knallharte Antwort
Hallo Tim,
vorweg: ich weiss ganz sicherlich wovon ich nun schreibe, denn ich habe , wohl im krassen Gegensatz zu den meisten, welche Dir hier Ratschläge erteilen, gekämpft. Mehrmals und mit unterschiedlichem Ausgang (teils kam ich heil davon, teils eben nicht).
Ich trage die Narbe einer Schussverletzung im Oberschenkel und die Narbe einer Stichwunde im Bauch. Ich habe zahlreiche Knochenbrüche auskuriert (Nase, Kiefer, Schädel, Schlüsselbein, Rippen, linke Hand und beide Ellbogen). Ich war jung und wild und einige dieser Auseinandersetzungen habe ich vielleicht gesucht (bzw. ich bin ihnen in grenzenloser Selbstüberschätzung nicht aus dem Weg gegangen) aber die meisten kamen unerwünscht. Nie konnte ich mir meine Gegner wirklich selbst aussuchen und nie meine Chancen im Vorhinein abschätzen. Nie dauerte es länger als wenige Sekunden.
Ich bin 15 Jahre alt
Das ist generell zu jung um zu kämpfen!
Das ist zu jung um über persönliche Bewaffnung nachzudenken!
Ich war 14, als ich das erste Mal in einen knochenbrechenden Kampf verwickelt wurde - zu jung. Man ist immer zu jung oder (heute) zu alt
…und bin vor einigen Tagen am Abend im Ausgang von einigen Ausländern…
Na, wie klingt denn das? Es ist doch wohl grundsätzlich egal wer Dich angreift. Du bist nämlich auch Ausländer - überall wo Dich andere als Ausländer sehen (wollen).
nach einer Zigarette gefragt worden. Ich hatte keine dabei, teilte ihnen dies mit und sie griffen uns an. Ich konnte mich noch relativ gut retten, indem ich davonrannte (sie waren fest alkoholisiert)
Ja, sowas passiert.
doch einen Kollegen haben sie ziemlich erwischt.
Also doch nicht so ganz allein?
Nun wollte ich nach Möglichkeiten fragen, wie ich mich (unter
18 Jahren), selbst verteidigen könnte.
Ich vermute mal, dass Du noch nicht mit der Kapo gesprochen hast… Oder doch? Was haben sie Dir geraten?
Ich dachte so an einen Pfefferspray oder sogar an einen Tazer.
Bei wirklichen Auseinandersetzungen (ich nehme Deine Schilderung jetzt mal als wahr an) - und das weisst Du ja inzwischen - läuft das ganze sehr sehr schnell ab (gar nicht so wie im Film). Die waren von vornherein gewaltbereit und Du hast das, Deiner Schilderung nach, auch sofort erkannt. Du hast keine Chance auch nur in die Tasche zu greifen und eine Pfefferspraydose (oder Elektroschocker) hervor zu fummeln, dann zu entsichern und dann zu zielen und dann abzudrücken/auszulösen. Kaum anzunehmen, dass die ruhig dabei zugesehen hätten (was macht der denn da?!?). Beim Griff in die Tasche bist Du nur noch einhändig und das ist genau der Moment Dich anzugreifen. Und was, wenn es Dir tatsächlich gelingen sollte Deine Spielzeuge anzuwenden? Bleibst Du stehen? Wartest Du ab und harrst der Dinge, wie da vielleicht noch folgen? Oder rennst Du nun? Dann kannst Du auch gleich rennen - es erhöht Deine Chancen, unbeschadet davon zu kommen erheblich. Es ist eben nicht wie im Film. Wenn Du zuschlagen, wenn Du kämpfen musst, dann kämpfe um Dein Leben, denn es gibt kein Drehbuch, keine Regeln und niemand spielt den Ringrichter. Du hast beim Kampf nur eine einzige Chance und die ist, wenn Du keine echten Kampferfahrungen (also nicht jene aus dem Selbstverteidungungskurs) hast, äusserst ungewiss. Du musst Dich also mit absolutem Willen einsetzen. Willst Du das? Kannst Du das? Willst und kannst Du auf jemanden derart entschlossen losgehen (mit Händen, Ellbogen, Beinen, Füssen, Kopf, Zähnen, Schlüssel, Feuerzeug, Kugelschreiber, Handy oder was immer Du gerade in der Hand hälst) und dabei in Kauf nehmen ihn schwerst zu verletzen? Wenn nicht, dann vergiss das mit der Verteidigung. Und was ist mit den anderen bösen Buben? Meinst Du, die stehen drumrum und gucken zu?
Denk mal gründlich drüber nach.
Ich möchte hier drauf hinweisen, dass das schweizerische Waffengesetz lockerer ist als das Deutsche.
Nun, Du scheinst es aber nicht gründlich/richtig gelesen zu haben. Aber das ist kein Problem. Hier:
http://www.admin.ch/ch/d/sr/514_54/index.html
Ich rate Dir von all diesen Selbstverteidigungskursen ab, denn die wirklich brauchbare Selbstverteidigung erlernst Du nur beim Militär (und auch da nur bei entsprechenden Spezialeinheiten) und das ist gar nicht nett, denn es berücksichtigt überhaupt keine dieser hübschen Regeln nach denen sämtliche Kampfsportarten trainiert werden - es geht, sehr sehr unschön - um das Töten von Menschen.
Bessere Techniken lernt man bei der Polizei.
Dir sei geraten - und die anderen haben Dir diesen Tip ja schon gegeben - solchen gefährlichen Situationen schlichtweg aus dem Weg zu gehen, bzw. diese schon im Vorfeld zu vermeiden suchen. Und wenn das nicht mehr geht, dann renn. Das hast Du ja auch getan und damit hast Du den einzig richtigen Weg gewählt. Renn und informier die Kapo (Du wirst sicherlich ein Handy/Natel haben und die Notrufnummer kannst Du immer, auch mit leerer Karte, anrufen).
Ich weiss dass diese Frage relativ schwierig ist, bitte aber
trotzdem um gute Ideen.
Abschliessend: Vergiss diese Ideen von Verteidigung (wenn Du nicht über eine sehr spezielle Militär- oder Polizeiausbildung verfügst und selbst dann kann es auch mal daneben gehen) und speziell die Gedanken an eine bewaffnete Verteidigung.
Ich bin mir bewusst, dass diese Einlassung wohl wenig zu Deiner Begeisterung betragen wird (Du wolltest ja eigentlich was anderes hören/lesen), hoffe aber, dass ich Dir trotzdem bei Deinem Meinungsfindungsprozess hilfreich war.
besorgte und freundliche Grüsse
Ray