Ein befreundeter Alleinunterhalter in Sachen IT war vor einigen Jahren mal in einer Bank hinter den Alpen tätig. Auftrag war eine möglichst billige Neuinstallation diverser Server. Integrationstests, DSL, Releaseprozess, … waren dort Fremdworte, und Geld wollte man dafür auch nicht ausgeben. Gerade als die ersten zig Server fertig waren, zeigte sich ein gravierendes Kompatibilitätsproblem, und er konnte zusehen, wie einer nach dem anderen in dumpfes Brüten verfiel. Profi genug, hatte er über die eigentliche Beauftragung hinaus einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die Dinger schnell wieder zurück rollen zu können. Der nächste Auftrag fiel dann „etwas größer“ aus, und umfasste den Aufbau einer Integrations-Testumgebung, und die Einführung eines Releasemanagements mit allem, was da so zwingend zu gehört. Danach hat man dann ein größeres Projekt zur ITIL-Einführung aufgesetzt.
Aber ich stolpere auch heute noch recht regelmäßig selbst bei Großkonzernen über „kleine gallische Dörfer“, die sich bislang erfolgreich der Einführung eines professionellen IT-Managements widersetzt haben, und damit lange sogar als die Helden gefeiert wurden, die IT billiger als alle anderen Abteilungen/Niederlassungen produzieren konnten. Bis es dann halt mal irgendwann so richtig knallt!
Inzwischen haben aber selbst Einkäufer zunehmend gelernt, dass dieses Sparen am falschen Ende vollkommen inakzeptabel ist, und so haben wir gerade aktuell mal wieder einen Auftrag diverse weltweite Standorte eines großen Unternehmens (natürlich ISO rauf und runter zertifiziert) gegen den Widerstand aller Vor-Ort-ITler und deren „guten Freunden“ aus den 2-Mann-Buden vor Ort mit den Segnungen von ITIL und Co. zu überziehen, und auch dort auf alle Maschinen die Standard-Images nach Konzernvorgabe zu bringen.
Dabei kenne ich die Situation dieser kleinen IT-Buden selbst nur zu gut, und kann deren Nöte in der heutigen Zeit sogar durchaus nachvollziehen. Zu Studienzeiten bin ich auch so über die Lande gezogen, und habe diverse Rathäuser, Mittelständler, … ebenso betreut. Aber die Zeiten haben sich seit DOS 5, Novell 3.11 und dem ersten Windows NT eben doch ganz massiv gewandelt. Die damaligen Abhängigkeiten auf einem System waren Kinderkram im Vergleich zu dem, was die Leute heute so auf einem normalen Arbeitsplatz oder Server zusammenstricken, und die Releasezyklen der Hersteller waren teilweise noch in Jahren zu bemessen. Da hörte man vom Kunden oft Ewigkeiten nichts, wenn nicht gerade mal ein HW-Defekt auftauchte. So ließ sich das damals problemlos nebenbei machen.
Mit zunehmender Virtualisierung, Docker und Co. kommt man zum Glück wieder etwas weg von den hochkomplexen Systemen, die sich in der Zwischenzeit breit gemacht hatten. Aber ich erinnere mich noch gut an die Herausforderung, als ich bei meinem letzten Arbeitgeber noch mal eine Vertretung eines Projektleiters übernommen hatte (obwohl ich da eigentlich schon rein rechtlich unterwegs war), bei der wir für die POS-Arbeitsplätze eines Filialisten den Spaß hatten, 60 Fachanwendungen in einen sauberen Releaseprozess zu bringen, und daraus funktionsfähige Images zu kochen.
Das ist dann nichts mehr für hemdsärmelige Turnschuh-Administration, wenn das auf über 1000 Geräte bundesweit geht, und der Kunde im Weihnachtsgeschäft bei hohem Wettbewerbsdruck Millionenumsätze darüber generieren will, und die Wettbewerber an jeder Ecke zu finden sind, bei denen die IT dann nicht gerade mal wieder dummerweise hängt.