Wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen ebay-Auktion

Hallo,
vor einigen Tagen erhielt ich eine Abmahnung wegen eines fehlenden OS-Links in einem meiner ebay-Angebote.
Der Auftraggeber, hat eine Rechtsanwaltsgesellschaft aus Hanburg beauftragt.
Dieser Herr betreibt das Abmahngeschäft im großen Stil und setzt für die kleine Verkaufssumme von 9,99 € in der ebay-Auktion, einen Gegenstandswert von 10.000,- € an. Die Kostenberechnung der Kanzlei beläuft sich auf 887,02 €.
Nach dem ersten Schrecken, habe ich die Angelegenheit jetzt meinem Anwalt übergeben.
Meine Frage: Hat jemand diesbezgl. Erfahrung und kann mir vielleicht einen Tipp geben???


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Hallo,

wozu, wenn du dir einen Anwalt genommen hast?

Gruß
Christa

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Da du wohl unstrittig einen Fehler gemacht hast, wird es so ablaufen:
Man wird versuchen, den Wert etwas zu drücken. Einige Gerichte sahen auch schon mal 7500€ als angemessen an.
Und man wird versuchen, die Unterlassungserklärung zu modifizieren.

Aber nochmal: Du hast da einen dummen Fehler gemacht. Als Online-Händler hast du so viele Pflichten, da musst du dich eben regelmäßig beraten lassen.

Ja, aber wieso ist das eigentlich so?

Mein Auto hat aktuell einen Wiederbeschaffungswert von 1000€. Beim nächsten Unfall gebe ich dann einfach einen Wert von 250.000€ an, und die Versicherung hat gefälligst zu zahlen. Und ich würde mich auch damit zufrieden geben, den Wert auf 150.000€ zu drücken, oder wie?

Das Argument kann doch höchstens sein, daß der Artikel vermutlich bereits 1000 mal verkauft wurde, und es daher um Ware im Gesamtwert von 10.000€ geht.

Auf der Suche nach dem Begriff „fehlender OS-Link“ bin ich ich auf einige Details gestoßen.

Der mahnende Anwalt mahnt ja nicht, um freundlich darauf hinzuweisen, dass ein Fehler gemacht wurde und dass der Fehler bestraft werden könnte. Der Anwalt mahnt im Auftrag eines Auftraggebers. Der will freundlich, aber rechtssicher darauf hinweisen, dass jemand einen Fehler gemacht hat und dass dieser Fehler eventuell bestraft werden könnte.

Im Allgemeinen geht es da um das Wettbewerbsrecht. Irgendwo steht, dass man einen Link zu einer Online-Schlichtungsstelle setzen muss. Jeder gute Händler macht sich die Mühe und erarbeitet einen entsprechenden Passus. Nur einer nicht. Der hat damit einen gewissen Vorteil (er hat sich die Arbeit erspart und im Zweifelsfall hat es ein Kunde schwerer, einen Schlichtungsstelle anzurufen).

Einer von den guten Händlern möchte den schlechten Händler darauf aufmerksam machen. Damit das ganze eine gewisse Dringlichkeit bekommt und offiziell wirkt, lässt er das vom Anwalt tippen. Den potentiellen Schaden benennt der gute Händler mit 10.000 €. Daran macht der Anwalt sein Honorar fest.

Es ist also gleichgültig, wie teuer die Produkte des schlechten Händlers sind. Der potentielle Schaden des guten Händlers ist ausschlaggebend.

Und genau da setzt der Anwalt des schlechten Händlers an. Er bezweifelt die Höhe des potentiellen Schadens. Beide Anwälte (oder ein Richter) einigen sich zum Beispiel auf 700 € möglichen Schaden, wodurch die Kosten der Abmahnung auf gut 100 € gesenkt werden (die Zahlen fand ich in einem Beitrag einer Anwaltskanzlei zu dem Thema OS-Link. Quelle

Ich bin eben sehr flapsig mit den Begriffen „guter Händler“ & „schlechter Händler“ umgesprungen. Damit wollte ich Dich, @anon31978621 nicht persönlich angreifen oder diskreditieren. Er sollte plakativ darstellen, wie sich der Gesetzgeber das Thema Abmahnung mal vor vielen Jahren ausgedacht hat.

Ich persönlich finde die Idee gut. In anderen Ländern muss man als „guter Händler“ gleich klagen, wenn man sich vom „schlechten Händler“ benachteiligt fühlt. Da geht es dann um ganz andere Summen und der Prozess dauert in der Regel deutlich länger als bei der deutschen Abmahnung.

