Zeitreihen-Trends
Hallo,
Nun, dann stimmst du mir also zu, dass die Meereisausdehnung
seit 30 Jahren kontinuierlich abnimmt und das es keine
Anzeichen gibt, dass sich das derzeit ändert?
Nein, denn von Kontinietät ist keine Spur! Wenn man nur 30
Jahre hat kann man zwar, quer durch die Einzelwerte, auch eine
schicke Linie „Reinmalen“ und einen gleichmäßigen Trend
suggerieren aber was sagt uns das?
Das sagt uns, dass über mehrere Jahre gemittelt das Meereis ständig abgenommen hat seit 30 Jahren! Nicht mehr und nicht weniger. Das sagt uns weder ob das gut noch schlecht ist, ob das über oder unter einem tausendjährigen Mittel ist oder sonst was…
Hier ist der Anfangszustand, welcher wohl als Sollzustand gewählt
wird, nur rein zufällig in eine etwas kühlere Zeit gefallen.
Wenn es nach den Kriterien der Klimaanalysen geht, müßte jetzt
ein Mittelwert festgelegt werden und erst ab jetzt die
Entwicklung beobachtet werden.
Weder der Anfangszustand noch ein „Mittelwert“ spielen hier eine Rolle. Das was du als „Mittelwert“ bezeichnest, ist nur ein Bezugspunkt, der bei relativen Angaben nun mal nötig ist. Den kannst du dir aber einfach sparen, in dem du absolute Werte betrachtest.
Die Daten sind - wie immer - frei verfügbar, es ist also problemlos möglich diese Dinge selbst nachzuprüfen und auszurechnen. Wir nehmen also beispielsweise die Daten für die Februar-Meereisausdehnung in der Arktis von 1979-2010. Um die Schwankungen von Jahr zu Jahr rauszumitteln, nehmen wir einen ganz simplen zentrieren, gleitenden Mittelwert über 11 Jahre. Der Wert z.B. für das Jahr 1984 errechnet sich dabei einfach aus der Summe der 5 vorhergehenden und 5 nachfolgenden Jahre und dem Wert des Jahres selbst (also aus 11 Jahren), geteilt durch 11. Um einen Wert angeben zu können, sind bei dieser Methode also mindestens die Werte der 5 Jahre davor und dahinter notwendig, weshalb für die Jahre 1979-1983 und 2006-2010 logischerweise kein Wert angegeben werden kann.
Wenn man das jetzt macht, kommt folgendes raus:
Arktische Meereisausdehnung im Februar
--------------------------------------------------
| | Ausdehnung | 11-jähriger |
| Jahr | [Mio km²] | gleitender Mittelwert |
--------------------------------------------------
| 1979 | 16,31 | |
| 1980 | 15,98 | |
| 1981 | 15,65 | |
| 1982 | 16,06 | |
| 1983 | 16,02 | |
| 1984 | 15,32 | 15,83 |
| 1985 | 15,67 | 15,77 |
| 1986 | 15,89 | 15,70 |
| 1987 | 16,11 | 15,69 |
| 1988 | 15,61 | 15,66 |
| 1989 | 15,56 | 15,62 |
| 1990 | 15,56 | 15,61 |
| 1991 | 15,26 | 15,57 |
| 1992 | 15,50 | 15,53 |
| 1993 | 15,73 | 15,50 |
| 1994 | 15,61 | 15,48 |
| 1995 | 15,24 | 15,45 |
| 1996 | 15,17 | 15,42 |
| 1997 | 15,51 | 15,43 |
| 1998 | 15,77 | 15,41 |
| 1999 | 15,37 | 15,33 |
| 2000 | 15,18 | 15,22 |
| 2001 | 15,27 | 15,14 |
| 2002 | 15,36 | 15,09 |
| 2003 | 15,25 | 15,04 |
| 2004 | 14,93 | 14,95 |
| 2005 | 14,36 | 14,88 |
| 2006 | 14,42 | |
| 2007 | 14,53 | |
| 2008 | 14,98 | |
| 2009 | 14,85 | |
| 2010 | 14,58 | |
--------------------------------------------------
Originaldaten: ftp://sidads.colorado.edu/DATASETS/NOAA/G02135/Feb/N…
Wie du jetzt in der dritten Spalte siehst, hat die mittlere Eisausdehnung in der Arktis von 1979-2010 praktisch ständig abgenommen. Das sieht man auch leicht, wenn man die Werte in ein Diagramm einträgt (rote Linie sind die gemittelten Werte):
http://img190.imageshack.us/i/meereisausdehnungarkti…
Willst du jetzt ernsthaft abstreiten, dass dies kein signifikanter Trend in diesem Zeitraum ist?
Und BTW:
Die „schicke Linie“ in der anderen Grafik wird nicht einfach mal so „reingemalt“, wie du dich oben ausdrückst, sondern die wird genauso errechnet, mittels linearer Regression. Und das ist deutlich komplizierter, als der obige gleitende Mittelwert.
http://de.wikibooks.org/wiki/Mathematik:_Statistik:_…
Wohl eher kaum. Seit 500 Jahren haben die Europäer versucht,
die Nordwest- und Nordostpassage zu durchschiffen und sind
dabei immer am Eis gehindert worden. Das zeigt wohl, dass die
Meereisausdehnung in diesem Zeitraum eher größer war als
heute,
Wo hast Du denn das her?
Aus der Geschichte?
Leute wie Willem Barents, Martin Frobisher und viele andere suchten seit Jahrhunderten nach den Passagen vom Atlantik durch die Artkis Richtung Pazifik. Das war für alle Seefahrernationen ein zentrales Problem, in das man durchaus viel Energie steckte.
Im Übrigen waren ja auch die
technischen Möglichkeiten zur damaligen Zeit eingeschränkt.
Die technischen Möglichkeiten waren damals ausreichend, um wie Magellan z.B. eine Weltumrundung mit diesen Schiffen durch zu führen. Die Befahrung einer eisfreien Nordwest- oder Nordostpassage wäre deshalb genauso möglich gewesen. Gescheitert sind sie einfach daran, dass die Passagen eben durch Eis versperrt waren.
Vielleicht scheint es dir nicht geläufig, aber es gibt neben
der jährlichen Variabilität (aka Jahreszeiten) auch eine
mehrjährige Variabilität der Temperaturen und daher macht es
absolut keinen Sinn nach 3 Jahren von einem Trend zu sprechen.
Man muss dazu sinnvollerweise Zeiträume nehmen, die
lange genug sind, damit dieses Rauschen herausfällt.
Ja, immer alles den „Klimagasen“ in die Schuhe schieben ist
auch wichtig!
Hast du eigentlich den Text gelesen? Weder von Klimagasen noch sonst was ist hier die Rede. Es geht um Mindestzeiträume für Trends, die angesichts einer kurzfristigen Variabilität nötig sind. Das ist einfachste Statistik, und trifft auf Flusspegel, Unternehmensumsätze, Aktienkurse genauso zu wie auf Meereisausdehnung oder Temperaturen.
DAS ist ja gerade der Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wenn du diesen nicht akzeptieren willst, dann macht eine weitere Diskussion keinen Sinn.
vg,
d.