Hallo Sven,
in der zwischenmenschlichen Kommunikation lassen sich die Kategorien „richtig“ oder „falsch“ (reagieren) nur dann anwenden, wenn man ein ganz konkretes Ziel dabei vor Augen hat. Dann wäre eine „richitge“ Reaktion wohl die, die zum Ziel führt.
Wenn man die Dinge zwischhen Menschen allerdings so betrachtet, gerät man leicht in die Gefahr den Kommunikationsprozess als etwas Dinghaftes, die Menschen als Mittel zum Zweck anzusehen.
Deshalb bevorzuge ich bei der Beurteilung von Kommunikation zwischen Menschen eher Kategorien wie „gelungen“ oder „authentisch“.
Gelungen wäre eine Kommunikation dann, wenn sich die Beteiligten so mitteilen können, dass sie sich in ihr jeweiliges Gegenüber einfühlen, bzw. nachfühlen können, was die/den andere/n gerade bewegt, was sie/er möchte. So wird Kommunikation zu etwas verbindenden (achte auf den Wortstamm: Commune = Gemeinschaft).
Nun zu deinem Beispiel:
Es gibt ja völlig unterschiedliche Motive, warum dich jemand auf dein Tatto ansprechen kann.
Möglich, dass jemanden das Bild wirklich beeindruckt. Dann mag er vielleicht erfahren, wer das gemacht hat. Ebenso möglich ist es, dass du einfach jemanden gefällst und das Tatoo ist ein Einstieg um ins Gespräch zu kommen. Alle möglichen Motive hier zu ergründen führe zu weit. Ich will damit nur andeuten, dass du an einer Aussage die verschiedensten Dinge ablesen, hineinininterpretieren und vermuten kannst.
Und jetzt kommst du an die Reihe. Denn wenn dich jemand (auf dein Tatoo) anspricht, hast du immer die Wahl. Du kannst die Worte des anderen einen Moment auf dich wirken lassen und dich fragen: Wie fühlt sich das eigentlich an? Dann hast du wie gesagt die Wahl, ob du in ein Gespräch einsteigst, ob du das Angebot des anderen annimmst, ob du und wie weit du dich dabei öffnen willst…
Dann kannst du z.B. nachfragen: Meinst du, dass dir das Bild gefällt oder die technische Ausarbeitung oder gefällt dir das Bild an mir oder möchtest du mich kennen lernen etc. Oder du kürzt die Sache ab und bedankst dich einfach über das Kompliment, egal wem es gerade gilt.
Was Komplimente angeht: Wir misstrauen Komplimenten gern, weil wir gewohnt sind, dass Kommunkiation immer ein Mittel zum Zweck ist (s.o.) Wir sind es gewohnt, Ziele zu erreichen, indem wir andere Menschen manipulieren, ob mit Gewalt oder Lob spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
Eine gelungene Kommunikation findet in dem Augenblick statt, wo du die Bedürfnisse bei deinem Gegenüber erkennst und ihm das mitteilst und wo du zugleich auch deine Bedürfnisse spürst und ihnen nachgehst, also ihnen nicht zuwider handelst. Dann ist jede Reaktion authentisch und damit auch „richtig“, weil sie deinem Gegenüber ebenfalls die Möglichkeit gibt, sich und dich besser wahrzunehmen.
So hat jede Begegnung, jedes Gespräch, egal wie kurz oder ausführlich, etwas Verbindendes.
Und das ist der eigentliche Grund, warum wir miteinander sprechen.
Ich hoffe ich konnte etwas zur Klärung beitragen.