Hallo Nepha,
vorab möchte ich sagen, dass ich es etwas schade finde, dass du trotz vieler Antworten so gar keine Rückmeldung gibst. Es wäre ganz schön zu wissen, mit welchen Antworten du was anfangen kannst. Außerdem drängt sich mir bei fehlender Rückmeldung meist zwangsläufig die Frage „Liest er/sie überhaupt noch mit, oder ist meine Antwort ganz umsonst.“ auf. Ich antworte hier mal trotzdem, in der Hoffnung, dass es auch anderen hilft.
Grundsätzlich stimme ich den meisten hier zu, möchte aber noch ein paar Tipps und Gedanken ergänzen.
Vorab möchte ich zu bedenken geben, dass die Frage „WIE beten“ ganz stark von der Frage „WARUM beten“ abhängt. Und das wiederum hängt hauptsächlich vom Gottesbild ab. Grade wenn du noch ziemlich am Anfang deines „Glaubensweges“ stehst, wird dein Gottesbild vermutlich noch nicht so fest(gefahren) sein. Ich halte das, auch wenn man schon länger dabei ist, für gut. Ich halte es für wichtig, dass man zulässt, dass sich das eigene Gottesbild auch immer wieder wandelt. Und damit evtl. auch die Gebetspraxis und vieles mehr.
Aber das nur nebenbei. Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass z. B. jemand, der Gott (krass gesagt) als eine Art Wunscherfüllungsautomat sieht, wohl hauptsächlich Bittgebete im Repertoire hat. Ein anderer glaubt vielleicht, sich mit möglichst vielen Gebeten, den Himmel „verdienen“ zu können. Der wird dann vermutlich eher auf Vater unser, Ave Maria u. ä. zurückgreifen und diese fast mechanisch abspulen. Wieder andere sehen in Gott einfach den guten Kumpel, bei dem sie alles abladen können, was sie den ganzen Tag beschäftigt. Für jemanden, der vor allem zur Ruhe kommen und abschalten möchte, für den kommen wohl eine Reihe von meditativen Gebeten (oder Gesängen) in Frage. Oder jemand, der in Gott den Superman schlechthin sieht, dem man ununterbrochen danken muss/möchte, für den sind Lobpreisgebete/Anbetung passend.
Auch wenn die obigen Beispiele teilweise etwas negativ klingen, halte ich keine dieser Sichtweisen für grundsätzlich verkehrt. Nur wenn es so übertrieben und einseitig gemacht wird, wie ich es dargestellt habe, seh ich das problematisch. Ansonsten darf jeder dieser Gedanken mit ins Gebet hineinspielen. Und je nach Lebenssituation kann der Fokus sicher auch mal sehr deutlich auf einem einzelnen Aspekt liegen. Grade in diesem Thread sieht man auch wieder recht deutlich, dass Gebet für sehr viele einfach heißt, die Beziehung zu Gott zu pflegen. Damit kommen meist auch verschiedene Aspekte des Gebets zum Tragen.
Die Frage wäre also nun, warum willst du beten? Was erwartest oder erhoffst du dir vom Gebet? Welchen Sinn siehst du darin? Vielleicht sagst du ja bei all meinen obigen Beispielen: „Nein, so nicht“. Ich möchte darum vielleicht an einem davon exemplarisch deutlich machen, warum ich es nicht grundsätzlich verkehrt finde. Ich nehm einfach das erste, Gott als Wunscherfüllungsautomat: In der Bibel steht: „Bittet, so wird euch gegeben“. Ganz offensichtlich stimmt das so wörtlich nicht. In den allermeisten Fällen, werden unsere Bitten nicht wirklich erhört. Viele behelfen sich nun mit der Erklärung, dass Gott eben nur die Bitten erfüllt, deren Erfüllung gut für uns ist. Mir persönlich liegt dieses naive „Er wird schon wissen was richtig ist“, überhaupt nicht. Und ich glaube auch nicht, dass man Gott durch Bitten sozusagen überreden muss, zu helfen. Ich glaube, Gottes Kraft ist immer da, ganz egal, wer um was bittet oder nicht. Aber das Gebet (auch das Bittgebet) verändert uns. Es macht uns durchlässiger für Gott und es macht uns klarer, was wir und andere brauchen, schon allein dadurch, dass wir es konkret formulieren. Kurz gesagt, das Aussprechen, von Dank und Bitte, von Klage und Lob, macht etwas mit uns, was ich für unglaublich wichtig halte.
