Wie akut ist die Terrorgefahr in München?

Ja, stimmt, insofern war mein „in D noch nichts passiert“ natürlich Blödsinn, weil die Antizipation mit reinspielt.
Aber es ist doch auch jedem in gleicher Weise klar, dass es früher oder später mal wieder zu einem Amoklauf in seiner Heimatstadt kommt oder zu einem größeren Zug-/Flugunglück usw.

Der interessante Punkt ist doch, dass diese „Terrorismus-Angst“ so sehr aus den genannten"normalen" Risiken herausgenommen wird, obwohl sie da eigentlich voll mit aufgehen könnte (ob mein Zug aus technischen Gründen entgleist oder ob er zum Entgleisen gebracht wird, ist doch ziemlich wurscht), weil der Terrorismus, so wie er in seiner heutigen Gießkannen-Form geschieht, halt einfach das eh geringe Risiko beim Fliegen, Zugfahren, Partybesuch usw. nochmal geringfügig erhört. That’s eigentlich all …

Das allesentscheidende am Terrorismus inklusive der „Terrorismus-Massenangst“ ist doch seine politische Sprengkraft.
Und dafür muss der Staat geeignete Lösungen finden, und kann sich nicht auf seine „Sicherheitsdienstleister“-Position zurückziehen.
Da versagt er m.E. aber auf ganzer Linie

Gruß
F.

Nabend,

sehe ich nicht so. Natürlich ist das Ergebnis gleich. Der Leiche kann es später egal sein, ob sie durch eine vorsätzliche Tötung oder einen Unfall (ggf. aufgrund menschl. Versagens/Dummheit) auskühlt. Mit den Restrisiken des Lebens haben wir uns mehr oder minder arrangiert und können sie selbst auch durch eigenes Handeln mitbeeinflussen. Mit Gewalttaten, zu deren Ziel wir ggf. durch reine Willkür eines anderen (Fremden; in Abgrenzung zur Beziehungstat) werden, haben wir uns weniger arrangiert. Und mit den politisch motivierten Gewalttaten mit Tötungsabsicht schon gar nicht.

Die Sorgen gehen dann wohl auch weniger in die Richtung, dass man selbst Opfer eines Terroranschlags werden könnte, sondern dass die Gefahr nicht zu bannen ist und erhebliche gesellschaftliche Umwälzungen zur Folge haben kann. Es geht wohll auch nicht um den einen Anschlag, sondern die Befürchtung, dass „irakische“ Verhältnisse die langfristige Perspektive sein könnten, sich Anschlag an Anschlag reiht.

Zudem: Dem Arschloch auf der Autobahn, der uns von links wegdrängelt, kann man durch defensives Verhalten entgehen. Demjenigen, der nur ein Fleischerbeil braucht, eher nicht. Auch auf „Serienmörder“ (für die Bezeichnung brauchts in D nicht viel) reagieren wir „hysterischer“, weil das Motiv uns nicht in den Kopf will. Dafür wird dann die „Entmenschlichung“ als erklärende Krücke konstruiert.

Sehe ich ebenfalls nicht so. Er kann nur die Sicherheitsdienstleisterposition einnehmen und zusätzlich immer wieder verbal darauf hinweisen, dass etwas passieren kann (eigentlich: wird). Zudem spielt er doch schon den Therapeuten, weil er darauf vorbereitet und den Tipp gibt, sich nicht irre machen zu lassen und das Leben weiterzuleben. Ausnahme sind eben solche Situationen mit verdichtetem Warnhintergrund wie in Munich.

Gruß
vdmaster

Meine Rede, dass die gesellschaftliche/politische Dimension den Unterschied macht. Das sehen wir schon ähnlich.

Das sind die Sicherheitsbehörden, die da in der Tat vieles gut zu machen scheinen, nicht der Staat.
Der Staat ist der, der von Krieg spricht, wenn in einem Club ein paar Leute erschossen werden und der, der seit mehr als einem Jahrzehnt im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ Krieg führt, Bürgerrechte beschneidet, Gefangenenlager betreibt und all das andere - da ist er nicht der „Therapeut“, sondern ganz massiv der Schürer der ‚Angsthysterie‘.

