Salü, long time no read!
Onkel Hansi hat seinen ‚Professor Knatschke‘ (in der Tat eine Satire, von der bissigeren Sorte) auf Deutsch geschrieben, und das Werk wurde ins Französische übersetzt.
Waltz war in erster Linie alemannophoner Elsässer: Kein Möchtegernfranzose, kein Zubefehlreichsdeutscher. Er wurde geboren in einem frisch vom Deutschen Reich annektierten Elsaß, und als es 1918 wieder erlaubt respektive befohlen war, im Elsaß französisch zu reden, war er bereits 45 Jahre alt - was seinem beißenden Spott und der Verachtung, die er den preußischen Usurpatoren entgegen brachte, keinen Abbruch tat. ‚Professor Knatschke‘ ist eine Abrechnung eines elsässer Buben mit den preußischen Eroberern, die ihn in ihr Reich zwingen wollen. Nach dem „Désastre“ 1940 wurde der in den Südwesten geflohene Waltz in Agen von Gestapo-Beamten aufgespürt, die den Endsechziger nur liegen ließen, weil sie glaubten, sie hätten ihn totgeschlagen - so sehr kann man vor einem Zeichenstift Angst haben.
Onkel Hansis Werk liegt doch schon ein paar Generationen zurück. Einen leichteren Zugang von heute aus findet man à travers Ungerers „Die Gedanken sind frei. Meine Kindheit im Elsass. Diogenes, Zürich 1993, ISBN 3-257-23106-7“. Wie stark die Wirkung von Oncle Hansi auf die elsässer Jugend war, sieht man an den dort abgedruckten Zeichnungen von Ungerer als Schulbub - in dem bösen Spott, mit dem der zehnjährige Tomi z.B. eine Abteilung Wehrmacht beim Essenfassen zeichnet, erkennt man sofort die Handschrift von Waltz. Ungerer - im Gegensatz zu Waltz vollständig dreisprachig Alemannisch - Französisch - Deutsch - hat übrigens eine französische Version des Buches mit etwas abweichendem Text veröffentlicht - er erklärt jeweils dort etwas mehr, wo den Leuten aus dem jeweils anderen Land der Zugang zum Elsaß etwas schwerer fällt.
Ziemlich kommerziell aufgezogen, aber allemal einen schönen Überblick zum Werk von Waltz gibt es im (privaten) „Musée Hansi“ gleich schräg gegenüber der Maison des Têtes in Colmar. Den Zugang zum „Geist“ Hansis allerdings eher im Tomi-Ungerer-Museum in Strasbourg. Allein schon der Videoclip ist den Besuch wert, in dem er schildert, wie er (angeblich) zum Zeichnen gekommen ist: 'Als die Deutschen 1940 im Elsaß eingefallen sind, haben sie aus der Schulbibliothek alles verbannt, was französisch gedruckt war. Und als uns die Franzosen 1945 befreit hatten, haben sie alles hinausgeworfen, was deutsch war. Danach war die Bibliothek leer, also blieb mir nur der Zeichenstift."
Der Onkel Hansi ist 1951 gestorben, daher kann man die Rechte an seinem Werk heute für lau erwerben. Kanada ist dennoch interessant - schau mal, von wann genau die Ausgabe oder deren Vorbild ist: Professor Knatschke ist 1912 erschienen, als im Elsaß nichts auf Französisch gedruckt werden durfte und Europa im Geist bereits in Richtung Ypern und Verdun marschierte.
Der Preis von 280 Euro spricht für eine Erstausgabe, möglicherweise signiert oder in sehr gutem Erhaltungszustand. Damit würde ich mich aber, wenn es um den Inhalt des Buches geht, nicht abgeben.
Schöne Grüße
MM