Wer kennt dieses Sonderzeichen?

In der Abhandlung „Comicorum Graecorum Sententiae“ des Henri Estienne von 1562 kommt ein griechisches Wort vor,
in das ein unbekanntes Sonderzeichen eingefügt ist:

Sonderzeichen
Wenn man das besagte Zeichen entfernt, erhält man das zweite Wort. Im „Gemoll“ ist dieses aber nicht zu finden.

Hallo,

wenn man statt des offenbaren Fehldruckes
ϕιλομουανδρος
liest, kommt man dem Gemeinten vielleicht näher. Der Liddell-Scott kennt
ϕιλομουσος.
(Der Gemoll übrigens auch, wie ich grad sehe.)
Also: „der die Musen liebende“. Mit
ϕιλομουσανδρος
hätte man eine Kontraktion „ein die Musen liebender Mann“. Es wäre also das omikron verdruckt und das sigma vergessen.

Vorschlag: Such doch dieselbe Stelle in einer anderen Edition, z.B. die letztens bereits erwähnte Cumberland et al.: Comicorum Graecorum Fragmenta (Cambridge 1811), Siehe → hier.

Gruß
Metapher

et ceterum

Du schreibst von einer Ausgabe

Gibt es die? Meinst du nicht 1569?

Und da es die verschiedentlich online gibt: z.b.
https://books.google.de/books?id=4NgPAAAAQAAJ&printsec=frontcover&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false
oder
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb11263549_00003.html?zoom=0.9000000000000004

Wo genau findest du dieses Wort?

Die Schrifttype für die griech. Texte dort ist äußerst eigenwillig, um nicht zu sagen abenteuerlich.

Metapher

Hallo,

es ging nicht um den ersten Buchstaben, sondern um den, der im ersten Wort steht, aber nicht im zweiten und etwas dem alten Schreibschrift-„f“ ähnelt.

1 Like

Servus,

dieser Buchstabe hat sich aus deutscher Kurrentschrift zwischen die griechischen Lettern verirrt, es handelt sich um ein kleines h. Beim f wurde in allen Varianten mit dem Querstrich neu angesetzt.

Schöne Grüße

MM

Hi,

hier die Lösung dieses Rätsels: Im Unterschied zu dem unten Gesagten ist hier nicht
ϕιλομ?υανδρος
zu lesen.

Der griechische Text, der mir beinahe handschriftlich gesetzt zu sein scheint, enthält eine riesige Menge an Ligaturen und Kürzeln. Für ου (insbesondere in ουκ bzw. ουχ zum Beispiel). Und eines dieser Kürzel ist das für …μεν… innerhalb eines Wortes, aber auch, wenn es isoliert steht. So hat zum Beispiel das μεϑυσκομενους Ende von S. 80 dieses Kürzel. Oder das λεγόμενα auf S. 91 (Seitenzahlen des Originalausgabe M.D.LXIX). Auf S. 92 beginnt das griech. Zitat mit
Αν μεν πλεωμεν …
wo die Ligatur sogar gleich zweimal hintereinander steht.

Dein Wort lautet also
→ ϕιλομενανδρος
(den Menander mögend/schätzend)

Gruß
Metapher

Auf S. 93 gibt es bei
εϕωδια περιποιουμενοι
gleich drei Kürzel:
für περι (mit dem alternativen ϖ für π am Wortanfang)
für ου
und für μεν.

griech 1

Dieselbe Ligatur, nämlich den Anhang von „εν“ an „μ“ in „-μεν-“, findet sich (natürlich nicht so häufig) in dieser Edition beim Anhang von „εν“ an „γ“ in „-γεν-“, z.B. in γενος, γενεσϑαι usw.

Hi MM,

das zu vermuten war naheliegend. Aber dann dachte ich: Kurrentbuchstabe in einem Drucksatz? Also lag es nahe, sich die Edition mal selbst anzuschauen …

Auf die Lösung (siehe unten), daß es sich um eine Ligatur handelt, hätte man eher kommen können, wenn der UP, der ja offenbar schon länger an dieser Edition sitzt, uns verraten hätte, daß dieses „Sonderzeichen“ in der Edition zigmal auftaucht bei bestimmten Wörtern, und keineswegs nur bei den Gnomen und Fragmenten des Menandros :slight_smile:

Gruß
M.