Gruß
F.

Die nichts anderes als ein Teil der Exekutive sind. Daher sind sie auch „der Staat“.

Das ist ebenfalls die Exekutive, die frei (aus der Legislative) gewählt wurde.

Zu den Kriegen: Du meinst die Teilnahme an der von der UNO mit „robustem“ Mandat geforderten Militäraktionen in AFG und anderen Gebieten? In Abgrenzung zu dem durch EU-Vertrag und UN-Resolution (ohne direkte, „namentliche“ Mandatierung) völkerrechtlich legitimiertem Einsatz gegen den IS (hierbei lasse ich mal die Frage der angeblichen Territorialverletzung Syriens außer acht)?

Der Punkt Gefangenenlager sagt mir momentan gar nichts. Du wirst doch hoffentlich nicht Guantanamo meinen. Denn das wäre eine ungerechtfertigte Vermischung und somit Käsequark :wink:.

Ich glaube nicht, dass durch die Annahme internationaler Verantwortung auch in Fragen der Gewaltausübung unnötig Ängste geschürt werden. Wer natürlich - wie meine bereits erwähnte Tante - sich am liebsten international total isolieren und raushalten will, wird vielleicht seine liebgewonnene Ruhe behalten bis es zu spät ist.

Gruß
vdmaster

Du nimmst hier (wie meist) eine extrem auf (völker)rechtliche Belange bezogene Perspektive ein.
Damit kannst du gar nicht verstehen, wovon ich spreche, weils mir nicht im Entferntesten darum geht, ob die angeführten staatlichen Handlungsweisen rechtlich oder moralisch ok sind, sondern schlicht darum, welche Wirkungen sie entfalten.

Ist z.B. doch keine sehr wagemutige These, dass der Staat gehörig an der „Angstspirale“ dreht, wenn er immer wieder eine kriminelle Handlung als Kriegserklärung definiert und selbst mit Krieg und all den anderen angeführten Dingen darauf reagiert. Da hängt doch nichts wesentlich vom Nicht-/Vorhandensein von Mandaten usw. ab.

Gruß
F.

Hallo,

ich nehme unter Berücksichtigung der völkerrechtl. Grundlagen eine Perspektive der internationalen Machtpolitik ein. Da ist nun einmal die UNO das oberste Organ der Welt"gemeinschaft" und beauftragende Exekutive.

Aber ich verstehe nach Deinen Erläuterungen, worauf Du abzielst. Dir geht es darum, dass der deutsche Staat deswegen an der Angstspirale dreht, weil er (mittlerweile) notgedrungen aktiv Handelnder ist. Vor der Wiedervereinigung, und damit noch weit vor der Trans-/Internationalisierung des Terrorismus, waren terroristischen Handlungen weitgehend auf Nationen begrenzt. GB hatte seine IRA, Italien seine Roten Brigaden, Spanier und Franzosen die ETA. In D schlug man sich mit der RAF herum. Natürlich gab es auch hier in geringem Umfang grenzübergreifende Verstrickungen, Anschläge etc. pp.

Al Kaida und noch bedeutend stärker der IS sind aber keine kriminellen Vereinigungen, denen man mit Polizei und StGB beikommen könnte. Der Terrorismus hat mittlerweile eine quasistaatliche Größenordnung erreicht und agiert mit militärischen Mitteln, die mancher Bananenstaat nicht aufstellen könnte. Zeitgleich pfeift er aber auf jede ansatzweise ordnende Regulierung seines Kampfes wie ihn die Staaten für internationale (aber auch nationale) Kriege ausgehandelt haben. Wir haben es hier also mit einer neuen Art der Bedrohung zu tun.

Es geht nicht um den Feind"staat", der - im besten Fall - nur den Sieg davontragen möchte und gewillt wäre, die Zivilbevölkerung einigermaßen zu schonen. Und es geht auch nicht um die Terrorgruppierung, der man nur einige technisch besser ausgestattete Sondereinsatzkommandos entgegenhalten müsste und die - im besten Fall - ihre Anschläge telefonisch mitteilt, damit Opfer vermieden werden können (Bombedrohung mit 30 min Vorwarnzeit, um ein Kaufhaus zu evakuieren).

