Wie sähe ein ausgewachsener Krieg heute aus?

Hallo,

ich habe mir einige Gedanken gemacht und habe folgende Frage:

Falls - aus welchen Gründen und im Zuge welcher (politischen) Entwicklungen auch immer - zwischen zwei europäischen Nationen, nehmen wir als Beispiel Frankreich und Deutschland, Krieg ausbräche, wie sähe dieser aus, sowohl in militärischer als auch in politischer Hinsicht?

Hierbei seien die Reaktionen dritter Staaten einmal außer Acht gelassen, da im Zuge einer solchen Entwicklung natürlich die halbe Welt aufseiten der sich verteidigenden Nation stünde…

Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde, z.B. da großflächige Feldzüge im Stile des II. Weltkrieges nun schon allein durch die vergleichsweise kleingehaltenen europäischen Streitkräfte und die extreme Mobilität moderner Armeen unwahrscheinlich würden. Also wie sähen Offensiven, Verteidigungsstrategien und etwaige Besetzung aus, was militärische Strategie und Organisation angeht?

Danke und Euch allen ein Frohes Fest!

Moien

Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde,

Die Force de frappe aus Frankreich schmeisst 250 - 300 nukleare Sprengköpfe über die Grenze (aus praktischen Überlegungen wahrscheinlich recht weit Richtung Osten) und kreht den Rest mit der Légion Étrangère zusammen.

cu

Moien

Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde,

Die Force de frappe aus Frankreich schmeisst 250 - 300
nukleare Sprengköpfe über die Grenze (aus praktischen
Überlegungen wahrscheinlich recht weit Richtung Osten) und
kreht den Rest mit der Légion Étrangère zusammen.

Naja, ob sie 300 rüber schmeißen, weiss ich nicht, da ja die Umwelt ziemlich geschädigt wird.
So grob könnte es aber wirklich im schlimmsten Fall verlaufen.

Nur es würde weiter gehen, denn wenn einer eine A-Bombe auf jmd. wirft, schmeißt ein anderer sicherlich auch mit ein paar Geschossen auf Frankreich, dann rächt sich ein 4. LKand an dem 3. land und ein atomarer Weltkrieg könnte ausgelöst werden.

Oder es wird einfach versucht in der NATO zu lösen.

Wenn keine A(BC)-Waffen eingesetzt werden, wird einfach „nur“ normal kräftig Bumm Bumm gemacht zwischen den Ländern.
Es wird aber ein schnellerer Krieg werden, als die anderen Zuvor, denn die Waffen sind insg. gefährlicher geworden im Laufe der Zeit.

Moien

Naja, ob sie 300 rüber schmeißen, weiss ich nicht, da ja die
Umwelt ziemlich geschädigt wird.

Die Franzosen sehen das mit der Strahlung nicht so eng. Als in der Provence ein paar m³ radioaktives Zeug durch die Flüsse gezogen sind hat die Presse hier mehr Wind gemacht als drüben.

Nur es würde weiter gehen, denn wenn einer eine A-Bombe auf
jmd. wirft, schmeißt ein anderer sicherlich auch mit ein paar
Geschossen auf Frankreich, dann rächt sich ein 4. LKand an dem
3. land und ein atomarer Weltkrieg könnte ausgelöst werden.

Er macht doch die völlig unrealisitsche Einschränkung:

Hierbei seien die Reaktionen dritter Staaten einmal außer
Acht gelassen, da im Zuge einer solchen Entwicklung natürlich
die halbe Welt aufseiten der sich verteidigenden Nation stünde…

cu

Er macht doch die völlig unrealisitsche Einschränkung

Die mache ich, weil es für die Beantwortung meiner Kernfrage irrelevant ist, mich interessiert ja die Art der Führung dieses Landkrieges, dass man sich im Zweifel einfach totbomben könnte, das konnte ich mir selbstverständlich von vornherein denken…

Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde,
z.B. da großflächige Feldzüge im Stile des II. Weltkrieges nun
schon allein durch die vergleichsweise kleingehaltenen
europäischen Streitkräfte und die extreme Mobilität moderner
Armeen unwahrscheinlich würden. Also wie sähen Offensiven,
Verteidigungsstrategien und etwaige Besetzung aus, was
militärische Strategie und Organisation angeht?

Hallo erstmal.

