Weshalb hat deutsches Steakfleisch andere Qualität?

Hallo,

vor einigen Jahren war ich in Amerika (Texas) und habe dort mehrmals Steak gegessen. Das Fleisch hatte eine unvergleichlich bessere, zarte Qualität gegenüber den Steaks die ich in Deutschland kaufe. Auch der Fleischgeschmack war super! Ein Freund von mir arbeitete in Argentinien und erzählte mir von Steaks die 4 cm hoch und butterweich sind. „Die zergehen auf der Zunge“ meinte er in seiner Begeisterung. Auch in Steakhäusern bekommt man in der Regel argentinisches Fleisch auf der Speisekarte empfohlen. Nun frage ich, weshalb ist dieser große qualitative Unterschied gegenüber deutschem Steak vorhanden? Unsere Kühe in den Gebirgsgegenden weiden das ganze Jahr auf der Wiese und haben gutes Futter. Anders wird es in Argentinien oder Amerika auch nicht sein, aber trotzdem haben die eine ganz andere positive Fleischqualität, die dort völlig normal ist. Kann mir ein Forenteilnehmer kompetent Auskunft geben? Danke!

Freundliche Grüsse fuerte

Servus,

die sehr wenigen Rinderhaltungen in den deutschen Alpen (der einzigen Gebirgsgegend in D), die es noch gibt, dienen vorwiegend der Milchproduktion.

In den Mittelgebirgen gibt es einiges an Weidemast von Rindern. Den Anteil der Weidemast an der Rindfleischproduktion in D habe ich nicht nachgelesen, ich schätze ihn auf deutlich unter fünf Prozent; der Rest läuft nach dem Grundsatz schnell und billig. Die Rinder von Weidemast, die bis zu Schlachtung über 21 Monate alt und über 550 kg schwer werden, bewegen sich dabei in der Größenordnung von Hintergrundrauschen - insbesondere auch, weil bei den deutschen Verbrauchern der traurige Irrtum verbreitet ist, möglichst mageres Fleisch sei gutes Fleisch.

Argentinien befindet sich in dieser Hinsicht derzeit im Umbruch - die Weideflächen werden, wo immer es möglich und billiger als Urwaldrodung ist, unter den Pflug genommen: In bedeutenden Teilen Argentiniens gibt es noch insgesamt eine (in Worten eine) Pflanzenart: Die Glyphosat-resistente Sojabohne; keine Geranien, keinen Schnittlauch, keine Quecke, keinen Kirschlorbeer, keinen Rasen, einfach nichts mehr außer Soja. Die Glyphosat-Behandlung dieser Landstriche erfolgt großzügig aus der Luft - wenn der Junior vom Campesino mit irgendeinem Körperteil extra zur Welt kommt, soll er halt noch ein paar Kinder mehr machen, wird schon eines dabei sein, das richtig funktioniert. Soja ist dabei vor allem cash crop, wird aber auch im Land als Energiefutter eingesetzt, das Ochsen (anders als Stiere) auch bei Weidemast im letzten Abschnitt brauchen. Immer noch gibt es große Flächen in Argentinien, die für den Ackerbau nicht geeignet sind, und da kommt immer noch ein sehr gutes Rindfleisch her.

Im klassischen Steakland USA ist die extensive Weidemast von Rindern die Regel.

Recht gutes Rindfleisch aus europäischer Produktion gibt es aus Nordengland und Schottland (das bleibt hauptsächlich auf der Insel), aus Irland (der Insel mit der Golfstromheizung, wo das Vieh zwölf Monate draußen bleiben kann) und aus Frankreich (wo es außer den nötigen Weideflächen auch die sehr gute Fleischrasse Charolais gibt, die in D nur ziemlich punktuell gehalten wird). Aber auch in den genannten Ländern ist das nicht die Regel, sondern der obere Teil der Skala.

Wenn Du relativ gutes und trotzdem noch deutlich unter 30 € / kg liegendes Rindfleisch aus deutscher Produktion suchst, wirst Du am ehesten beim türkischen Metzger fündig: Die lassen sich auf dem Schlachthof keinen mageren Pofel andrehen. Dort ist es eher schwierig, mit der eher zufälligen Interpretation des Begriffs „Steak“ klarzukommen. Aber für solche Stücke wie Hals, Waden usw. sind die türkischen Metzger verlässliche Adressen.

