Wie kann ich ein mythos werden?

Hallo ihr lieben,
wir machen für den Deutschunterricht eine Umfrage zum Thema Mythos und hoffen, dass ihr fleißig antwortet.

Was verbindest du mit einem Mythos?
Was ist für euch ein Mythos?
Wie kann ich ein Mythos werden?

Dauert nur 3 min…:wink:
Viel Spaß!!!

Hallo,

Was ist für euch ein Mythos?

das hier Hausaufgaben erledigt werden!

Gandalf

Hi Medea (dein Name passt ja schonmal),

Du kannst überhaupt kein Mythos werden, es sei denn eine Katastrophe sorgt für die Vernichtung des Internets, aller Bücher, Steintafeln und jedes Schriftkundigen Menschen.

Ein Mythos ist erstmal mündlich tradiert, im europäischen Bereich bietet Griechenland den Grundstock an Mythen an. Schau mal nach Homer, Nonnos u.a. alten, griechischen Autoren- das dauert für dich auch nur 3 Minuten!

lg
Kate

Ein Mythos ist erstmal mündlich tradiert, im europäischen Bereich bietet Griechenland den Grundstock an Mythen an.

Und dieser griechische Grundstock ist uns mündlich tradiert?

SCNR

Metapher

1 Like

Hi, Kate!

Ein Mythos ist erstmal mündlich tradiert, im europäischen
Bereich bietet Griechenland den Grundstock an Mythen an. Schau
mal nach Homer, Nonnos u.a. alten, griechischen Autoren- das
dauert für dich auch nur 3 Minuten!

Bist du da nicht etwas zu streng?
Für ein Lesebuch (Gymnasium) habe ich mal den Abschnitt „Mythen und Sagen“ zusammengestellt, und dann wurde daran in der Fachliteratur kritisiert, dass ich die „modernen Mythen“ - und da waren dann Popsänger, Filmdiven und Sportler genannt - weggelassen hätte.
Es gibt einen engeren und einen weiteren Begriff von „Mythos“. Man sagt ja doch auch, irgendetwas sei „legendär“ oder „sagenhaft“, und trotzdem kommt es in keiner Legende oder Sage vor.
Und: Was ist denn daran verkehrt, in der Schule vom landläufigen weiteren Begriff zur Einsicht in den engeren Fachbegriff zu kommen? Mir scheint das gewählte Vorgehen ein sinnvoller Zwischenschritt zu sein.
Schönen Gruß!

1 Like

Hallo Medea!

Der traditionelle Mythenbegriff bezieht sich tatsächlich auf die Antike, auf zunächst mündlich tradierte Geschichten, die erst viel später niedergeschrieben wurden und die dazu dienen, „die Gegenwart von ihrem Ursprung her zu erhellen“ (Jan Assmann).

Allerdings hat in den 1960ern Roland Barthes ein Buch mit dem Titel: „Die Mythen des Alltags“ veröffentlicht. In diesem benennt er zunächst einige der modernen Mythen und legt dann im zweiten Teil die Theorie dar, die diesen zu Grunde liegt. Diese ist natürlich sehr komplex und nicht einfach so nachzuplappern, als Hinweis auf seine Intention soll aber dieses Zitat dienen: „Da der Mythos eine Aussage ist, kann alles, wovon ein Diskurs Rechenschaft ablegen kann, Mythos werden. Der Mythos wird nicht durch das Objekt seiner Botschaft definiert, sondern durch die Art und Weise, wie er diese ausspricht.“

(Von mir frei gewählte) Beispiele zur Veranschaulichung:
Der „Mythos“ der deutschen Nationalmannschaft als „Turniermannschaft“,
der „Mythos“ Marylin Monroe etc…

Evtl. kann dir die Wiki-Seite von Barthes weiterhelfen, wo es eine Erklärung dazu gibt, wahrscheinlich ist der französische Beitrag vorzuziehen, wenn man der Sprache mächtig ist.

Gruß
Le Ma

1 Like

Hi

Es kann natürlich sein, dass ich da voreingenommen bin, aber ich halte den Weg, Schülern erstmal die Popkultur einzutrichtern und dann, weil die Unterrichtszeit zu knapp wird, darauf zu beten, dass sie irgendwann herausfinden mögen, worauf sich „Mythos“ wirklich bezieht, für nicht gerade den geeignetsten.

Ich stehe den „modernen Mythen“, wenn es sich nicht um Wandersagen/Urban Legends handelt, sondern um Personenkult, eher skeptisch gegenüber.

Das ist jetzt meine persönliche Meinung: Ich halte den Beweis dafür, dass es sich bei Personen wie Marilyn Monroe u.ä. um Mythen handelt für nicht erbracht. Ich habe dazu schon etwas Literatur gelesen, für mich mangelt es dort jedoch der Begriffssicherheit.

