Hallo Jannis,
Gentechnik kannst du dir vorstellen wie einen großen Werkzeugkasten mit verschiedenen Enzymen und Methoden.
Für die Veränderung von Genen oder die Übertragung von Genen in andere Organismen, z.B. Bakterien gibt es verschiedene Gründe. Der häufigste ist vermutlich, dass man ein Protein mit Hilfe von Bakterien (oder Hefen) herstellen möchte. Man kann auch gezielt Gene ausschalten (in Bakterien, aber auch in höheren Lebewesen) um z.B. zu untersuchen, welche Auswirkungen das hat, um so mehr über die Funktion bestimmter Gene herauszufinden. Die Methoden sind in allen Fällen sehr ähnlich.
Nehmen wir mal das Beispiel, dass ich große Mengen eines bestimmen Proteins herstellen möchte. Das kann prinzipiell erst einmal alles sein, von Insulin bis hin zu weiteren Enzymen, die man dann wieder als Werkzeuge benutzen kann. Nennen wir das Protein mal „Weberulin“.
Bakterien eignen sich gut dafür, viel Protein zu produzieren. Sie lassen sich recht einfach und schnell kultivieren. „Einfach so“ vermehren sie sich allerdings auch nicht, es sind immer Nährstoffe nötig.
Wie du vielleicht weißt, ist ein Gen in der Regel der Bauplan für ein bestimmtes Protein. Gelingt es also, das Gen für mein gewünschtes Protein in ein Bakterium einzuschleusen und das Bakterium zu „überreden“, quasi auf Knopfdruck das Gen einzuschalten, kann ich große Mengen des Proteins produzieren.
Das Gen kann aus unterschiedlichsten Quellen stammen, lass es in unserem Beispiel ein anderes Bakterium sein, wie wär’s mit „Bacillus weberulensis“? Man isoliert zunächst die DNA daraus, indem man die Zellen öffnet (chemisch oder physikalisch, z.B. mit Ultraschall) und die DNA aufreinigt. Dann vervielfältigt man das Weberulin-Gen mit Hilfe der „Polymerase-Kettenreaktion“ (PCR). Dabei kann man an beiden Enden spezielle Gensequenzen zusätzlich anbringen. Diese Sequenzen enthalten Erkennungsmuster für sogenannte Restriktionsenzyme. Das sind in unserem Werkzeugkasten die Scheren, davon gibt es einen Haufen verschiedene, die alle unterschiedliche Gensequenzen erkennen, meistens mit einer Länge von sechs Nukleotiden. Wir schneiden also an beiden Enden diese Sequenzen auf. DNA ist ein Doppelstrang und am praktischsten ist es, wenn dieser Doppelstrang nicht einfach glatt abgeschnitten wird, sondern mit einem überhängenden Ende. Und genau das machen viele dieser Schneide-Enzyme. Das sieht dann z.B. so aus:
—GAATTC---------GAATTC— --> AATTC---------G
—CTTAAG---------CTTAAG— --> G---------CTTAA
In der Regel ist die DNA dazwischen natürlich ein bisschen länger.
Jetzt brauchen wir das von dir schon erwähnte Plasmid. Plasmide sind sozusagen die „Plugins“ von Bakterien. Ein zirkulärer Strang von DNA, der zusätzlich zur genomischen DNA (die jede Zelle haben muss) vorliegen kann und das Bakterium mit Zusatzfunktionen ausstatten kann, z.B. Resistenz gegenüber bestimmten Antibiotika. Plasmide kann ebenfalls aus Zellen isolieren indem man die Bakterien öffnet und die DNA reinigt. DNA unterscheidet sich in ihren Eigenschaften von anderen Zellbestandteilen, dadurch kann man sie vom Rest trennen.
Dieses Plasmid schneiden wir mit den gleichen Restriktionsenzymen wie unser Protein.
…------G AATTC-----…
…------CTTAA G-----…
Wo die Punkte sind, geht das Plasmid weiter und da es kreisförmig ist, haben wir jetzt einen an einer Stelle aufgeschnittenen Kreis.
Da sich immer C mit G und T mit A im DNA-Doppestrang gegenseitig anziehen, werden diese Enden auch „klebrige Enden“ genannt. Bringt man jetzt die geschnittene Weberulin-DNA und das Plasmid zusammen, finden sich automatisch diese überhängenden Enden. Der Doppelstrang hat aber auf beiden Seiten immer noch eine Unterbrechung, dafür brauchen wir aus unserem Werkzeugkasten den Kleber, der nennt sich „Ligase“.
Um dieses Plasmid jetzt in unser Zielbakterium zu bekommen (das Haustierchen der Gentechniker is Escherichia coli), muss man es „transformieren“. Das kann man z.B. chemisch machen oder mit einem elektrischen Puls. Ziel ist, die Zellwand durchlässig zu machen, so dass das Plasmid hineinwandern kann. Das klappt mal mehr mal weniger effizient.
Im Normalfall ist auf dem Plasmid daher nicht nur die Sequenz für das Zielprotein enthalten, sondern auch ein Resistenzgen für ein bestimmtes Antibiotikum. Lasse ich dann die frisch transformierten Zellen auf Medium wachsen, dass dieses Antibiotikum enthält, können nur die überleben, die ein Plasmid abgekriegt haben.
Diese Zellen kann man dann vermehren, in immer größeren Gefäßen bis hin zu riesigen Bioreaktoren.
Das ganze ist natürlich noch ein wenig komplexer, so kann man z.B. die Produktion des „Weberulins“ gezielt starten durch Zugabe sogenannter Induktoren.
Menschliches Erbgut wird man auf diese Weise übrigens nicht verändern. Dafür eignen sich Bakterien schlicht nicht. Theoretisch ginge es mit Viren, aber von einer wirklichen „Gentherapie“ sind wir noch ein gutes Stück entfernt.
Ich lasse mal noch ein paar Fragen für andere offen, der Text ist ohnehin schon zu lang.