Ideal ist natürlich der ausreichende Platz in Gefriertruhe oder Gefrierschrank und der Einkauf von (ggf. zerlegten) Rindervierteln bei selbstvermarktenden Erzeugern, bei denen man Rassen, Produktionsverfahren, Fütterung und Haltungsbedingungen kennt. Ist gar nicht mal so sehr teuer, verlangt aber eine Beschäftigung mit der Materie, weil das Rindvieh, das zu einem Viertel komplett aus Hüfte besteht, noch nicht erfunden worden ist: Man braucht dann halt für jedes Stück die passende Verarbeitung oder Zubereitung.

Noch ein Unterschied ist das Reifen: Der Aufenthalt in einem dafür geeigneten Raum ist mit Kosten verbunden - je kürzer das Fleisch abhängt, desto eher kann man beim Wettrennen um den letzten Cent mithalten. US Beef ist viel länger und sorgfältiger gereift als der deutsche Durchschnitt.

Wie auch immer - wenn Du Dich ein bisschen bei den örtlichen Metzgern und auf den Samstagsmärkten umschaust, kannst Du schon auch hier gutes Rindfleisch finden. Da geht es dann halt, wie wenn Du bei einer feinmechanischen Werkstatt aus dem Filstal fragst, ob Du irgendein Teil auch in Zollmaßen, mit Linksgewinde und mit Zulassung für den Einsatz im Ex-Bereich bekommen kannst: „Ha no, dees kenned mir scho macha, aber dees koschded!“

Schöne Grüße

MM

Das kann nicht wirklich der Grund sein.
In den Südstaaten kostet Rindfleisch kaum halb so viel wie hier.

Hallo,
sehr schöne Erklärung.
Genau so ist es:

Wird nur mit der Brieftasche eingekauft, darf auch nur Billig- und kein Qualitätsfleisch erwartet werden.
Der Durchschnittsdeutsche will Billigfleisch, leider.

Viele Grüße Ferrix

Hier kommen sicher die Größe der Herden und die geringen Transportwege zum tragen.
Das deusche Öko-Bäuerlein, welches wenige Tiere einer guten Rasse auf Weide hält, hat pro kg einen wesentlich höheren Aufwand. Dazu kommt noch das relativ hohe Lohnniveau.
Das Grunddesaster bei uns:
Jeder will möglichst viel verdienen und dabei möglichst billig Superqualität kaufen :wink:

Viele Grüße Ferrix

Servus,

die Verhältnisse in der US-amerikanischen Landwirtschaft lassen sich nicht so unmittelbar mit denen in Europa vergleichen - Weideland kostet in Louisiana einen Bruchteil dessen, was es selbst in relativ billigen Ländern Europas kostet.

Für einen Vergleich, der Angebots- und Nachfrageseite berücksichtigt, ließen sich die Preise für Rindfleisch aus den USA und Argentinien in Deutschland heranziehen. Die Preise von US Beef in Deutschland sind zwar auch von den Transportkosten beeinflusst, aber wenn man grob gepeilte 2 Euro am Kilo abzieht, bewegen sie sich immer noch in der Nähe des Doppelten von deutscher Supermarktware.

Wenn man die Preise von Rindfleisch vergleichen möchte, das unter ähnlichen Bedingungen, aber nach verschiedenen Qualitätsstandards produziert wird, kann man deutsche und französische Verbraucherpreise vergleichen. Interessant übrigens, dass es zwischen diesen beiden Ländern kaum Leerfahrten von Fleischtransporten gibt: Die LKWs, die hochwertiges französisches Rindfleisch nach D bringen, nehmen auf der Rückfahrt billige deutsche Ware für den französischen Markt mit.

Schöne Grüße

MM

Hallo Aprilfisch, ich danke Dir für Deine ausführliche Darstellung der Dinge zur Beantwortung meiner Frage.

Grüsse fuerte

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Richtig.