Wir reden ja nicht umsonst von „Filmlegenden“ und „Sportlegenden“, warum? Weil Legenden nunmal der Gattung entsprechen, die für historische Personen zuständig sind. Diese können stark ausgeschmückt und mystifiziert werden, aber die Personen gab es, darum sind Geschichten um sie eher Legenden.
Die Personen in einem Mythos sind für gewöhnlich eben nicht historisch, da sie u.a. auch viel zuweit in vorhistorische Zeit zurückdatieren.

Mir geht der Hype um moderne Mythen darum etwas auf den Geist, weil er in die selbe Inflationsmaschine wie „Kult“ fällt. Alles ist irgendwie Kult, und ein Sänger, der grade seit 3 Monaten 8 jährige Mädchen begeistert, ist plötzlich „Kult“. Während vor 20 Jahren noch sehr viel Arbeit in eine Band, einen Film, ein Image gesteckt werden musste um „Kult“ zu sein, ist heutzutage alles „Kult“, die Werbung lebt es uns vor, der Begriff ist verwässert.
Also bedient man sich des nächst größeren Begriffes „Mythos“ weil es sich noch toller, noch klassischer, noch epischer anhört.

Und dann kaufe ich mir Lexika der Mythologie und finde dort Personen wie Audrey Hepburn oder Figuren wie Batman.

Der einzige, meiner bescheidenen Meinung nach, der dem Stempel Mythos noch irgendwie gerecht werden könnte, ist Elvis.
Ich persönlich mag ihn nicht, aber sein Einfluss ist unausweichlich. Prinzipiell hat er eine starke Legendenbildung angeregt, doch der Grad der Mystifizierung seines Lebens, Ablebens, und untoten Fortlebens (Aliens?) sprengt die übliche Skala. Er ist Kulturgut geworden, hat sich in die Kultur ausgeweitet und lebt seit Jahrzehnten stetig fort, zudem steht er nicht nur an der Spitze einer neuen Bewegung, sondern auch einer neuen Kultur, die sich ebenfalls bis in die Gegenwart fortentwickelt.
Die Erzählungen haben sich hauptsächlich mündlich entwickelt und bei ihm könnte ich noch irgendwie verstehen, wenn man ihn als einen modernen Mythos bezeichnet.

Nimmt man sich das also zum Vorbild, ist es trotz alledem nicht einfach möglich selbst ein Mythos zu werden, weil es nur zu einem sehr geringen Teil von einem selbst abhängt, bzw. von Dingen, die man an sich selbst ändern könnte:
Charisma, besondere Fähigkeiten, eine besonders gute Werbemaschinerie, aber noch viel wichtiger: Das Publikum.
Das „Volk“ ist es schließlich, dass über Mythos und nicht Mythos bestimmt, und dieses Volk braucht Geschichtenerzähler.
Wenn also eine besonders herausstechende Person Stoff für genug Geschichtenerzähler gibt, die ihre Geschichte weit genug im aufnahmewilligen „Volk“ verbreitet, und das ganz sich über Generationen hinweg hält, dann könnte man von einem modernen Mythos sprechen.
Ob es dann tatsächlich je ein Mythos wird, das können wir überhaupt nicht beurteilen, höchstens unsere Nachfahren.

lg
Kate

1 Like

Hi Metapher,

P, man muss natürlich zwischen dem Herkunftsmedium und dem Überlieferungsmedium unterscheiden.

Ich habe mich vor kurzem erst mit koreanischen Volkserzählungen auseinander gesetzt, die wurden mit wenigen Ausnahmen erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts konsequent aufgezeichnet.
Sind sie deshalb etwa ein modernes, schriftliches Phänomen?
Nein, sie sind mündlich tradiert.
Mündlich tradierte Erzählungen weisen ganz andere Eigenschaften auf, als schriftliche Erzählungen und man braucht für sie auch eine andere Forschungsmethode.

Dennoch ist es ein Glücksfall, wenn man verschriftlichte(!) Erzählungen findet. Man kann an ihnen oft noch die mündliche Herkunft ablesen, v.a. wenn der Kompilator sich die Mühe gab, sie möglichst originalgetreu aufzuschreiben und nicht zu sehr zu literarisieren.

Durch Schriftsteller des alten Griechenlands wie etwa Homer haben wir Zugriff auf Mythen, aber die Mythen stammen nicht aus Homers Zeit!
Die Mythen sind wesentlich älter und wir bekommen durch Homer nur eine Momentaufnahme davon. Zusätzlich ist es bei Homer leider der Fall, dass die Mythen stark literarisiert (gedichtet) wurden, doch soweit ichweiß geht die aktuelle Lehrmeinung nicht davon aus, dass alles, was er schreibt, vollkommen auf Homers Mist allein gewachsen ist.

Und nur wenn Homer sich diese Geschichen wirklich ganz allein ausgedacht hätte, oder nur Figuren (Götter, Helden) benutzte, die sonst vollkommen anders rezipiert wurden, könnte man von einer schriftlichen Gattung sprechen.

Genau wie die Volkserzählungen in Korea sind die griechischen Mythen nur schriftlich *abgebildet*, doch bei den griechischen Mythen kommt erschwerend hinzu, dass diese Erzähltradition aussgestorben ist, mWn.

lg
Kate