Hallo Johannes,
die Inder aus vermögenden, gebildeten Familien (fast alle, die man in Europa treffen kann, zählen dazu), mit denen ich beruflich in Kontakt war, sprachen ausnahmslos ein hervorragend gutes Englisch - das britische Bildungssystem wurde nach der Unabhängigkeit ziemlich nahtlos weitergeführt.
Trotzdem würde ich zum Lernen keinesfalls nach Indien fahren. Besonders im Süden (Bangalore) kann man ein Englisch hören, das eines T.S. Eliot würdig wäre, aber den klitzekleinen Schönheitsfehler hat, dass es fast ohne Konsonanten gesprochen wird - und dafür ist Englisch halt nicht gemacht; nicht ganz leicht zu verstehen und vor allem nicht zur Nachahmung empfohlen.
Außerdem ist zu einem wirksamen „Sprachbad“ immer auch notwendig, dass man im Kontext verstehen kann. Dafür ist zwar die klassische englische Gestik (Oberkörper stocksteif ausgerichtet, Arme am Oberkörper anliegend, beide Hände ruhen auf den Knien, Gesicht ohne erkennbare Mimik) auch nicht so sehr gut geeignet, aber in einem Land, in dem man zuerst eine extra Lerneinheit benötigt, um die Gestik des Gegenübers zu entschlüsseln, ist es auch keine große Hilfe, wenn man leibhaftige Gesprächspartner hat - ich hab z.B. eine Weile gebraucht, bis ich verstanden habe, dass die typische schlängelnde Bewegung mit dem Kopf sowohl „ja“ als auch „nein“ bedeuten kann - deswegen, weil ein wohlerzogener Inder so höflich ist, dass er niemals „nein“ sagen wird.
Also zum Englisch lernen eher nicht - aber allemal zum Kennenlernen eines spannenden Subkontinentes, der alle hundert Kilometer und selbst am gleichen Ort alle zwei Stunden anders ist, der ungeheuer facettenreich ist und jeden Tag viele Überraschungen bietet.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder