Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde,
z.B. da großflächige Feldzüge im Stile des II. Weltkrieges nun
schon allein durch die vergleichsweise kleingehaltenen
europäischen Streitkräfte und die extreme Mobilität moderner
Armeen unwahrscheinlich würden. Also wie sähen Offensiven,
Verteidigungsstrategien und etwaige Besetzung aus, was
militärische Strategie und Organisation angeht?
Hallo erstmal.
Vorweg sei gesagt, dass diese Überlegungen sehr abstrakt sind, weil eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland kurz- und mittelfristig mehr als unwahrscheinlich scheint, da auch mittlerweile für die Beilegung von (politischen oder sonstwie gearteten) Differenzen zwischen zivilisierten Staaten sehr effiziente und institutionalistierte Mechanismen auf mehreren (z.B. bilateralen und supranationalen) Ebenen zur Verfügung stehen: z.B. die Europäische Union, die NATO oder die UNO.
Aber nehmen wir mal an, dass ein militärischer Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich ausbrechen würde. Hier ist zunächst einmal wichtig, wer Aggressor und wer „Opfer“ ist: in unserem Szenario sei Frankreich der Angreifer. Weiterhin ist von Belang, welchen Zweck die militärische Operation verfolgt, denn danach richtet sich die Strategie. Wenn Monsieur Sarkozy Deutschland nur „in die Steinzeit zurückbomben möchte“, würde er signifikant andere Mittel wählen, als wenn er beabsichtigte die Bundesrepublik zu besetzen.
Nehmen wir beispielsweise an, Deutschland unterstützt aktiv algerische Terroristen, die in Frankreich munter Anschläge verüben. Dann würde die französische Luftwaffe wohl Angriffe gegen das Auswärtige Amt oder gegen Trainingslager dieser Terroristen in Deutschland fliegen, um so einerseits den terroristischen Bestrebungen entgegen zu treten und andererseits der deutschen Regierung klar zu zeigen, was sie erwartet, wenn sie diesen Kurs weiterverfolgt.
Sollte das Ziel der französischen Regierung aber die Besetzung Deutschlands sein, würden andere Strategien vonnöten sein. Zunächst einmal wäre hier die atomare Option vom Tisch, weil nuklear bekämpfte Areale für Jahrzehnte (oder länger) praktisch unbewohnbar und somit nicht nutzbar sind. Damit verkürzt sich die Praktikabilität von Atomwaffen auf ihre strategische Anwendbarkeit (Abschreckung von Angriffen auf eigenes Territorium und Demonstration der Stärke gegenüber potentiellen Gegnern) oder die „Ultima Ratio“ (d.h. eine Option, wenn alle anderen Strategien versagen): Folglich würde ein derartiger Krieg (zunächst) konventionell geführt werden. Diese Einschätzung wird dadurch untermauert, dass Frankreich beim Einsatz seiner Atomwaffen davon ausgehen müsste, auch von deutschem Boden atomar bekämpft zu werden. Zwar besitzt Deutschland keine eigenen Nuklearwaffen, hat aber dennoch im Kriegsfall (mit Zustimmung des US-Präsidenten) Zugriff auf US-amerikanische Atombomben, die in der Bundesrepublik auf amerikanischen Stützpunkten deponiert sind.
Also gehen wir jetzt davon aus, dass Frankreich konventionell angreifen würde und nur im ungünstigsten Fall (der drohenden Vernichtung durch einen deutschen Gegenschlag) zu nuklearen Waffen greifen würde.
Zunächst wäre den französischen Generälen daran gelegen, die deutschen Verteidigungsstrukturen auszuschalten. Dazu würden zunächst Luftschläge oder Marschflugkörperangriffe gegen deutsche Führungs-, Lage- und Kommandozentren, Radar- und Luftverteidigungsstellungen und eventuell auch gegen sonstige militärische Einrichtungen geführt werden. Ziel ist hierbei den Gegner führungslos und „blind“ zu machen, sowie seine Truppen zu dezimieren und zu demoralisieren.
(siehe hierzu u.a. die militärische Taktik „Shock and Awe“)
http://de.wikipedia.org/wiki/Shock_and_Awe
Diesen Schritten würde nun ein Bodenangriff folgen, der unter massivem Aufgebot eigender Truppen (sowohl Boden- als auch Luftunterstützungseinheiten) die verbliebenen Streitkräfte des Gegners auszuschalten versucht und strategisch relevante Ziele (Regierungszentren, Metropolen, Wirtschaftsstandorte und Rohstofflagerstätten) besetzen würde. (Hier könnte man noch einiges mehr an Taktiken anführen, was aber zu sehr ins Detail führen würde)
Die große Schwierigkeit einer Okupation, so lehrt uns die Geschichte (z.B. Römisches Reich, Vietnam unter den Franzosen ca. 1850-1954 sowie Amerikanern 1964-1975, Afghanistan unter den Briten 1839-1919 sowie Russen 1979-1989 oder der heutige Irak) ist dabei aber weniger die Eroberung des betreffenden Territoriums, als vielmehr dessen Kontrolle und Unterwerfung.
Zum Beispiel vermögen es über 72.000 ISAF-Soldaten in Aghanistan oder ca. 300.000 ausländische Soldaten im Irak NICHT, signifikante Stabilität oder gar Kontrolle in diesen Arealen sicherzustellen.
Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass in Deutschland mit derartigen Sicherheits-Szenarien, wie in Afghanistan oder dem Irak zu rechnen ist, aber dennoch müssten sich etwaige französische Besatzungstruppen auf ernsthafte Widerstandsoperationen einstellen.
Hier entscheidet dann meist das Kalkül oder die politische Situation innerhalb des besetzenden Landes, ob und wie lange eine Okupation sinnvoll erscheint (im Klartext: Welcher Nutzen [z.B. Rohstoffe wie Öl, Diamanten usw.] steht den Antrengungen der Besatzung entgegen und wieviele eigene tote Soldaten toleriert die eigene Bevölkerung für die Besetzung eines bestimmten Landes… in Vietnam war nach über 58.000 gefallenen amerikanischen Soldaten der Druck des Volkes gegen die Weiterführung des Krieges zu groß)
Dies in aller Kürze von mir.
Vieles konnte ich hier nur verkürzt bearbeiten.
Ich hoffe, dass der rote Faden trotzdem erkennbar ist.
Viele Grüße
Thomas