Hallo,
die AfD in Meck-Pomm hat ein Video veröffentlicht, in dem buchstäblich jede Sekunde gelogen ist:
Nach einigen Luftaufnahmen hört man eine Frauenstimme: „Mecklenburg-Vorpommern ist meine Heimat. Mein ganzes Leben habe ich hier verbracht. Hier ging ich zur Schule, hier habe ich meinen Mann kennengelernt, hier haben wir ein eigenes Haus gebaut.“
Kurz danach wird ein Pärchen eingeblendet, das einen Kinderwagen vor sich her schiebt. Die gemeinsame Tochter und die sogenannte Flüchtlingskrise seien der Grund gewesen, aus dem die beiden Personen sich entschlossen hätten, der AfD beizutreten.
Das Brisante an dem Video: Fast nichts daran ist wahr. Bei dem Mann handelt es sich um Jean-Pascal Hohm, umtriebiger Aktivist, der mit seinen 21 Jahren bereits etliche rechte Strukturen durchlaufen hat. Hohm war für die Identitäre Bewegung aktiv, Praktikant beim neurechten Netzwerk „Ein Prozent“, sein Geldgeber war bis zuletzt die AfD. Ende Januar zog sich der Student jedoch abrupt aus der AfD zurück. Kurz zuvor war sein Name mehrfach im Gutachten des Verfassungsschutzes aufgetaucht. Und ein Foto wurde publik, das Hohm mit einem führenden Aktivisten der neofaschistischen italienischen Gruppe Casa Pound zeigt. Seitdem ist er von der Bildfläche verschwunden.
Auch die Frau an seiner Seite scheint keinesfalls seine Ehefrau zu sein. Bei der 21-Jährigen handelt es sich um Sinja G., Tochter eines ehemaligen NPD-Funktionärs, die in etwa für die „120 Dezibel“-Kampagne der Identitären Bewegung aktiv war. G. ist zwar in der Tat liiert – allerdings mit einem anderen Mann. Und auch eine Tochter – wie im Video behauptet – scheint es nicht zu geben.
Abgesehen davon scheinen die beiden Protagonisten auch keine Verbindung nach Mecklenburg-Vorpommern zu haben, geschweige denn „ein eigenes Haus gebaut“. Die rechten Aktivisten stammen aus dem südlichen Brandenburg, der ehemalige AfD-Funktionär studiert in Cottbus.
Meine Fragen als Gegner der AfD:
- Welche institutionellen Wege gibt es, gegen solche Desinformation vorzugehen? Lügen sind ja nicht generell verboten. Gibt es zum Beispiel parteiübergreifende Schiedsgerichte?
- Eine rein utilitaristische Frage an die Psychologen: Schadet man der Partei indem man die Lügen öffentlich macht? Oder ist das Niveau der Adressaten so unterirdisch, dass auf der einen Seite manche der AfD alles glauben? Dazu kämen dann noch jene, die den Boten bestrafen und aus Trotz (Jetzt erst recht!) die Lügner wählen?
- Gibt es eine Institution die alle schweren Lügen aus dem politischen Raum archiviert (wie es die NYT bei Trump tut)?
Gruß, Hans-Jürgen Schneider