Aber die Blüten die es treibt, die Umsetzung, halte auch ich für fragwürdig. Es hat den Anschein, als gäbe es eine regelrechte „Abmahnindustrie“: Anwälte, die den ganzen lieben Tag nichts anderes machen, als Abmahnungen zu verschicken. Das Bundesjustizministerium sieht da bisher kein Handlungsbedarf und geht auf Forderung nicht ein, die einen maximalen Kostenrahmen pro Abmahnung von z.B. 50-100 € vorsehen. Bei der „Abmahnindustrie“ hat man das Gefühl, dass es denen nicht auf die Einhaltung der Regeln ankommt, sondern darauf, möglichst viel Geld mit der Abmahnung zu kassieren, anders lassen sich die Teils utopisch hohen potentiellen Schadenssummen nicht erklären.

Grüße
Pierre

@sweber

Das wäre dein gutes Recht. Und es wäre natürlich das gute Recht des Unfallgegners und seines Versicherers, sich davon unbeeindruckt zu zeigen.

Auch dem Gericht wird es egal sein, ob du 250.000,00 Euro verlangst oder dich mit 150.000,00 Euro zufriedengibst. Wenn du einen Schaden von nur 1.000,00 Euro hast und diesen Betrag zugesprochen bekommst, lautet des Urteil:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.000,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Siehe dazu § 92 ZPO

Du müsstest dann auch den Prozessvertreter der Gegenseite bezahlen und zwar nach dem Streitwert, der sich nicht reduziert, nur weil deine Klage weitgehend abgewiesen wird.

Die Höhe des Streitwerts wird nach dem klägerischen Interesse ermittelt, der ziemlich fiktiv sein kann, wenn nicht gerade die Zahlung einer Geldsumme Gegenstand des Rechtsstreits ist. Und dann gibt es noch lustige Sondervorschriften wie zum Beispiel § 51 GKG.

Ob man das so sagen kann, weiß ich nicht. Jedenfalls kann man nicht den angeblichen Schaden mit den Gestandswert gleichsetzen.

Lange Zeit war es ja üblich, Abmahnkosten als Aufwand zu betrachten und nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) für ersatzfähig zu halten (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB). Das scheint aus der Mode zu kommen und ist meiner Meinung nach auch ein wenig konstruiert. Aber ich könnte mir vorstellen, dass die ersten Gesetze, die sich dieses Themas ausdrücklich angenommen haben, viel später kamen als die GoA. Da haben sich wahrscheinlich erst die Gerichte etwas ausgedacht und danach der Gesetzgeber.

So verhält es sich leider auch. Es lohnt sich aber ein zweiter Blick:

Ich kenne aus erster Hand einen Fall, in dem die Deutsche Umwelthilfe eine Maklerin abgemahnt hat, weil diese in einem Inserat bei einer Pflichtangabe zum Energieausweis einen Buchstaben vergessen hatte. Ein offensichtlicher Flüchtigkeitsfehler, der schamlos ausgenutzt wurde. Verbunden war diese Abmahnung natürlich mit dem Verlangen nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Hätte die Maklerin den Vordruck so unterzeichnet und sich später erneut einen solchen Fehler erlaubt, hätte sie an die Umwelthilfe ein hübsches Sümmchen zahlen müssen. Das ist in der Tat Geschäftemacherei.

Einer solchen Maklerin kann man fast nur eines raten: verklagen lassen! Das Gericht verurteilt die Maklerin zur Unterlassung und droht ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld an. Das Ordnungsgeld fließt aber nicht an die Umwelthilfe. Die hat darum zumindest keinen eigenen wirtschaftlichen Vorteil, wenn sie nun regelmäßig nach Fehlern in den Annoncen der Maklerin sucht. Und das gerichtlich verhängte Ordnungsgeld wird voraussichtlich viel geringer ausfallen als die von der Umwelthilfe gewünschte Vertragsstrafe. Jedenfalls hat das Gericht einen viel größeren Spielraum und kann unter anderem die Häufigkeit der Verstöße gegen das Urteil berücksichtigen.

Geht es hingegen um eine Abmahnung wegen Urheberrechtverstößen, so kann sich der Rechteinhaber nur an den fiktiven Lizenzkosten als Schadensersatz bereichern. Theoretisch ist das keine Bereicherung, sondern nur Ersatz eines Schadens. Die Abmahnkosten jedenfalls sind für den Rechteinhaber nur ein durchlaufender Posten.

Im Urheberrecht gibt es eine Beschränkung in § 97a Abs. 3 UrhG. Vorliegend geht es aber wohl um Wettbewerbsrecht und zwar unter Profis. Wie soll denn ein kleiner Unternehmer, der eine große Firma abmahnen lassen möchte, das bezahlen, wenn er nur 100,00 Euro ersetzt verlangen kann?

Naja, der Anwalt wird sich sicherlich der Sache annehmen, aber es kann ja immer sein, dass jemand in einem ähnlichen Fall Erfahrungen gesammelt hat, die für andere interessant und informativ sind, oder?