Hallo,
ok, die Begreifbarkeit der Realität (der physikalisch beschreibbaren Welt) kann man an der Erkenntnisfähigkeit unseres Gehirns festmachen, die natürlich sehr eng mit unseren Sinnen veknüpft ist.
Die naturwissenschaftliche Methode mit Anwendung mathematisch-logischer Systeme zur Deduktion und Induktion erlaubt es allerdings, über unsere Grenzen der (intuitiven?) Erkenntnisfähigkeit unseres Gehirns hinauszugehen und so die physikalisch beschreibbare Welt über die Grenzen der Begreifbarkeit auszudehnen.
War nicht die Infinitisemalrechnung Newtons ein solcher Schritt? Und dann die Relativitätstheorie? Und dann die Quantenmechanik? Immer haben die Versuche, Beobachtungen durch formale logische Systeme zu beschreiben dazu geführt, begreifbare Vorstellungen über den Haufen zu werfen. Die Modelle wurden besser, die Begreifbarkeit blieb auf der Strecke.
Wenn wir dies nicht anerkennen, dürften wir unser gesamtes
Weltbild nicht für „gültig“ erklären.
Das kommt dann eben darauf an, was wir/Du unter einem Weltbild verstehen. Sicher ist ein Bild von der Welt, das unser Gehirn erzeugt, nicht die Welt selbst und zeigt auch nicht alle Aspekte der Welt und schon garnicht in einer „Wichtung“, die den Zuständen außerhalb unserer Vorstellung entsprechen. Um das nochmal anders zu formulieren: Für uns und unser Gehirn ist „Erdbeergeschmack“ real und sinnvoll, aber das ist keine Größe, die außerhalb unserer Vorstellung existiert. Dennoch können wir mit „Erdbeergeschmack“ rechnen und Fabriken bauen, die das erzeugen usw.
Dabei ist natürlich noch ein Unterschied zu machen zwischen
dem „gültigen“ Weltbild im Sinne von „in sich
wiederspruchsfrei“ und der sogenannten „Realität“.
Naja, ob es eine objektive Realität außerhalb und unabhängig von unserer Vorstellung gibt, ist ja ein altes philosophisches Thema, was man nicht abschließend klären können wird. Über unser physikalisches Weltbild hingegen kann man diskutieren, denn für dessen Qualität gibt es klare Kriterien.
Das könnte aber auch nur eine Illusion sein, weil unser Gehirn
den Gesetzen der Thermodynamik gehorcht, und deswegen die
Erinnerung die gleiche Polarität aufweist wie der 2.
Hauptsatz.
Damit wird aber die Erkenntnisfähigkeit unseres Gehirns in
Frage gestellt.
Sicher. Unser Gehirn ist nicht dazu gemacht, das Universum zu verstehen. Es ist dazu gemacht, die Wahrscheinlichkeit für den Fortbestand der Gene zu erhöhen, die für seine Ontogenese zuständig sind.
Wir haben aber nur dieses Organ zum
Erkenntnisgewinn und haben uns so aus pragmatischen Gründen
damit abzufinden, die Welt so zu erklären, wie sie die
„Umsetzung der Realität“ in unserem Gehirn zuläßt.
Nein, das denke ich nicht. Wir haben Werkzeuge (Logik/Mathematik), die uns erlauben, weiter zu gehen, als es unser Gehirn zuläßt. So etwa, wie wir in einer Raumsonde ins Weltall fliegen können. Wir können nicht *direkt* im All sein, aber indirekt eben schon.
Alles was darüber hinausgeht, ist keine Naturwissenschaft, sondern
Philosophie.
Nein, es bleibt dabei, dass die Modelle prüfbare Vorhersagen liefern müssen. Man muss nicht begreifen, warum sie das tun, aber sie müssen es tun.
Die Reihenfolge der Zustände ist aber eben nicht vollkommen
willkürlich, sondern geht aus unseren Beobachtungen hervor.
Ja, die Spekulation über die Reihenfolge von Ereignissen ist philosophisch. Trotzdem bleibt aber die Frage: Ist eine festgelegte Reihenfolge von Ereignissen eine stärkere Annahme als die Annahme der Existenz von „Zustands-Verweisen“ (die unserem Gehirn eine feste Reihenfolge nur vortäuschen würden)?
Modelle sollten immer möglichst einfach sein und mit möglichst wenigen Annahmen auskommen. Vielleicht ist die Annahme von „Kausalität“, die ein Konzept über die Zeit verlangt, ja eine recht heftige und womöglich vermeidbare Annahme. Die Modelle würden dann natürlich sehr abstrus werden, nicht wirklich begreifbar, aber prüfbar. Als Beispiel braucht man sich nur die QM anzusehen…
VG
Jochen