"Wichtigkeit" der Ministerämter und Verteilung in Koalition?

Hallo zusammen,

sorry, ich hab damals in Gemeinschaftskunde wohl nicht richtig aufgepasst, darum muss ich hier mal dumm nachfragen: gehen wir mal von einer völlig fiktiven Landtagswahl aus, dabei habe die Partei A 35%, die Partei B 30% der Stimmen erhalten. Parteien A und B entschieden sich, eine Koalition zu bilden.

So, und wer entscheidet nun, wer welches Ministeramt bekommt? Klar, den Ministerpräsidenten wird in dem Fall vermutlich Partei A stellen. Aber was ist mit allen anderen? Gibt’s da eine Reihenfolge? Also dass - gerade bei zwei beinah „gleichwertigen“ Partnern, traditionell die Partei B das xy-Ministerium bekommt?

Und wie ist das bei allen anderen Ministerposten? Werden die nach „Interesse“ der Person (z.B. Berufserfahrung) bzw. der Partei (ein Grüner als Umweltminister) vergeben? Gibt’s da eine „Wertigkeit“ der Ministerämter oder ist das reine Verhandlungssache der Koalitionspartner?

*wink*

Petzi

Hallo,

von allem ein bißchen. Die jeweiligen Parteien haben ja (oder vermuten selbst) bestimmte Kompetenzen. Also setzt man bspw. den Grundschullehrer von den Grünen auf den Posten des Umweltministers und die promovierte Medienphilosophin von der SPD auf den Posten der Sozialministerin.

Natürlich hängt es auch von den Verhältnissen der Stimmanteile und der Machtgeilheit der einzelnen Partei ab, wie viele Posten man sich zugesteht. So konnten die kleinen Parteien CSU und FDP in den Kohlkabinetten immer deutlich mehr Ministerposten für sich verhandeln als ihnen eigentlich zugestanden hätte (ein Beispiel: https://de.wikipedia.org/wiki/Kabinett_Kohl_II), weil die CDU ja sehr gerne regieren wollte, nachdem sie Schmidt das Kanzleramt abgeluchst hatte.

Die Ministerien haben auch unterschiedliche Wertigkeiten. Es gibt die sogenannten fünf großen bzw. klassischen Ministerien (allerdings nur im Bund; Außenministerium, Innenministerium, Justizministerium, Finanzministerium, Verteidigungsministerium), deren Besetzung besonders prestigeträchtig ist.

Aber am Ende ist eben alles Verhandlungssache und dabei geht es natürlich nicht um Machtspielchen und Proporz, sondern darum, den besten Mann oder die beste Frau für das richtige Ressort zu bekommen.

Gruß
C.

Hallo,

kann passieren, wenn man zuviel mit dem/am Teddy spielt :stuck_out_tongue_winking_eye:.

Das ist absolut Verhandlungssache zwischen A und B. Es gibt nirgends keine Vorgabe gar nicht :grin:. Und es gibt auch ministerielle Vorlieben bei den einzelnen Parteien sowie wichtigere und unwichtigere Ministerien. Das Landwirtschaftsministerium (so es eines im Land gibt) ist ziemlich unwichtigt. Justiz- und Innenministerium sehr wichtig. Ich persönlich finde das Innenministerium am wichtigsten. Denn im Bundesrat - der Vertretung der Bundesländer - müssen Ministerpräsident(in) und Innenminister(in) einheitlich abstimmen. Machen sie das nicht, dann werden die Stimmen des Bundeslandes nicht gewertet. Natürlich können sich A und B auch vorher schon auf eine Enthaltung verständigen, damit die Koalition nicht gefährdet wird. Aber manchmal - sehr selten - können sie das eben nicht. Und ein Bundesgesetz, dass A oder B extrem ablehnen, kommt dann nicht zustande. Die Folge ist natürlich extremer Krach, evtl. sogar der Bruch der Koalition mit der Folge von Neuwahlen.

Aber A könnte auch entscheiden, dass B alle Posten stellen darf. Man weiß ja nicht, ob A auch nur eine Tasse im Schrank hat.

Aktuell läuft natürlich in den drei Bundesländern (Wahl vom Sonntag) inhaltliches und personelles Geschachere. Am Ende kommt eine Koalitionsvereinbarung raus oder nicht.

Gruß
vdmaster

Hast Du das aus einer bereits geleakten Erklärung der SPD für RLP? Die sind ja immer für einen guten Gag zu haben.

Gruß
vdmaster

Das ist wohl eine subjektive Einschätzung. In Bayern z.B. ist das Landwirtschaftsministerium (bzw. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) um einiges wichtiger als - sagen wir mal - das Justizministerium.

