Die Gezeiten der Erde werden ausschließlich durch die Gravitationskräfte des Mondes (und in geringerem Maße der Sonne) hervorgerufen.
Flieh- oder sonstige Kräfte sind nicht beteiligt.
Dies wird in folgendem Artikel mathematisch hergeleitet:
Zunächst betrachten wir das System Erde-Mond aus dem Inertialsystem heraus, in dem der Schwerpunkt des Systems Erde-Mond ruht. Dieser Schwerpunkt sei gleichzeigig der Nullpunkt des Koordinatensystems.
Vom Mond geht ein kugelförmiges Gravitationsfeld a ( r ) aus:
a ( r ) = -γM ( r - m )/| r - m |³
mit
γ: Gravitationskonstante
M: Mondmasse
m : Ortsvektor des Schwerpunkts des Mondes
Da Erde und Mond kugelförmig sind (und nur dann), erfährt das System Erde als ganzes diejenige Beschleunigung die am Ort e des Schwerpunktes der Erde anliegt, also a ( e ).
So, nun setzen wir uns in das Bezugssystem, in dem die Erde ruht, also unser „natürliches Bezugssystem“, und sehen uns die dort wirksamen Beschleunigungen bzw. Kräfte an. Dabei berücksichtigen wir auch eine eventuelle Rotation der Erde. Der Nullpunkt dieses Systems sei der Erdmittelpunkt e.
Die Transformationsgleichungen lauten:
r’ = r - e
a’( r’) = a ( r ) - a ( e ) + 2( v’ x ω ) + ω x ( r’ x ω )
Der erste Term berücksichtigt die Beschleunigung, die auch im Inertialsystem auftreten, also das Kraftfeld des Mondes, wobei r noch durch e + r’ zu ersetzen ist. Der zweite Term berücksichtigt die Beschleunigung des Nullpunkts des beschleunigten Systems. Der dritte Term ist die Coriolisbeschleunigung. Da die Erde in dem neuen System ruht, ist v’=0 für alle Massepunkte und der Term verschwindet daher. Der letzte Term ist die vielzitierte Fliehkraft, sie wirkt radial nach außen und bewirkt lediglich eine Abplattung der Erde. Sie wird daher im folgenden vernachlässigt. Es verbleibt also:
a’( r’) = a ( e + r’) - a ( e ) = ( r’⋅∇) a ( r ) |r=e
Dies ist die Gezeitenbeschleunigung, die auf die Massenpunkte der Erde wirkt. Wie man sieht, hängt sie ausschließlich von der Gravitationswirkung des Mondes ab und wäre für ein homogenes Feld gleich Null! Beim letzten Gleichheitszeichen wurde der erste Term um den Erdmittelpunkt e taylorentwickelt. Die Auswertung des dabei auftretenden Vektorgradienten liefert nach einiger Rechnung (die auf Wunsch nachgeliefert werden kann):
a’( r’) = γM/d³ (2 r’p - r’s)
mit
d = e - m : Verbindungsvektor von Mond- zum Erdmittelpunkt
r’p: Komponente von r’ parallel zu d
r’s: Komponente von r’ senkrecht zu d
Auf der mondzugewandten Seite zeigt r’p und damit a’( r’) in Richtung Mond. Auf der mondabgewandten Seite zeigt r’p und damit a’( r’) vom Mond weg. Dies verursachte die Flutberge auf beiden Seiten der Erde.
Außerdem wirkt die senkrechte Komponente von a’( r’) entgegen von r’s. Die Erde wird also senkrecht zur Mondrichtung gestaucht. Beides erfolgt aufgrund des Gravitationsfeldes und die Fliehkraft ist gar nicht beteiligt!
Zu beachten ist auch, dass es für obige Herleitung egal ist, ob Erde und Mond um einander kreisen oder sich liniear aufeinanander zu bewegen.
Weitere Erklärungen gibt es hier:
http://web.archive.org/web/20080529101657/http://lei… (mit animierten Sequenzen, leicht verständlich, wissenschaftlich nicht völlig korrekt)
http://www.lhup.edu/~dsimanek/scenario/tides.htm (ausführlich, anspruchsvoll, auf Englisch)