Vorweg sei gesagt, dass diese Überlegungen sehr abstrakt sind, weil eine militärische Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland kurz- und mittelfristig mehr als unwahrscheinlich scheint, da auch mittlerweile für die Beilegung von (politischen oder sonstwie gearteten) Differenzen zwischen zivilisierten Staaten sehr effiziente und institutionalistierte Mechanismen auf mehreren (z.B. bilateralen und supranationalen) Ebenen zur Verfügung stehen: z.B. die Europäische Union, die NATO oder die UNO.
Aber nehmen wir mal an, dass ein militärischer Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich ausbrechen würde. Hier ist zunächst einmal wichtig, wer Aggressor und wer „Opfer“ ist: in unserem Szenario sei Frankreich der Angreifer. Weiterhin ist von Belang, welchen Zweck die militärische Operation verfolgt, denn danach richtet sich die Strategie. Wenn Monsieur Sarkozy Deutschland nur „in die Steinzeit zurückbomben möchte“, würde er signifikant andere Mittel wählen, als wenn er beabsichtigte die Bundesrepublik zu besetzen.
Nehmen wir beispielsweise an, Deutschland unterstützt aktiv algerische Terroristen, die in Frankreich munter Anschläge verüben. Dann würde die französische Luftwaffe wohl Angriffe gegen das Auswärtige Amt oder gegen Trainingslager dieser Terroristen in Deutschland fliegen, um so einerseits den terroristischen Bestrebungen entgegen zu treten und andererseits der deutschen Regierung klar zu zeigen, was sie erwartet, wenn sie diesen Kurs weiterverfolgt.

Sollte das Ziel der französischen Regierung aber die Besetzung Deutschlands sein, würden andere Strategien vonnöten sein. Zunächst einmal wäre hier die atomare Option vom Tisch, weil nuklear bekämpfte Areale für Jahrzehnte (oder länger) praktisch unbewohnbar und somit nicht nutzbar sind. Damit verkürzt sich die Praktikabilität von Atomwaffen auf ihre strategische Anwendbarkeit (Abschreckung von Angriffen auf eigenes Territorium und Demonstration der Stärke gegenüber potentiellen Gegnern) oder die „Ultima Ratio“ (d.h. eine Option, wenn alle anderen Strategien versagen): Folglich würde ein derartiger Krieg (zunächst) konventionell geführt werden. Diese Einschätzung wird dadurch untermauert, dass Frankreich beim Einsatz seiner Atomwaffen davon ausgehen müsste, auch von deutschem Boden atomar bekämpft zu werden. Zwar besitzt Deutschland keine eigenen Nuklearwaffen, hat aber dennoch im Kriegsfall (mit Zustimmung des US-Präsidenten) Zugriff auf US-amerikanische Atombomben, die in der Bundesrepublik auf amerikanischen Stützpunkten deponiert sind.
Also gehen wir jetzt davon aus, dass Frankreich konventionell angreifen würde und nur im ungünstigsten Fall (der drohenden Vernichtung durch einen deutschen Gegenschlag) zu nuklearen Waffen greifen würde.
Zunächst wäre den französischen Generälen daran gelegen, die deutschen Verteidigungsstrukturen auszuschalten. Dazu würden zunächst Luftschläge oder Marschflugkörperangriffe gegen deutsche Führungs-, Lage- und Kommandozentren, Radar- und Luftverteidigungsstellungen und eventuell auch gegen sonstige militärische Einrichtungen geführt werden. Ziel ist hierbei den Gegner führungslos und „blind“ zu machen, sowie seine Truppen zu dezimieren und zu demoralisieren.
(siehe hierzu u.a. die militärische Taktik „Shock and Awe“)
http://de.wikipedia.org/wiki/Shock_and_Awe
Diesen Schritten würde nun ein Bodenangriff folgen, der unter massivem Aufgebot eigender Truppen (sowohl Boden- als auch Luftunterstützungseinheiten) die verbliebenen Streitkräfte des Gegners auszuschalten versucht und strategisch relevante Ziele (Regierungszentren, Metropolen, Wirtschaftsstandorte und Rohstofflagerstätten) besetzen würde. (Hier könnte man noch einiges mehr an Taktiken anführen, was aber zu sehr ins Detail führen würde)
Die große Schwierigkeit einer Okupation, so lehrt uns die Geschichte (z.B. Römisches Reich, Vietnam unter den Franzosen ca. 1850-1954 sowie Amerikanern 1964-1975, Afghanistan unter den Briten 1839-1919 sowie Russen 1979-1989 oder der heutige Irak) ist dabei aber weniger die Eroberung des betreffenden Territoriums, als vielmehr dessen Kontrolle und Unterwerfung.
Zum Beispiel vermögen es über 72.000 ISAF-Soldaten in Aghanistan oder ca. 300.000 ausländische Soldaten im Irak NICHT, signifikante Stabilität oder gar Kontrolle in diesen Arealen sicherzustellen.
Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass in Deutschland mit derartigen Sicherheits-Szenarien, wie in Afghanistan oder dem Irak zu rechnen ist, aber dennoch müssten sich etwaige französische Besatzungstruppen auf ernsthafte Widerstandsoperationen einstellen.
Hier entscheidet dann meist das Kalkül oder die politische Situation innerhalb des besetzenden Landes, ob und wie lange eine Okupation sinnvoll erscheint (im Klartext: Welcher Nutzen [z.B. Rohstoffe wie Öl, Diamanten usw.] steht den Antrengungen der Besatzung entgegen und wieviele eigene tote Soldaten toleriert die eigene Bevölkerung für die Besetzung eines bestimmten Landes… in Vietnam war nach über 58.000 gefallenen amerikanischen Soldaten der Druck des Volkes gegen die Weiterführung des Krieges zu groß)