Dort wird das Fleisch veredelt. Später kaufst du es für
richtiges Geld.

Klar, ist in Deutschland zurück.

Glaubst du das? Aber…Du kennst die Französinen- Franzosen nicht, die
einkaufen. Wehe der Metzger bietet das an. Der kann den Laden sofort dicht machen.
Qualität geht vor und nicht die Ware die aus D kommt.
Gruß
Cg

Das ist aber nicht das Fleisch, das auf deinem Teller landet. Der Deutsche mag sein Fleisch nämlich gerne billig, billig, billig. Deshalb ist die Qualität entsprechend.

Gruß,
Steve

Salü Claude,

es ist dort genau wie hier ein Unterschied zwischen dem, was die Leute sagen und dem, was sie tun.

Selbstverständlich gilt unverändert die Parole von 1973 „on n’a pas d’essence, mais on a des idées“, aber ein SMIC, der gerade mal einen Euro über dem deutschen liegt und gleichzeitig dazu führt, dass in den 90er Départements nicht nur Beurs und die Leute aus dem Senegal inzwischen in der dritten Generation bei der Firma Assedic arbeiten, reicht ganz einfach nicht aus, um das zu kaufen, was man vorgibt, vorzuziehen, wenn ein Reporter einen fragt. Beiläufig: Lidl und Aldi konnten sich in Frankreich festsetzen, weil Carrefour Contact im Rayon Obst und Gemüse den gleichen mediokren Ramsch um 50 bis 100 Prozent teurer anbietet. Der Markt für deutsches Billigfleisch ist da, die LKWs brauchen in keiner Richtung leer zu fahren.

Wenn wir bei unseren Freunden in Orange sind, steht dort auf allen Lebensmitteln „pricemaster“ (oder so ähnlich - wie heißt die große Noname-Billigmarke?), oder sie sind aus dem Garten vor dem Haus. Die beiden haben zwei Jungs durch das Studium zu bringen, das ist nicht geschenkt.

Es gibt durchaus Absatzmärkte in F für billiges deutsches Rindfleisch. Sonst müsste man ja auch nicht die Grenzübergänge in Kehl, Lauterbourg und Stiring-Wendel mit Traktoren blockieren.

  • Schade eigentlich: Das Ende der Périgord-Erdbeeren in D war es, als die Erdbeerbauern aus dem Périgord viel Zeit, Mühe und Geld für Anwälte, Gerichte und Geldstrafen dafür verwendet haben, Lastwagen aus Huelva an der Grenze umzukippen und anzuzünden. Die gleichen Mittel dafür aufgewendet, dass die Kunden in Frankfurt, Dortmund, Köln und Stuttgart lernen, was eine Périgord-Erdbeere von einer Huelva-Erdbeere unterscheidet, wäre besser investiert gewesen.

Die Initiativen gegen die Malbouffe in F hätten bessere Chancen, wenn sie sich nicht am Budget des Russen Gérard Depardieu orientierten, sondern an dem eines x-beliebigen Jean-Jacques Dupont aus Ivry-sur-Seine, Villejuif, Noisy-le-Sec oder Marne-la-Valée.

Und bei diesem Budget muss man halt weg von dem üblichen Steak-Frites und zurück zum Kapaun im Topf am Sonntag, und nur am Sonntag. Dann kann man wirklich gut essen, auch während der Woche, mitsamt all den vergessenenen guten Sachen, die es außerhalb von 75 und dem 90er Gürtel noch gibt, von Cardons über Echalottes grises bis Navets.

Aber wem sage ich das - bist Du nicht auch ein Fan von vergessenen Gemüsen?

Schöne Grüße

MM

Das allerbeste Fleisch gibt es in Argentinien wo an Rindfleisch ausschließlich Ochsenfleisch gegessen wird. Es ist wunderbar marmoriert und zergeht auf der Zunge. Noch eine Länderspezialität ist, dass das Fleisch warm verarbeitet wird, d.h. es hängt nicht ab zum Reifen, sondern wird frisch nach der Schlachtung verkauft.
Besser geht es überhaupt nicht. Meine Meinung.

Grüße Malvenblüte