Hier ist der Feind, aktuell der IS, im Kampf genauso rücksichtslos wie eine fremde Armee zu behandeln. Und seine Akteure unterliegen IMHO auch nicht dem Schutz den zivile Kriminelle unterliegen. Dies gilt auch innerhalb Europas oder Deutschlands. Falls der Staat ihnen aber diesen Schutz zubilligen möchte, dann nur damit er weiter die bestehende Grauzone zwischen Strafrecht und Kriegsrecht ignorieren kann und sich die mühselige Arbeit des Ausdefinierens erspart.

Ich hatte den Fettdruck aus gutem Grund gewählt. Aus Not heraus ist der dt. Staat im Krieg, weil er ihm aufgedrängt wird. Bzgl. des IS nicht etwa durch F, sondern durch den IS.

Ein Herabstufung der Anschläge zu kriminellen Handlungen einer terroristischen Vereinigung würde der Dimension eben nicht mehr gerecht werden. Ich denke, dass hier die Exekutive mit sehr offenen Karten spielt.

Gruß
vdmaster

Ge, da kann ich nur lachen.
Nicht über dich, sondern über die Gangsta Rapper des IS, deren Poser-Sichtweise du hier wiedergibst.

Der Punkt ist doch der: das westliche Staatensystem hat vor eineinhalb Jahrzehnten wem auch immer einen „Krieg gegen den Terror“ erklärt, der aussichtslos verfahren ist und der auf die bisherige Weise auch gar nicht gewinnbar ist. Da kann man den ganzen Nahen Osten in Schutt und Asche legen und wird doch nicht verhindern, dass hierzulande eine diffuse Bedrohungslage herrscht und dass ab und an kriminelle Akte verübt werden, die man unter die Rubrik „Terror“ stellt und als „Krieg definiert“.

Diese Definition der Situation als Krieg sowie die Art und Weise seiner Reaktion auf die Anschläge und den Umgang mit der Bedrohungslage hat dem westlichen Staatensystem genau niemand aufgezwungen, das hat er schon ganz allein selbst konstruiert.

Gruß
F.

Ich teile Deine Sichtweise keinesfalls. Der IS ist keine Lachnummer (wie Du sie darstellst), sondern erschreckend gut organisiert und besonders fähig auf der Medienklaviatur zu spielen.

Es hat auch nicht „der Westen“ dem Terror den Krieg erklärt, falls wird das pol. Schlagwort des Herrn Bush mal nicht überbewerten. Dies war die UNO in zahlreichen Resolutionen und Mandaten, allerdings in dieser Klarheit erst nach dem 11.09.2001 und als Reaktion der offenen Kriegserklärung der (transnational handelnden) Terroristen durch Handlung. Den Krieg haben ganz klar die Terroristen begonnen und die Staatengemeinschaft kann sich ihm nicht entziehen, ihn ignorieren, verleugnen oder auf die bekannte Ebene des „rein kriminellen“ herabdefinieren.

Wir werden hier aber sicher nicht mehr zusammenkommen, weswegen ich an der Stelle auch (im beiderseitigen Interesse) abbreche. Ohne das Kriegsbeil wg. Dir auszugraben :wink:.

Gruß
vdmaster

Du sollst meine Sichtweise ja gar nicht teilen.
Ein bißchen verstehen, würde mir schon reichen :wink:

Man kann doch auch über gut Organisierte gut lachen …

Gruß
F.

PW: In einer Sondersitzung wird der Bundestag kommende Woche darüber beraten, wie am besten mit gut organisierten Extremisten und ihren abscheulichen Verbrechen umzugehen ist. Wenn sie dann ausreichend über die FIFA gesprochen haben, werden sie auch noch auf den IS eingehen.

Du hast VW vergessen :grin: .

P.S.: Deine psychosoziale Sichtweise darauf, dass der Staat durch Worte den Ängsten von einigen Bürgern Futter gibt, kann ich durchaus nachvollziehen. Das ist aber aus meiner Sicht ein unvermeidbarer Nebeneffekt, wenn man das Kind beim Namen nennen möchte.