Wg. Kohl: Verhältnismässigkeit?!

Helmut Kohl hatte die Namen der Spender schon vor dem jetzigen Gerichtsverfahren verschwiegen, weshalb sollte er sie nun nennen? Zwar drohte ihm der Grünen-Abgeordnete Ströbele Zwangsgeld und Beugehaft an, doch dient dies erst einmal zur Beruhigung der Bevölkerung, für die die Einstellung des Verfahrens unverständlich ist.

Heute und morgen wird zu lesen sein, dass für ein längeres Verfahren die Verhältnismässigkeit nicht gegeben wäre - zu teuer! -, ebenso gäbe es Milderungsgründe für diese Entscheidung, so die Siebte Grosse Strafkammer des Bonner Landesgerichts.
   Welch eine Verhältnismässigkeit ist hier nicht gegeben? Es sei an die siebziger Jahre erinnert, in der die BRD scheinbar durch den Terrorismus so stark bedroht war, dass dafür überdimensionale Etaterhöhungen, z. B. für das BKA, bewilligt wurden, um die Demokratie zu schützen. Oder man denke an die Kosten für den Hochsicherheitstrakt in Stuttgart-Stammheim. Man mag bei Verhältnismässigkeit auch gerne ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts betrachten, dass Haschisch nach wie vor illegal ist, Alkohol jedoch nicht. (Es wurde nur gesagt, dass man bei Haschisch von einer Strafe absehen kann.) Urteilsbegründung: Es stimme zwar, dass Haschisch im Gegensatz zu Alkohol nicht körperlich abhängig mache, aber Alkohol wurde man in erster Linie nicht konsumieren, um sich zu berauschen.
   Es gilt einmal zwei Ecken weiterzudenken. Wenn es in einer vermeintlichen Demokratie möglich ist, illegal Gelder für eine Partei zu sammeln, die damit zusätzlich Wahlkampfmittel zur Verfügung hat oder das Schwarzgeld für „kleine Gefälligkeiten“ weiterreichen kann, so bedeutet das eine grössere Aushöhlung der Demokratie, als der Terrorismus je dazu im Stande gewesen wäre. Hier geht es glasklar um Korruption, und wenn in diesem Land nur noch die Finger für jemanden bewegt werden, das dafür meistbietend zahlt, dann beginnt sich ein Spendensumpf zu einer Kloake über das ganze Land auszubreiten. Wer mag es angesicht solcher Verstrickungen noch demjenigen verdenken, der für ein paar Mark schwarz nebenher arbeitet. Diese Schwarzarbeit wird jedoch, wie es vor wenigen Tagen zu hören war, als Bedrohung für den Arbeitsmarkt angesehen - Schwarzgeld jedoch anscheinend nicht als Bedrohung für Recht- und Verhältnismässigkeit.
   Auch die von der Kammer genannten Milderungsgründe der fehlenden Absicht einer persönlichen Bereicherung sowie der persönlich herabsetzenden Angriffe Kohls in der Medienberichterstattung stimmen nachdenklich. Zwar mag Kohl keine einzige Mark selbst in die Tasche gesteckt haben, aber er war es, der über die illegalen Geldmittel verfügen konnte, und Geld bedeutet Macht! Dass die Medien Kohl zu stark angegangen haben, mag man ebenso akzeptieren, aber es verwundert doch, dass dies für den Ex-Bundeskanzler zutrifft, jedoch anscheinend nicht für die normalsterblichen BürgerInnen. Es ist mir zumindest bis dato nicht bekannt, dass ein Angeklagter besondere Milde erfahren hätte, weil die Medien ihn zu sehr angegriffen hatten. Mir kommt dabei eher das Gegenteil in den Sinn.

In diesem Land ist etwas faul, denn es stinkt gewaltig, denn wenn korrupte Hand die andere wäscht, bleiben beide schwarz.

Kritik: History repeating
Hallo, Marco!

Es entwickelt sich in diesem Brett zur Zeit eine Tendenz, die wir vor einigen Monaten schon einmal hatten. Damals war es ein Hans, dieses Mal bist es Du, der Unmengen von Zeitungsmeldungen einfach so ins Forum stellt. Ich empfinde diese Masse von nahezu unkommentierten Artikeln als „Zumüllen“. Wenn Du ein Thema zur Diskussion stellen willst, dann schreib doch einfach ein paar selbst formulierte Zeilen und dann Deine Meinung. Der Sinn eines Diskussionsforums kann es ja wohl nicht sein, das Gewäsch aus Parteipressemeldungen zu rezitieren!?

Es würde mich freuen, wenn Du einmal über meine Anregung nachdächtest und vielleicht einen guten Mittelweg findest!

Gruß!
Chris

Hallo Chris,

es wäre ein Zumüllen, würde ich täglich etliche Zeitungsmeldungen in dieses Brett setzen. Wie Du jedoch feststellen kannst, trifft dies nicht zu. Dass ich heute mehrere Pressemitteilung hineinsetzte, zeigt die Gegensätzlichkeit auf, und abschliessend gab es einen Kommentar von mir.
   Lieber hätte ich es gesehen, hättest Du Dich dazu geäussert, statt nur von „Gewäsch“ zu sprechen. Dies allein ist zu wenig, weil inhaltslos wie diese Parteien-PMs selbst.
   Was den Mittelweg anbetrifft, so weisst Du doch: „In Gefahr und grösster Not bringt der Mittelweg den Tod“ (Alexander Kluge). Ich weiss nicht recht, muss es jedoch vermuten, dass es zur „modernen Zeit“ gehört, sich nicht mehr über Inhalte aufzuregen, sondern über deren Darstellung.