Und damit sind wir auch endlich bei meinem ersten konkreten Tipp. Psalmen! Früher konnte ich damit eigentlich nichts anfangen, aber mittlwerweile gibt es einige Psalmverse, die mit total gepackt haben. Z. B. Psalm 63 „Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser.“
Früher fand ich diese Ausdrucksweise seltsam, ungewohnt, ja schwülstig. Inzwischen empfinde ich es als kraftvolle, bilderreiche Sprache, die mich sehr bereichert. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, nehme ich mittlerweile auch gerne mal an einem Stundengebet teil, das vor allem in Klöstern praktiziert wird und zum größtenteil aus (oft auch gesungenen) Psalmen besteht. Psalmen haben einen ganz eigenen Rhythmus, der einen irgendwie zur Ruhe kommen lässt, selbst wenn einem die Worte grad nichts sagen. Wenn man sich länger damit beschäftigt, wird man feststellen, dass in den Psalmen die ganze Bandbreite der Gefühle vor Gott gebracht wird, mit einer teilweise erschreckenden Heftigkeit. Richtig zum Gebet wird ein Psalm dann, wenn ich ihn wirklich zu meinem Gebet machen kann, wenn ich mit diesen Worten, die vor tausenden von Jahren aufgeschrieben wurden, das ausdrücken kann, was mich heute beschäftigt. Ich hatte eine zeitlang Probleme mit den Feinden und Frevlern, mit den Angriffen und Kämpfen, von denen oft die Rede ist. Das konnte ich so gar nicht auf mein Leben beziehen, bis mir der Gedanke kam, dass man so auch von psychologischen Vorgängen, von inneren Kämpfen usw. reden kann. So ergaben die „Feinde, die vernichtet werden sollen“, einen neuen Sinn für mich. Es macht m. E. überhaupt nichts, wenn einen bei einem Psalm nur ein paar wenige Sätze oder sogar nur einzelne Wörter ansprechen. Man kann evtl. nachdem man den ganzen Psalm gebetet hat, nochmal gezielt danach suchen und diese dann bewusst wiederholen. Die typischen Taize-Gesänge bestehen auch sehr oft aus Psalmversen. Vielleicht spricht dich auch sowas an.
Mein zweiter Tipp ist das sogenannte „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“ von Ignatius von Loyola. Das ist kein vorformuliertes Gebet, wie man vielleicht aufgrund des Namens vermuten könnte, sondern eine Art Gebetsleitfaden, für einen Tagesrückblick. Hier findest du eine sehr schöne Beschreibung:
http://www.exerzitien-herzensgebet.de/Gebet.lb.Aufme…
Wenn man mit diesem Gebet grade erst beginnt, kann es auch sinnvoll sein, sich einen längeren Zeitraum als nur den zurückliegenden Tag anzuschauen. Gut wäre, wenn man sich am Abend vor dem Schlafengehen dafür 10 Minuten Zeit nehmen könnte. Aber da muss jeder schauen, wann es in seinen Tagesablauf am besten reinpasst. Man sollte in dieser Zeit wirklich ungestört sein. Ich halte es bei diesem Gebet auch für sehr sinnvoll, all das auch laut auszusprechen und nicht nur in Stille zu beten. Das hat nochmal eine viel intensivere Wirkung.
Dass du deine Art zu beten immer wieder findest, wünscht dir
M.