Wie können wir helfen?

Hallo zusammen,

in unserem nahen Verwandtenkreis haben wir eine Person, die psychisch am Ende ist und wir verzweifelt versuchen zu helfen, sie jedoch keinen Rat annehmen möchte.

Es gab vor Kurzem eine Trennung von ihrem Ehemann, sie ist ausgezogen. Der Ehemann hat riesigen Sch… gebaut über Monate hinweg und sie hätte eigentlich allen Grund, ihn zu hassen - tut es aber nicht. Im Gegenteil - sie möchte ihn trotzdem zurück und blendet alles, was passiert ist, die Demütigung, die er ihr angetan hat, völlig aus.

Ihre Stimmung schwankt stündlich. Zum einen ist sie so niedergeschlagen, dass sie über Suizid spricht - in den nächsten drei Stunden plant sie schon den nächsten Urlaub oder lädt Leute zu Parties ein.

Sie sitzt niedergeschlagen da - in der nächsten Minute erzählt sie ununterbrochen irgendwelche Stories.

Sie sagt, sie kann einfach nicht allein sein und komme gerade mit der Situation nicht klar.

Wir als Angehörige reden ihr gut zu, versuchen ihr zu helfen - aber alle Tipps nützen nichts, denn bei ihr „funktioniert das sowieso nicht“. (z.B. war sie angeblich mal bei einem Therapeuten, aber der hat sie wieder weggeschickt, da sie angeblich doch gut allein klar käme. Das glauben wir jedoch nicht…)

Hinzu kommt permanentes Selbstmitleid, natürlich sind immer äußere Faktoren Schuld und sie will und mag sowieso niemand (was völliger Quatsch ist.)

Für uns Angehörige ist es sehr schwierig und wir wissen nicht, wie wir mit ihr umgehen sollen um ihr zu helfen. Habe mich ein wenig im Internet belesen, ihre Symptome deuten auf eine bipolare Störung hin - derzeit eine gemischte Episode. (aber das ist natürlich nur eine Vermutung - nur ein Arzt kann die Diagnose stellen - aber dazu müsste sie erstmal zu einem gehen!)

Das was ich hier versucht habe kurz zu schildern ist nur die Spitze des Eisberges. Permanente finanzielle Probleme, andererseits unnötige Geldausgaben für Reisen etc. wurden auch in der Vergangenheit getätitgt.

Wie kann geht man mit dem Ganzen um? Wie kann man erreichen, dass sie selbst einsieht, dass etwas nicht in Ordnung ist, und ärztliche Hilfe Linderung schaffen könnte?
Wir sind ja schon so behutsam wie möglich, machen ihr keine Vorwürfe etc. Aber wie tritt man an so eine Menschen heran und hilft ihm?

Ich wäre sehr dankbar über ein paar Ratschläge.

LG
Nasenbär

Borderline-Hypothese
Hi.

Es gab vor Kurzem eine Trennung von ihrem Ehemann, sie ist
ausgezogen. Der Ehemann hat riesigen Sch… gebaut über Monate
hinweg und sie hätte eigentlich allen Grund, ihn zu hassen -
tut es aber nicht. Im Gegenteil - sie möchte ihn trotzdem
zurück und blendet alles, was passiert ist, die Demütigung,
die er ihr angetan hat, völlig aus.

Trifft deine Schilderung zu (wovon ich ausgehe), liegt hier ein Fall von Hörigkeit auf der hypothetischen Grundlage einer Borderline-Störung vor. Dein Bipolar-Verdacht geht wohl in die richtige Richtung, aber zu weit. Borderline hat ähnliche Symptome, aber gemäßigter, d.h. der Borderliner kann zwischen Realität und Phantasie besser unterscheiden als der Bipolare. Auch die schnellen Stimmungsschwankungen sind eher für Borderliner typisch. Um die Therapierbarkeit ist es trotzdem nicht gut bestellt - die Chancen liegen optimalerweise bei 10 Prozent, d.h jede® Zehnte ist einigermaßen heilbar. Die Hörigkeit, sofern borderlinig, geht auf eine schwere frühkindliche Traumatisierung bez. der Mutter zurück, auch wenn das - falls der symbiotisch begehrte Partner ein Mann ist (wie in diesem Fall) - sicher paradox klingt. Der Partner soll das geben, was die Mutter seinerzeit (real oder phantasiert) nicht zu geben vermochte. Der/die Hörige ist mit dem Partner wie durch eine unsichtbare Nabelschnur verbunden, die von äußeren Ereignissen nicht durchtrennt wird, also auch bestehen bleibt, wenn der Partner durch sein Verhalten viel tut, um die in ihn gesetzten Hoffnungen zu zerstören. Manchmal steht hinter der Bereitschaft des/der Hörigen ein masochistischer Wunsch, dem die durch den Partner zugemuteten Frustationen emotional entgegenkommen. Der/die Hörige ´genießt´ das Leiden also. Die Ursache dieser Dynamik liegt in der während der Beziehung allmählich einsetzenden zwanghaften Assoziation von lustbetonter Vorstellung des Partners und der von diesem ausgeübten Demütigung.

