Falls Du - wie man Deine Frage und manche Antworten verstehen könnte - die Meinung haben solltest, daß Religiösität und der Glaube an „den“ Kreationismus dasselbe ist, so möchte ich darauf hinweisen, daß z.B. die römisch-katholische Kirche den Schöpfungsbericht aus dem Buch Genesis (1. Buch Mose) als symbolisch auffaßt und der Auffassung ist, daß Evolutionstheorie und christliche Lehre einander nicht (unbedingt) widersprechen.
Papst Pius XII. hatte bereits in seiner Enzyklika Humani generis 1950 erklärt,
„daß in Übereinstimmung mit dem augenblicklichen Stand der menschlichen Wissenschaften und der Theologie die Entwicklungslehre Gegenstand der Untersuchungen und Besprechungen der Fachleute beider Gebiete sei, insoweit sie Forschungen anstellt über den Ursprung des menschlichen Körpers aus einer bereits bestehenden, lebenden Materie, während der katholische Glaube uns verpflichtet, daran festzuhalten, dass die Seelen unmittelbar von Gott geschaffen sind.“
Die ersten elf Kapitel inklusive der Schöpfungsberichte im Buch Genesis seien aber nicht wertlos oder historisch falsch,
„wenn sie auch eigentlich nicht der Methode der Geschichtsschreibung entsprechen, die von den besten griechischen und lateinischen Autoren, auch von den Fachleuten unserer Zeit, angewandt wurde.“
Sie berichteten vielmehr
"in ihrer einfachen und bildhaften, der Denkart eines wenig gebildeten Volkes angepassten Sprache die Hauptwahrheiten, die für unser Heil von grundlegender Bedeutung sind; zugleich geben sie aber auch einen volkstümlichen Bericht vom Ursprung des Menschengeschlechtes und des auserwählten Volkes."
Es handelt sich aus Sicht Pius XII.’ bei den Schöpfungsberichten also nicht um (natur)wissenschaftliche Erklärungen der Weltentstehung im heutigen Sinn und auch nicht um wissenschaftliche Geschichtsschreibung im heutigen oder im Sinne des griechisch-römischen Altertums.
Papst Johannes Paul II. hat in einer Botschaft an die Päpstliche Akademie der Wissenschaften im Jahr 1996 diese Position bestätigt und erweitert:
„Heute, beinahe ein halbes Jahrhundert nach dem Erscheinen der Enzyklika, geben neue Erkenntnisse dazu Anlaß, in der Evolutionstheorie mehr als eine Hypothese zu sehen. Es ist in der Tat bemerkenswert, daß diese Theorie nach einer Reihe von Entdeckungen in unterschiedlichen Wissensgebieten immer mehr von der Forschung akzeptiert wurde. Ein solches unbeabsichtigtes und nicht gesteuertes Übereinstimmen von Forschungsergebnissen stellt schon an sich ein bedeutsames Argument zugunsten dieser Theorien dar.“
Es sei aber solchen (philosophischen) Auffassungen nicht zuzustimmen, die die menschliche Seele als Begleiterscheinung (Epiphänomen) der Materie oder „als Ausformung materieller Kräfte des Körper“ ansähen. Sie könnten insbesondere nicht die personale Würde des Menschen begründen.
Papst Franziskus hat grundsätzlich bestätigt, daß „Evolution in der Natur kein Gegensatz zur Überzeugung von einer göttlichen Schöpfung sei“.
Es ist also durchaus möglich, Religiösität und moderne wissenschaftliche Erkenntnisse miteinander zu vereinen
Beste Grüße
Oliver