Hallo
Ich habe mit „Damals war es Friedrich“ von Hans-Peter Richter gute Erfahrungen gemacht.
In der Grundschule?
Ich finde, dass man von der NS-Zeit schon ein bisschen was wissen muss, um das Buch zu verstehen. Sonst erschließt sich einem doch gar nicht, wieso sie z. B. bei der Hitlerjugend aufsagen müssen, dass der Jude unser Unglück sei. Und wieso z. B. Friedrich sich ‚wie toll gebärdet‘, als im Kino eine Passkontrolle stattfindet. Was ein KZ ist, wird ja im Buch nicht erklärt. Die anscheinend ziemlich arglose Ich-Person scheint sich ja über Friedrichs Verhalten etwas zu wundern, und wenn sich der Leser auch darüber wundert, ist dann der Zweck des Buches erfüllt?
Genau genommen finde ich an dem Buch ein bisschen merkwürdig, dass die Ich-Person gar keine Haltung dazu entwickelt, was mit seinem Freund Friedrich da passiert. Er spielt anscheinend weiterhin mit ihm, als sei nichts geschehen, als hätte er nichts gehört und gesehen, und nimmt ihn z. B. zum Film ‚Jud Süß‘ mit, ohne sich anscheinend etwas dabei zu denken, nachdem es ja schon Jahre vorher als Fiasko geendet war, dass er ihn mit zur Hitler-Jugend mitbrachte.
Ich denke, eigentlich müsste er doch ein bisschen mitgekriegt haben, dass Juden überall zunehmend verfolgt werden und nirgends mehr hindürfen. - Natürlich hat er es mitgekriegt, er schildert es ja. Aber jemand, der ganz naiv ist, alles so hinnimmt und gar nicht drüber nachdenkt, würde ja tun, was von ihm verlangt wird, und das wäre: Nicht mit Juden spielen. - Wieso also hat der Ich-Erzähler keine eigenen Meinung? Und wenn er keine Meinung hat, wieso verhält er sich dann nicht wie alle anderen? Meines Wissens hatten die meisten ‚normalen‘ Leute 1939 und später keine Kontakte mehr zu Juden.
Es ist auch merkwürdig, dass in dem Buch kein einziger Jude in einem KZ stirbt, sondern bei ganz anderen Gelegenheiten. Der eigentliche Holocaust wird fast völlig ausgespart in dem Buch.
Auch der Spruch, der dem vorangestellt ist:
Damals waren es die Juden.
Heute sind es dort die Schwarzen, hier die Studenten.
Morgen werden es vielleicht die Weißen, die Christen oder die Beamten sein.
Als ob jemand die Studenten vergast hätte, oder morgen die Beamten vergasen wollte. Aber genau dieses Verbrechen ist wohl auch gar nicht gemeint, sondern nur die Begleiterscheinungen wie Ausgrenzung und extremes Mobbing.
Ich finde das Buch gut, um das Thema anschaulich zu machen, aber nicht, um das Thema an Kinder heranzubringen, die davon gar nichts wissen.
Viele Grüße