Chan

Lasst sie doch einfach in „Ruhe“. Wie wär’s damit…

Hallo Chan,

vielen Dank für Deine Erklärung - das ergibt für mich Sinn.

Wie geht man denn mit solchen Leuten um? Wie kann man sie dazu animieren, sich Hilfe zu holen?

LG
Nasenbär

Liebes Nasenhaar,

vielen Dank für Deinen Ratschlag. Das wäre natürlich der einzige Weg - einfach den Kopf in den Sand zu stecken und sie ihrem Schicksal überlassen - egal was passiert.

Leider bin ich da anders drauf.

Gruß
Nasenbär

Wow! Eine Diagnose auf Basis eines 10-Zeilers, geschrieben von einem entfernten Dritten in einem Forum. Respekt.

Es gab vor Kurzem eine Trennung von ihrem Ehemann, sie ist
ausgezogen. Der Ehemann hat riesigen Sch… gebaut über Monate
hinweg und sie hätte eigentlich allen Grund, ihn zu hassen -
tut es aber nicht. Im Gegenteil - sie möchte ihn trotzdem
zurück und blendet alles, was passiert ist, die Demütigung,
die er ihr angetan hat, völlig aus.

Trifft deine Schilderung zu (wovon ich ausgehe),

Wieso eigentlich? Beziehungweise woher nimmst du an, dass diese Schilderung das IST der Person darstellt, um die es geht?

liegt hier
ein Fall von Hörigkeit auf der hypothetischen Grundlage einer
Borderline-Störung vor. Dein Bipolar-Verdacht geht wohl in die
richtige Richtung, aber zu weit. Borderline hat ähnliche
Symptome, aber gemäßigter,

Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung und wäre damit eine schwere Diagnose. Wie bekommst du die Diagnose einer solchen Persönlichkeitsstörung mit den allgemeinen Kriterien für eine solche übereinander, wenn die Auffälligkeiten erst seit kurzem bestehen?

Um die Therapierbarkeit ist es trotzdem
nicht gut bestellt - die Chancen liegen optimalerweise bei 10
Prozent,

Abgesehen davon, dass die Diagnose hier gar nicht haltbar ist, stimmt diese Aussage für Borderline nicht. Der Ruf ist schlechter, als die Chancen tatsächlich liegen. Therapierbar ist Borderline durchaus ganz gut - nur die völlige Heilung liegt noch recht gering. Aber ein gutes Leben mit Borderline ist völlig im Rahmen des erreichbaren!

geht auf eine schwere
frühkindliche Traumatisierung bez. der Mutter zurück,

Natürlich, die schwere Kindheit und die Mutter. Das hat weder einen Bezug zum konkreten Fall, von der hat der UP nämlich gar nichts geschildert, noch allgemein zum Thema Borderline. Was aber auch keine nennenswerte Rolle spielt, weil man einfach den Rückschluss aus der seiner gebastelten Diagnose zieht.

Alles in allem zur Ausgangsfrage eine sicherlich tolle Idee. Da ist jemand in einem offensichtlich psychischen Ausnahmezustand, der mit einer Forumsdiagnose Borderline und der freudigen Botschaft der quasi Unheilbarkeit damit motiviert werden soll - das war die Frage! - zum Experten zu gehen. Eine richtig gute Idee.

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Auch, wenn diese Erklärungen für dich einen Sinn machen, weil du irgendetwas in der Art hören wolltest, sie sind fachlich völliger Unfug!

Abgesehen davon, dass man nicht anhand so einer kurzen Beschreibung über Dritte irgendeine Diagnose verpassen kann und das auch überhaupt keinen Sinn hat, dies zu tun! Eine Borderline-Persönlichkeitsstörung bekommt man nicht über Nacht! Aufgeplöppt nach Trennungsschmerz.

