkeit.
Viele Grüße
Momo
Hi Momo,
danke für die Blumen Hat ja, wie a.a.O. gesagt, Spaß gemacht, danach zu forschen. Hast du meine PN an dich gesehen?
Hallo Metapher, danke für alles. Aber wo finde ich die PN und wie stellst du dir den Preis vor.
LG MOMO
Hi,
die PN („private Nachrichten“) findest du in deinem Profil, linke Spalte unten „Nachrichten“. Und eine Meldung dazu findest du oben rechts unter dem Glocken-Ikon.
Gruß
Metapher
Hallo Momo,
du hast die privaten Nachrichten nicht gefunden, oder?
Gruß