Dies in aller Kürze von mir.
Vieles konnte ich hier nur verkürzt bearbeiten.
Ich hoffe, dass der rote Faden trotzdem erkennbar ist.

Viele Grüße

Thomas

Dankesehr für diese sehr ausführliche Antwort!

Mich interessiert, wie dieser Krieg militärisch geführt würde,
z.B. da großflächige Feldzüge im Stile des II. Weltkrieges

naja…zu hitlers zeiten war das kein problem.

blitzkrieg könnte man heute nur noch so führen, dass man die bundeswehr in den TGV setzt.
ich meine, panzer würden von frankfurt bis zur grenze ja stunden im stau stehen müssen. die bio-bauern würden abkürzungen über wiesen und felder mit einer einstweiligen verfügung des bundesverfassunggerichts verhindern.
und wenn ein panzer auch nur 1 kratzer an ein auto eines deutschen macht, stände guttenberg in der schuld. klagen über klagen würden folgen.

die einzige möglichkeit, wo der bauer, der autofahrer und vielleicht sogar das BVG eine ausnahme macht, wäre, wenn die bundeswehr einen austausch der first ladys vollbringt.
wir sind ja alle nur männers.

in diesen sinne…ein frohes fest.

Lybien

Das ist doch bestimmt mit Sylvester verwandt.

Denkt sich
C.

Hallo

Solche Szenarien sind innerhalb West- und Mitteleuropas heutzutage aus einem ganz einfachen Grund undenkbar: Die wirtschaftliche Verflechtung der Volkswirtschaften ist heute ungleich größer als etwa im 1. Weltkrieg. Und schon damals geriet Deutschland ja durch die britische Seeblockade in ernstliche kriegswirtschaftliche Schwierigkeiten. Um beim konkreten Szenario zu bleiben: Deutschland und Frankreich sind der größte Handelspartner des jeweils anderen. Ganz gleich, wer der Angreifer wäre: Er würde sich selbst ebenso schaden wie dem Gegner. Frankreich würde seine Atomstromlieferungen nach Deutschland einstellen, das genügt völlig, die deutsche Wirtschaft(und in der Folge die französische) an den Rand des Kollaps zu bringen. Und falls sie dann angreifen, werden sie bald merken, dass Rheinmetall ihnen keine Kanonen und keine Kugellager mehr für ihren Panzernachschub liefert und vorbei ist die Bodenoffensive.

Ich hoffe, verdeutlicht zu haben, was - jenseits der Stimmung in der Bevölkerung beider Länder - das Hauptproblem eines innereuropäischen konventionellen Großkriegs wäre. Er würde nicht länger als 48 Stunden aufrechtzuerhalten sein.

Von Nuklear-Szenarien könne wir wohl schon angesichts der flächenmäßigen Ausdehung Deutschlands getrost absehen: Spätestens sobald der Röntgenblitz die PCs (und damit Volkswirtschaften) aller Nachbarn Deutschlands einschließlich Frankreichs selbst zerstört haben wird und die Netzhäute aller Menschen, die in diesen Ländern in Richtung Deutschland blickten, werden alle diese Nachbarn mit Frankreich im Krieg liegen und spätestens, wenn der Westwind den Fallout über Moskau abregnen lässt, würde sich eine Atommacht durch Frankreich nuklear angegriffen fühlen…

Gruß
smalbop

Falls - aus welchen Gründen und im Zuge welcher (politischen)
Entwicklungen auch immer - zwischen zwei europäischen
Nationen, nehmen wir als Beispiel Frankreich und Deutschland,
Krieg ausbräche, wie sähe dieser aus, sowohl in militärischer
als auch in politischer Hinsicht?