Es gibt da offenbar einen psychischen Ausnahmezustand, der schon eine gewisse Zeit anhält und sich nicht legt. Es ist gut gemeint, sich als Angehöriger darin zu versuchen, irgendwelche Diagnosen rauszubekommen, das nutzt aber gar nichts! Im Gegenteil können Stichworte wie bipolare Störung oder Borderline (mal völlig unabhängig davon, ob sie sinnvoll sind oder nicht), wenn sie die Hilfsbedürftige auch nur aus Versehen mitbekommt so viel Schaden anrichten, dass die Distanz, Hilfe anzunehmen, nur größer wird. Künftiges Misstrauen in die Angehörigen inklusive. (Im Zweifel nicht ganz zu unrecht)

Ganz wichtig: Wenn Suizidgedanken geäußert werden, sind diese unbedingt ernst zu nehmen! Auch wenn Stunden später wieder vermeintlich die Sonne scheint. Inwieweit ernste Suizidabsichten dahinter stehen oder „nur“ die Meldung eines extremen Hilfsbedarfs, kann man so gar nicht unterscheiden, das wäre auch egal, weil in jedem Fall Hilfsbedarf besteht. Ein konsequenter Gang wäre dann die Begleitung in die nächste psychiatrische Notfallambulanz, die bekommt man über das Internet raus.

Ansonsten können sich engere Angehörige auch gut an psychiatrische Hilfsnetze vor Ort wenden, um sich beraten zu lassen. In vielen Gemeinden gibt es Krisendienste, die man persönlich oder telefonisch erreichen kann. Auch hier hilft das Internet. Das ist viel sinnvoller als das Diagnosegooglen!!! Zumal das Ergebnis ja nicht einmal entlastend ist, wenn man so ein Unfug herauskommt, wie eine angeblich unheilbare schwere psychische Erkrankung.

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Hallo Janina,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.
Du hast Recht - eine Diagnose übers Internet zu stellen ist gefährlich. Deshalb habe ich in meinem UP auch geschrieben, dass ich das dem Arzt überlassen möchte.

Es ist eine gute Idee, sich mal als Angehöriger bei einem psycholog. Hilfsdienst beraten zu lassen, was man konkret machen kann.

Vielen Dank
Nasenbär

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Uijuijui… wenn du meinst.

kognitiver Wirrwarr
Da beschreibt jemand eine dritte Person aus der Perspektive ihres Umfeldes, in welchem sie als emotional unstabil und mit widersprüchlich erscheinendem Verhalten erlebt wird. Es wird gefragt nach Vorschlägen des Umgangs mit ihr.

Es gehört schon ein gerütteltes Maß an Unverfrorenheit, ja an völliger Selbstüberschätzung dazu, als kompletter Laie nur mit Wikipedia-Wissen ausgerüstet, in der Rhetorik Fachkundigkeit nachahmend, eine regelrechte „Diagnose“ zu formulieren:

Trifft deine Schilderung zu (wovon ich ausgehe) …

Zu dieser hanebüchenen Formulierung hat JaninaG bereits das dringend Anliegende kommentiert.

… liegt hier ein Fall von Hörigkeit auf der hypothetischen Grundlage einer Borderline-Störung vor.

„Der Fall, der hier vorliegt“, nämlich in Form deines Postings, ist derweil ein ganz anderer:
Es gibt aus der (nach Selbstauskunft ebenfalls nicht fachkundigen) Schilderung des UP nicht mal auch nur eine Andeutung von „Hörigkeit“ der beschriebenen Person. Abgesehen davon, daß „Hörigkeit“ lediglich ein beschreibender, inhaltlich aber völlig unscharfer Ausdruck ist, der aber jedenfalls kein diagnostischer Terminus ist: Eine ambivalente (und widersprüchlich nur erscheinende) Haltung zum Expartner ist nach einer Trennung, auch bei dem, der aktiv die Trennung herbeigeführt hat, so selbstverständlich, daß es nur in seltenen Ausnahmefällen anders ist. Daraus allein auf „Hörigkeit“ zu schließen, kann man daher nicht anders denn als Blödsinn bezeichnen.

Aber dabei bleibt es nicht. Es baut sich ja eine ganze absurde Abhandlung darauf auf. Diese von dir (wenn auch, so wie man deine Abhandlungen andernorts kennt, keineswegs aus bloß „hypothetischen“ Gründen) lediglich hineinphantasierte Hörigkeit wird auch noch einer Borderlinestörung in die Schuhe geschoben. Natürlich: Etwas ist farbig, also ist es grün, und daher kann es nur ein Apfel sein. Etwas hat Beine, also ist es vierbeinig, und folglich ist es ein Elefant. Jemand erwägt ab und zu, zum Expartner trotz Verletzung zurückzukehren, also ist das Hörigkeit, und zwar eine, die auf Borderline beruht. Sancta simplicitas!

