Servus,
die sehr wenigen Rinderhaltungen in den deutschen Alpen (der einzigen Gebirgsgegend in D), die es noch gibt, dienen vorwiegend der Milchproduktion.
In den Mittelgebirgen gibt es einiges an Weidemast von Rindern. Den Anteil der Weidemast an der Rindfleischproduktion in D habe ich nicht nachgelesen, ich schätze ihn auf deutlich unter fünf Prozent; der Rest läuft nach dem Grundsatz schnell und billig. Die Rinder von Weidemast, die bis zu Schlachtung über 21 Monate alt und über 550 kg schwer werden, bewegen sich dabei in der Größenordnung von Hintergrundrauschen - insbesondere auch, weil bei den deutschen Verbrauchern der traurige Irrtum verbreitet ist, möglichst mageres Fleisch sei gutes Fleisch.
Argentinien befindet sich in dieser Hinsicht derzeit im Umbruch - die Weideflächen werden, wo immer es möglich und billiger als Urwaldrodung ist, unter den Pflug genommen: In bedeutenden Teilen Argentiniens gibt es noch insgesamt eine (in Worten eine) Pflanzenart: Die Glyphosat-resistente Sojabohne; keine Geranien, keinen Schnittlauch, keine Quecke, keinen Kirschlorbeer, keinen Rasen, einfach nichts mehr außer Soja. Die Glyphosat-Behandlung dieser Landstriche erfolgt großzügig aus der Luft - wenn der Junior vom Campesino mit irgendeinem Körperteil extra zur Welt kommt, soll er halt noch ein paar Kinder mehr machen, wird schon eines dabei sein, das richtig funktioniert. Soja ist dabei vor allem cash crop, wird aber auch im Land als Energiefutter eingesetzt, das Ochsen (anders als Stiere) auch bei Weidemast im letzten Abschnitt brauchen. Immer noch gibt es große Flächen in Argentinien, die für den Ackerbau nicht geeignet sind, und da kommt immer noch ein sehr gutes Rindfleisch her.
Im klassischen Steakland USA ist die extensive Weidemast von Rindern die Regel.
Recht gutes Rindfleisch aus europäischer Produktion gibt es aus Nordengland und Schottland (das bleibt hauptsächlich auf der Insel), aus Irland (der Insel mit der Golfstromheizung, wo das Vieh zwölf Monate draußen bleiben kann) und aus Frankreich (wo es außer den nötigen Weideflächen auch die sehr gute Fleischrasse Charolais gibt, die in D nur ziemlich punktuell gehalten wird). Aber auch in den genannten Ländern ist das nicht die Regel, sondern der obere Teil der Skala.
Wenn Du relativ gutes und trotzdem noch deutlich unter 30 € / kg liegendes Rindfleisch aus deutscher Produktion suchst, wirst Du am ehesten beim türkischen Metzger fündig: Die lassen sich auf dem Schlachthof keinen mageren Pofel andrehen. Dort ist es eher schwierig, mit der eher zufälligen Interpretation des Begriffs „Steak“ klarzukommen. Aber für solche Stücke wie Hals, Waden usw. sind die türkischen Metzger verlässliche Adressen.
Ideal ist natürlich der ausreichende Platz in Gefriertruhe oder Gefrierschrank und der Einkauf von (ggf. zerlegten) Rindervierteln bei selbstvermarktenden Erzeugern, bei denen man Rassen, Produktionsverfahren, Fütterung und Haltungsbedingungen kennt. Ist gar nicht mal so sehr teuer, verlangt aber eine Beschäftigung mit der Materie, weil das Rindvieh, das zu einem Viertel komplett aus Hüfte besteht, noch nicht erfunden worden ist: Man braucht dann halt für jedes Stück die passende Verarbeitung oder Zubereitung.
Noch ein Unterschied ist das Reifen: Der Aufenthalt in einem dafür geeigneten Raum ist mit Kosten verbunden - je kürzer das Fleisch abhängt, desto eher kann man beim Wettrennen um den letzten Cent mithalten. US Beef ist viel länger und sorgfältiger gereift als der deutsche Durchschnitt.
Wie auch immer - wenn Du Dich ein bisschen bei den örtlichen Metzgern und auf den Samstagsmärkten umschaust, kannst Du schon auch hier gutes Rindfleisch finden. Da geht es dann halt, wie wenn Du bei einer feinmechanischen Werkstatt aus dem Filstal fragst, ob Du irgendein Teil auch in Zollmaßen, mit Linksgewinde und mit Zulassung für den Einsatz im Ex-Bereich bekommen kannst: „Ha no, dees kenned mir scho macha, aber dees koschded!“
Schöne Grüße
MM