Hi,
Du hast die Frage etwas abgewandelt und beantwortet.
Einer der Menschen der mir am nächsten in meinem Leben war, saß einige Jahre im Gefängnis wegen Mißbrauch von Schutzbefohlenen.
Kennengelernt hatte ich ihn bevor er in den Knast eingefahren ist. Er sagte mal, er habe was gemacht, was früher gut gewesen sei und wofür er heute verurteilt werden würde. Doch er stritt später immer ab die Kinder / Jugendlichen mißbraucht zu haben.
Nun, ich war nie dabei. Und so ich ihn kennenlernte, originell, humorvoll, geistreich, wortgewandt, konnte bzw. wollte ich mir diese andere Seite nicht vorstellen. War und bin ihm heute gegenüber auch noch sehr ambivalent. Dennoch hat er mir, ohne dass er viel konkret in Worten dazu beigetragen hätte, viel für mich und meine Entwicklung getan.
Nun, er hatte beruflich Teenager um sich, was ja noch kein Indiz für Päderasterie sein muß. Als ihn mal ein jugendlicher Freund besuchte, balgte er sich mit diesem auf dem Bett rum. Einerseits fand ich es lustig und war auch etwas traurig, denn ich hätte gerne mitgemacht. Doch dann kamen bei mir sehr eigenartige, mulmige Gefühle hoch. Und zwar als er den Jungen fragte, ob er ihn ins Ohr beißen dürfe. Das fand ich sehr befremdend. Ich sah seinen suchenden Blick, den er auf den Jungen richtete. Dieser war schüchtern, wirkte in dem Moment nahezu erstarrt. Ich wußte nicht zu reagieren, ein Teil in mir wollte dazwischen gehen, ein anderer meinte, ich würde mir da was einbilden. Als ich ihn später damit konfrontierte, blockte er ab, er müsse da mal drüber nachdenken. Ein oder zwei Tage vorher hatte er noch zu mir gesagt, wie geil ihn das machen würde, wenn ihn jemand ins Ohr beißen würde. Und dann will er in das Ohr dieses jugendlichen Freundes beißen? Very mixed emotions.
Einmal meinte er, eine seiner Freundinnen habe gesagt, sie hätte den besten Sex ihres Lebens mit ihrem Vater gehabt. Na, vielleicht bin ich trotz aller Offenheit doch etwas zu konservativ. Doch da sind bei mir einfach Grenzen erreicht. Selbst wenn der Akt als solches theoretisch als schön empfunden werden könnte, woran ich schon zweifle, wie sollte das klappen bei diesem Ausnutzen von Macht und Vertrauen? Er tat so, als ob der Freier, der Ältere, das Opfer wäre, den die Jugendlichen finanziell sehr ausbeuten würden. Klar, hier ging es um Stricher. Er sah es halt immer aus seiner sehr eigenen Sicht.
Ich hörte mal wie ein paar Frauen über ihn sprachen und sich darüber belustigten, dass er ja kein Mann sei, dass er asexuell sei. Und das wo Sex sein Lieblingsthema war. Er mußte sogar seinem Anwalt schreiben, dass er sich am Morgen einen runtergeholt hat. An seinem Sexleben hatten mehr Leute teil als denen teils wohl lieb war.
Erst war ich ärgerlich über die Aussagen der Frauen. Wie konnte sie so über einen Menschen reden. Doch dann schaute ich ihn mir genauer an. Und ich denke, sicherlich umgab er sich gerne mit Jugendlichen, da diese nicht nur lebendiger waren (was für ihn der Grund war) als Erwachsene sondern sie ihm auch noch nicht so gewachsen waren. Sie himmelten ihn an und er ein seltenes Exemplar an Narzisst genoss es. Einmal meinte er zu mir, natürlich nur im Scherz, der Sinn / Wert meines Lebens wäre der ihn kennen und huldigen zu dürfen. Klar, ich lachte darüber. Doch von ihm kamen halt viele solcher Sprüche, die seine Grandiosität ausdrückten.
Sollte er tatsächlich auch mit diesen Jugendlichen Sex gehabt haben, so wohl deshalb weil seine Sexualität einen auf mich recht unschuldigen / kindlichen Eindruck machte. Ich kann das nicht gut erklären, doch ich hörte mal wie er onanierte (mei, dünne Wände) und das klang mehr wie ein Seufzen. Da war keine Leidenschaft, das klang wie unschuldige Säuglingsonanie. Natürlich ist nicht jeder der keinen leidenschaftlichen Sex hat ein Sexualstraftäter. Nur ich denke einfach, er wäre einer Frau oder einem anderen Mann (bisexuell) nicht gewachsen gewesen.
Auch wuchs er unter Frauen auf, hatte nie eine Vaterfigur kennenlernen dürfen. Und die Frauen waren dann auch noch recht dominant.
Ich kann mir vorstellen, dass eben dieses Unschuldige, dass sie noch keine Frau sind die einen Mann „verschlingen“ kann, ein Grund für sexuelle Übergriffe ist. Wobei natürlich auch leider Jungen sexuelle Übergriffe erleben müssen. Und wenn der Mißbrauch primär im familiären Umfeld stattfindet, dann wohl deshalb auch, nicht nur wegen der Gelegenheit, der „Nähe“, sondern dass teils Tochter mit Mutter ausgetauscht wird. Sprich man(n) holt sich von (Stief-)Tochter, was er nicht von Ehefrau bekommt. Es ist beides Familie, die „ihm“ gehört.
Die Rückfallquote mag sehr hoch sein, doch ich weiß nicht ob das an der Therapieresistenz der Sexualstraftäter liegt (und ich erlebte das Leugnen bei diesem Mann auch bzw. kenne auch aus Interviews Aussagen, dass das Kind / der Jugendliche / die Frau es ja gewollt habe) oder nicht auch eher daran, dass es dafür noch nicht viele gut ausgebildete Fachkräfte gibt bzw. dass hier greifende Therapiemethoden noch gar nicht so sehr erfolgreich entwickelt worden sind.
So ich aus dieser Zeit weiß, wollten viele Therapeuten nicht mit Sexualstraftätern arbeiten, teils weil sie sich überfordert fühlen und teils aber auch, weil sie Angst um ihren Ruf haben, wenn sie „so jemanden“ helfen. Es ist ja scheinbar auch so, dass ein Mörder im Knast mehr respektiert wird als ein Vergewaltiger oder „Kinderficker“. Die sind nach Aussagen eines anderen Ex-Knackis (Drogenkonsum) noch weit unter den Mördern angesiedelt, die wären nur noch Abschaum, das Allerletzte. Sie bleiben auch zumeist in ihren Zellen, um Vergewaltigungen, Pöbeleien und Schlägen aus dem Weg zu gehen.
Es stellt sich also die Frage, sind diese Täter tatsächlich schwer bis nicht therapierbar oder gibt es zu wenig gute Therapeuten / Ärzte und Methoden bislang?
Ciao,
Romana