Und weiter geht es, indem nun auch noch absurde Theorien zusammengebastelt werden, wie Hörigkeit, wenn sie denn auch nur tatsächlich irgendwo mal „der Fall“ sei, zu verstehen sei. Den Kokolores mit der „wie könnte es auch anders sein“-Mutter-Traumatisierung hat ja JaninaG ebenfalls bereits sehr vornehm kritisiert. Und natürlich hat diese Hörigkeit (für deren Mutmaßung in dem Kurzbericht des UP wie gesagt nicht der geringste Anlaß vorhanden ist) wiederum etwas mit Masochismus zu tun. So ein hanebüchener Unsinn. Und nichteinmal bist du imstande, „Hörigkeit“ von „Symbiosewunsch“ (der tatsächlich in einer Borderline-Kontur manchmal vorhanden ist, aber nicht nur dort, folglich kein diagnostisch bedingendes Merkmal ist) zu unterscheiden. Zumal ein Symbiosewunsch eine ganz andere Genese hat, die weder mit Unterwerfung, noch mit Masochismus, noch mit

zwanghaften Assoziation von lustbetonter Vorstellung des Partners

(örks - hä?)
noch mit einer

von diesem ausgeübten Demütigung

etwas zu tun hat

Eine solche geballte Ladung von kognitiv derangiertem Wirrwarr bezüglich einer völlig unverstandenen, den Schreiber restlos überforderndem höchst komplexen psychischen Disposition, für deren bloß assoziierter Mutmaßung zumal keinerlei aktueller Anlaß gegeben war, hat in einem einigermaßen seriösen psychologischen Ratgeber-Forum eigentlich nichts zu suchen. Es kann einen Ratsuchenden höchst unangenehm irritieren (was hier gottseidank nicht der Fall war, da JaninaG zeitnah hilfreich und sachkundig geantwortet hat).

Metapher

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Hallo,

eine Trennung kann das ganze Leben durcheinande werfen- nicht nur die praktischen Dinge, wie Wohnung, Geld und Eigentumsaufteilungen, sondern auch der Freundeskreis kann sich spalten oder wegfallen und es können massive Selbstzweifel (Identitätsverlust gehört auch dazu) aufreten.

Daher meine Frage: wie war sie vor der Trennung? Zeichnete sich da auch so ein, sagen wir mal „unkohärentes“ Verhalten auf oder ist das jetzt durch die Trennung erst aufgetreten?

Eine leider gerade für Angehörige und Freunde sehr ernüchternde und auch frustrierende Tatsache ist, dass die Betroffenen drei ganz gewaltige Schritte selber gehen müssen: Erkennen, dass man Hilfe braucht und dann konkret Hilfe suchen und schließlich in Anspruch nehmen. Auf jeder dieser Stufen ergeben sich Schwierigkeiten (in den Augen des Betroffenen kann man es auch Fluchtwege nennen). Die erste Hürde ist überhaupt zu erkennen, dass man Hilfe benötigt, die zweite ist der lange Weg einen geeigneten Therapeuten zu finden und schließlich dann eben auch die Therapie mit eigener Aussicht auf Erfolg durch zu ziehen.

Bei der Suche und bei der Therapie selber kommt es eben nicht nur auf den Klienten an, sondern auch auf den Therapeuten, ob der Weg zum Erfolg führt.

Wenn Du vor 20 Jahren mit einer Mandelentzündung zum HNO-Arzt gegangen bist, dann wurdest Du nicht nur behandelt, sondern Du hast automatisch einen Folgetermin bekommen, um das Ergebnis (die Genesung) zu prüfen - und zwar unabhängig von einer Krankschreibung. Heute ist das anders. Es wird kein Therapeut anrufen und nachfragen warum Du nach dem 5. Termin nicht mehr gekommen bist. So kann sich jeder einfach aus einer Therapie „herauskrümeln“ ohne dass es jemanden interessiert. Der einzige Nachteil ergibt sich eventuell bei der Krankenkasse, die bockig wird, wenn eine von ihr finanzierte Therapie abgebrochen wird und dann eine spätere nicht mehr übernehmen möchte.

Als Freund kann man dazu ermutigen eine Therapie zu machen, da sein, zuhören, auch mal gegenargumentieren, mehr aber nicht.

Viele Grüße