Da habe ich ernsthafte Zweifel. Natürlich ist das bay. L-Ministerium deutlich wichtiger/wertiger für Bayern als für ein weniger ländlich geprägtes Bundesland.

Da es sich bei Ministern immer um Diven handelt, sofern es um ihre „Wichtigkeit“ geht, scheint mir die Sortierreihenfolge auf der Homepage der Staatsregierung ein grober Anhaltspunkt zu sein.
http://www.bayern.de/staatsregierung/staatsministerien/

Allerdings ist der L-Minister öffentlichkeitswirksamer tätig und futtert sich auf jedem zweiten Stadtfest durch, taucht ggf. auch öfter in der regionalen Presse auf.

Nach welchen Kriterien würdest Du denn die Wichtigkeit festmachen wollen?

Ich glaube, der C-Punkt hat schon recht, wenn er damit nicht die Wichtigkeit des Landwirtschaftsministeriums für Bayern meint, sondern für die CSU.

Das hat einfach für die CSU noch immer so einen Symbolwert, das hätte sie damals, zur Zeit der unvorstellbaren Koalitionsregierung in Bayern, nie der FDP überlassen. Wirtschaft hat gepasst, Justiz wäre auch gegangen, Inneres wäre schwierig geworden, aber Landwirtschaft niemals :wink:

Gruß
F.

Okay, da könnte man der Sache näher kommen. Allerdings müsste sich das auch noch in jüngerer Vergangenheit im Postengeschachere niedergeschlagen haben. Ich muß einräumen, dass ich mir nach Landtagswahlen kaum noch Gedanken um ministerielle Personalien mache. Vor allem nicht in Staaten mit „Einparteiensystem“ :wink:.

Einschränkend muß ich darauf hinweisen, dass Landwirtschaftsminister eine gewisse Neigung zur Rampensau mitbringen müssen (in Bayern sicher auch zur Trinkfestigkeit), während Justizminister (es heisst ja nicht jeder Mass) eher etwas in Richtung Zurückhaltung tendieren werden.

Gint es denn in der königlich-regionalen Blätterlandschaft einen Niederschlag ob der Machtkämpfe um das Amt des Landwirtschaftsministers? Schulhofschlägereien o.ä.?

Bei der FDP sind ja auch Inneres, Wirtschaft und Justiz die traditionellen Kernkompetenzen auf ministerieller Ebene. Den Posten des Außenministers hat traditionell der CSU-Fraktionschef im BT :grin:.

Gruß
vdmaster

Um Mißverständnissen vorzubeugen: https://de.wikipedia.org/wiki/Landesgruppe

Das ist natürlich regional unterschiedlich. In (nicht für) Bayern ist das Landwirtschaftsministerium wichtiger als bspw. in Niedersachsen, obwohl in beiden Bundesländern der Anteil der Landwirtschaft etwa gleich groß ist, was natürlich auch damit zu tun hat, daß die CSU als dominierende Partei ihre Wählerschaft traditionell zu einem erheblichen teil aus dem ländlichen Bereich rekrutiert. Daher ist es - wie schon geschrieben wurde - undenkbar, daß die CSU das LW-Ministerium an einen - gar noch kleineren - Koalitionspartner abgibt. Genauso könnte man erwarten, daß die SPD das Arbeitsministerium in NRW den Grünen überläßt.

Welchen Hintergrund die Sortierung auf der HP hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Da hat wohl jedes Bundesland seine eigenen Präferenzen.

Nö, warum denn?
Bis auf die kurze Phase der Koalition mit der FDP gabs für die CSU ja gar keinen Koalitions-Anlass zum Schachern.

Parteiintern ist das Prestige dieses Ministeriums natürlich nicht so hoch angesiedelt wie im Außenverhältnis. Außerdem gilt für den bayerischen Landwirtschaftsminister mehr als für jeden anderen, dass er (manchmal sehr buchstäblich) ‚Stallgeruch‘ haben sollte.
Da bleiben dann nicht so arg viele Kandidaten übrig :wink:

Gruß
F.

In Ländern geht in der Regel der Ministerpräsident an die stärkere Partei. Je nach Einfluss des Koalitionspartners bestimmt sich die weitere Verteilung (Verhandlungssache). Meist geht das Innenressort an den kleineren Partner.
Das Finanzressort ist aber auch nicht zu verachten, wegen der damit zusammenhängenden Befugnisse (und Sperrmöglichkeiten) für Haushaltsmittel.

Vielen Dank Euch allen, nun fühle ich mich schlauer :slight_smile: