Wie benotet man Kreativität/Talent?

Hallo Zusammen,

ich habe mal eine Frage an die Lehrer und eventuell auch Dozenten bzw. Professoren unter euch, besonders an die, die künstlerische Fächer unterrichten.

Nach welchen Maßstäben wird der kreative Faktor bei schulischen und auch studentischen Arbeiten beurteilt?

Nehmen wir mal an, im Kunstunterricht soll ein Aquarell gemalt werden. Der eine Schüler wendet alle beigebrachten Techniken richtig an und gibt sich wahnsinnige Mühe. Da ja aber nun mal das Ganze mehr ist, als die Summe der Teile, ist das Ergebnis nicht optimal.
Ein anderer wiederum rotzt irgendwas aufs Papier, ist aber mit Talent gesegnet und erzielt dadurch etwas künstlerisch Wertvolles.

Wie benotet man sowas? Zählt nur das Endergebnis? Oder die Mühe? Die Anwendung des Gelehrten? Gibt es einen Standard für die Benotung von Kunst? Wie geht man damit um, wenn ein Schüler einfach keine Phantasie hat?

Fragen über Fragen und schon jetzt die Erkenntnis, dass ich in Lehrerhaut auch nicht stecken möchte. :smile:

Danke für Antworten!

Schöne Grüße
Yasmin

Hallo Yasmin,

Wie benotet man sowas? Zählt nur das Endergebnis? Oder die
Mühe? Die Anwendung des Gelehrten? Gibt es einen Standard für
die Benotung von Kunst?

Ich bin zwar keine Kunstlehrerin, aber ich finde, dass deine Frage auch auf andere Fächer übertragen werden kann. In allen Fächern gibt es Schüler, die sich Mühe geben und trotzdem keine hervorragenden Ergebnisse erzielen, und wiederum Schüler, die stockfaul sind und trotzdem sehr gut sind, weil begabt.

Nun, das Ergebnis ist sicher sehr wichtig. Wenn ein Schüler überdurschnittlich gute Ergebnisse bringt, wäre es unfair, dies nicht zu würdigen und ihn für sein Talent zu bestrafen. Wenn er sich keine Mühe zu geben braucht, warum sollte er?

Allerdings ist es auch wichtig, die Anstrengungen weniger begabter Schüler zu lohnen. Auch wenn die erzielten Ergebnisse nicht optimal sind, sollte man mit guten Noten den Schüler ermutigen.

Gruß
Camilla

Wie benotet man Kreativität/Talent?

Hallo

Es ist wie es immer ist : Kunst ist was gefällt

…und zwar dem Beurteilenden .Da gibt es zwar noch zu beurteilen wie wer welche Techniken angewendet hat ,aber mit wem willst du das diskutieren??? Ich bin selber Künstlerin und kunstbewandert aber ich frage mich immer ,wenn meine Söhne aus der Schule kommen und sich wieder irgedwer angemasst hat ,ein Bild zu beurteilen…
Ich sehe schon die Kriterien ,aber man kann nichts machen,es bleibt beim persönlichen Eindruck.
Ich bin mittlerweile Mitglied der Fachkonferenz „Kunst“ um wenigstens Einblick zu haben in die Abläufe dieser merkwürdigen Bewertungskriterien.

Gruss
KOsmokatze

Hallo Camilla,

so, nachdem ich mich gerade selbst einer Benotung gestellt habe (Semesterabschluss-Klausuren…), hab’ ich auch endlich wieder den Kopf frei, um noch mal nachzuhaken.

Allerdings ist es auch wichtig, die Anstrengungen weniger
begabter Schüler zu lohnen. Auch wenn die erzielten Ergebnisse
nicht optimal sind, sollte man mit guten Noten den Schüler
ermutigen.

Reicht reine Anstrengung wirklich aus, um Bestnoten zu erhalten? Und wenn ja, frage ich mich widerum, ob man dem Schüler damit wirklich etwas Gutes tut. Ich sehe die Gefahr, dass gerade ein junger Mensch, der sich selbst vielleicht noch nicht so gut reflektieren kann, nicht die Möglichkeit erhält, seine eigenen Leistungen richtig einzuschätzen. Und irgendwann im Leben kommt ja häufig doch der Punkt, an dem die Anstrengung nicht mehr ausreicht, sondern nur noch das Endergebnis zählt („Er hat sich stets bemüht“…).

Andererseits meine ich auch, dass Anstrengungen honoriert werden müssen. Nicht nur, um zu ermutigen, sondern auch, weil fehlendes Talent meines Erachtens nach nicht bestraft werden darf, sonst würde man schon fast eher die Gene benoten, als die Leistung.

Es ist wirklich schwer, sich zu diesem Thema eine Meinung zu bilden - für jedes Argument fällt mir ein ebenso plausibles Gegenargument ein…
Werden Lehrer eigentlich im Studium auf solche Aspekte ihres Berufs vorbereitet? Was gibt man euch da mit?

Grübelnde Grüße
Yasmin

Hallo Yasmin,

vielleicht hilft dir da was, was an unserer Schule praktiziert
wird.
Bei groesseren „Projects“ wird immer mit der Aufgabenstellung
ein Schluessel mit nachhause geschickt, wo dann ganz deutlich
die Note aufgetroeselt wird. Das kann man besonders auf kuenst-
lerische Aufgaben uebertragen, also z.B.:

  1. das Thema wurde eingehalten
    O Punkte = ueberhaupt nicht (es wurde ein Haus gemalt, obwohl ein
    Baum verlangt wurde)
    1 Punkt = es wurde ein Baum gemalt, aber ohne Details wie besprochen
    2 Punkte = es wurde ein Baum mit Details (Zweige, Blaetter) gemalt
    3 Punkte = es wurde ein Baum mit Details gemalt, und aus eigenem Antrieb noch Voegel, ein Vogelhaus, Astloecher etc. hinzugefuegt

Das gleiche kann man dann auch fuer die angewandten Techniken,
Materialen, den kuenstlerischen Eindruck usw. usw. machen.

Auf diese Art koennten dann zwei Schueler die gleiche Note bekommen,
die aber voellig anders auf die Aufgabenstellung reagiert haben:
der eine mit Akribie und Fleiss und der andere mit Flair und Begabung.
Beste Note bekaeme der Begabte, der sich an die Vorgaben gehalten
hat und diese kreativ interpretiert hat und sich bei der Ausarbeitung
Muehe gegeben hat.

Einen solchen Schluessel kann man sich eigentlich einmal im
Allgemeinen erstellen und auf viele Aufgaben anwenden.
Neben der Moeglichkeit, auf diese Art Begabung von Fleiss zu
trennen, liefert es auch den SChuelern eine Transparenz was
die Notengebung angeht, sie wird nicht mehr als so willkuerlich
empfunden und sie wissen, worauf geachtet wird und wie sie sich
verbessern koennen.

Gruesse, Elke