Hallo Chauvanee,

bereits mehrfach wurde ja darauf aufmerksam gemacht, dass ein solcher Krieg höchstunwahrscheinlich wäre - eine Tatsache, die du ja anerkennst, aber für diese Fragestellung ignoriert sehen willst. Ein potenzieller Krieg ist allerdings nicht ohne seine spezifischen Hürden denkbar und es ist nicht möglich, eine Kriegskonstellation in ihrer militärischen und politischen Gestalt zu skizzieren, ohne auf diejenigen Faktoren einzugehen, die schon seinen Ausbrauch verhindern dürften - denn selbst wenn es zu ihm kommt, beeinflussen sie seinen Verlauf im Kern.

Die deutsche und die französische Gesellschaft sind Beispiele par excellence für postheroische Akteure, konkret also Beispiele für Gesellschaften mit einer geringen Opferbereitschaft und einer geringen Opfertoleranz. Kriege, die von solchen Akteuren ausgehen, laufen daher fast zwangsläufig auf asymmetrische Konfliktkonstellationen heraus, weil sie sonst gar nicht legitimierbar sind (als Ausnahme wären privatwirtschaftliche Kombattanten zu nennen). Nun wäre ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland aber eine zutiefst symmetrische Konstellation - der Franzose ist nicht bereit, für einen Krieg gegen Deutschland zu sterben oder einen Landsmann sterben zu sehen. Und da dies aufgrund angesprochener Reziprozität auch andersherum gilt, wird sich ein Krieg kaum führen lassen, zumal nicht mit Massenheeren im Stile des Europa der zurückliegenden Jahrhunderte. Wenn zwei derlei potenziell gleiche Gegner heute in einem Krieg aufeinanderträfen, so würde sich der resultierende Krieg durch einen hohen Grad an Technologisierung und der Bereitschaft auszeichnen, mit geringen Verlusten aus dem eigenen Elektorat zu agieren, was aufgrund der bestehenden Symmetrie dazu führen könnte, dass als Kombattanten vorwiegend PMCs (Private Military Companies) eingesetzt werden. Bei den Amerikanern, ebenfalls einer postheroischen Gesellschaft, konnte man dies ja beispielsweise im Irak beobachten.

Ein (nuklearer) Schlagabtausch, wie er hier ja auch schon angesprochen wurde, wäre natürlich denkbar. Aber der ist nur dann denkbar, wenn irgendjemand ein Interesse hätte ihn zu führen. Wer sollte das sein? Die Gesellschaften der Konfliktpartizipanten sicherlich nicht, da müsste schon irgendein Regime undemokratisch oder seine wahren Absichten verschleiernd installiert werden. Für einen legitimierten oder rational agierenden Akteur wäre dieses Vorgehen absurd.

Lybien

Das ist doch bestimmt mit Sylvester verwandt.

…Aber nur dritten Grades mütterlicherseits :wink:

Oder ist es neue deutsche Rechtschreibung?
(Damit kann man viel rechtfertigen)

Nee, doch vertippt.

Atomschlag als Brechstange?

Sollte das Ziel der französischen Regierung aber die Besetzung
Deutschlands sein, würden andere Strategien vonnöten sein.
Zunächst einmal wäre hier die atomare Option vom Tisch, weil
nuklear bekämpfte Areale für Jahrzehnte (oder länger)
praktisch unbewohnbar und somit nicht nutzbar sind. Damit
verkürzt sich die Praktikabilität von Atomwaffen auf ihre
strategische Anwendbarkeit (Abschreckung von Angriffen auf
eigenes Territorium und Demonstration der Stärke gegenüber
potentiellen Gegnern) oder die „Ultima Ratio“ (d.h. eine
Option, wenn alle anderen Strategien versagen): Folglich würde
ein derartiger Krieg (zunächst) konventionell geführt werden.

In genau diesem Punkt würde ich gerne widersprechen:
Atomar bekämpfte Gebiete sind für gepanzerte Einheiten recht leicht durchquerbar. Frankreich hat jetzt IMHO keine großen Panzerverbände, aber mit ein paar A-Bomben einen Korridor freimachen, und dann wichtige Zentren besetzen halte ich für eine durchaus denkbare Option. Also falls Atomwaffen, dann als „Brechstange“.

Nick