Seh ich im Prinzip ganz ähnlich wie Du.

Aber die Verhältnissmässigkeit in unserer Justiz ist ein andere Thema. Mich wundert dies immer wieder, nicht nur was diese Korruption angeht, sondern vor allem in Bezug auf Gewaltverbrechen.

Mich würde vor allem interessieren, wofür (wenn nicht für Bestechungen, kleine Gefälligkeiten etc.) man so eine Schwarzgeldkasse gebrauchen könnte.
Man bricht doch nicht das Gesetz und sieht einer Strafe entgegen, nur um „die Namen der Spender“ zu schützen - oder habe ich in dieser dubiosen Sache da jetzt wieder was durcheinander geworfen?
Für mich ist das alles sehr merkwürdig und die selbstgerechte Art von Herrn Kohl hat sein Ansehen bei mir wesentlich mehr ramponiert als wenn er zugegeben hätte, er wäre bestechlich gewesen oder hätte es nötig gehabt, sich gewisse Dinge zu „erkaufen“, um seine Amtszeit zu verlängern.
Aber er scheint ja nichts zu bereuen. Nur, dass er der CDU geschadet hat, das bereut er.

Hallo Lars!

Man bricht doch nicht das Gesetz und sieht einer Strafe
entgegen, nur um „die Namen der Spender“ zu schützen - oder
habe ich in dieser dubiosen Sache da jetzt wieder was
durcheinander geworfen?

Gut, erst einmal hat Kohl das Geld genommen und nicht geglaubt, erwischt zu werden, wie das ja bei den meisten Kriminellen der Fall ist. Dies veranlasst mich aber zu der Vermutung, dass es gang und gäbe war, Schwarzgeld hin- und herzuschieben. Kohls Biografen sagen ihm ja nach, er hätte genau wusste, wem er einen Gefallen getan hatte und wer ihm einen schuldete. Er schuf Abhängigkeiten in seinem Netzwerk, das er ja nicht erst seit seiner Kanzlerzeit aufgebaut hatte. (Siehe „Schwarzbuch Helmut Kohl“, Bernt Engelmann, Steidl-Verlag.)

Man kann sich sicherlich auch einmal die Frage stellen, ob es die Spender überhaupt gibt. Ist Kohls Schweigen (s)ein typischer Bauerntrotz oder liegt der Grund darin, dass es die vermeintlichen Spender gar nicht gibt, sondern das Geld aus anderen Quellen geflossen ist? Falls letzteres stimmen würde, besässe dies eine ausserordentliche Brisanz, denn je hartnäckiger Kohl schweigt, desto tiefer werden die Strukturen reichen. Ich denke dabei auch an die Aussagen, Regierungsentscheidungen wären nicht käuflich gewesen. Das ist schwer vorstellbar angesichts jener Verknüpfungen, die man in „Allein gegen Kohl, Kiep und Co.“ (Goetz, Neumann, Schröm, Links-Verlag), siehe auch http://www.rupic.de/buch/3861532174.htm, oder „Das gekaufte Parlament“ (Friedhelm Schwarz, Piper-Verlag) nachlesen kann.

Marco

es wäre ein Zumüllen, würde ich täglich etliche
Zeitungsmeldungen in dieses Brett setzen. Wie Du jedoch
feststellen kannst, trifft dies nicht zu. Dass ich heute
mehrere Pressemitteilung hineinsetzte, zeigt die
Gegensätzlichkeit auf, und abschliessend gab es einen
Kommentar von mir.

OK, Du bist mir ein gutes Stück lieber als Hans :smile:, der uns tatsächlich nur unkommentierte, ellenlange Artikel beschert hat. Aber, hättest Du die Pressemeldungen nicht in einem Artikel zusammenfassen können?

   Lieber hätte ich es gesehen, hättest Du Dich dazu
geäussert, statt nur von „Gewäsch“ zu sprechen. Dies allein
ist zu wenig, weil inhaltslos wie diese Parteien-PMs selbst.

Ich äußere mich gerne noch dazu, aber bei der Flut von ots-Artikel fühlte ich mich an ungute Zeiten mit Hans erinnert.

   Was den Mittelweg anbetrifft, so weisst Du doch: „In Gefahr
und grösster Not bringt der Mittelweg den Tod“ (Alexander
Kluge). Ich weiss nicht recht, muss es jedoch vermuten, dass
es zur „modernen Zeit“ gehört, sich nicht mehr über Inhalte
aufzuregen, sondern über deren Darstellung.

Ob es die „moderne Zeit“ (klingt sehr abwertend) ist, die uns genauer auf die Darstellung achten lässt, weiß ich nicht. Es kann auch sein, dass die Inhalte so dünn werden, dass wir uns bei der Kritik zur Darstellung flüchten!?

Also, ich nehme meine Kritik teilweise zurück. Ich finde es immer noch nicht besonders erquicklich, sich lange Partei-Pressemeldungen durchzulesen zu müssen. Vielleicht kannst Du ja auch so sehr lange Zitate verzichten, die - wie Du selbst sagst - inhaltslos sind. Zu den anderen Punkten denke ich, dass ich wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen bin - naja, gebranntes Kind schüttet manchmal einen Eimer Wasser zuviel :wink:!

Gruß!
Chris