Hallo,
ich bin genau wie du in einem Alter, in dem ich zu Anfangs noch auf Briefe zurückgreifen musste.
Zuerst schriebe ich Briefe über zwei Kontinente hinweg. Airmail gab es schon und dennoch dauerte es mindestens eine Woche, meist eher zwei oder drei (der andere antwortete ja nicht oft postwendend) bis man ein Briefgespräch weiter fortsetzen konnte. Mit meiner Familie bracht der Kontakt nicht ab, aber bei Freunden wurde es je länger desto zäher. Ja, natürlich habe ich das dann mit dem Klisché erklärt: ich weiß halt, wer die wahren Freunde sind. Tatsächlich war es aber so, dass ich Kontakt nur mit Leuten halten konnte, die halt gerne schrieben. Es gab und gibt Menschen, die sich mit dieser Form der Kommunikation schwer tun. Im Gegenteil, eine Freundin gestand mir mal bei einem Wiedersehen, dass meine langen, ausführlichen Briefe sie unter ernormen Zugzwang setzten und im Endeffekt bei ihr nur zu einem schlechtes Gewissen führten.
Dann gab es Fax. Es war phantastisch mit einer kleinen Auswahl von Freunden SOFORT kommunizieren zu können. Ja, die Briefe wurden kürzer, aber dafür musste ich nicht lange auf Antwort warten. Faxgerät hatte nicht jeder, deshalb war die Anwendung begrenzt, aber es war ein großer Fortschritt auf meinen Kommunikationswegen.
Dann kam E-mail. Das war zuerst da wo ich wohnte nicht umgehender Kontakt, dazu war die Internetzeit zu begrenzt, aber innerhalb von ein oder zwei Tagen konnte man mit Antwort rechnen. Es benötitgte immer noch ein Hinsetzen und ein Ausformulieren von Gedanken.
Skype etc. behalte ich mir für sehr wenige Kontakte vor, ich telefoniere aber auch sonst nicht gern. Gerade, wenn es sich um mehr als nur kurzes Informationsaustauschen geht, lasse ich mir gern Zeit, um zu sehen, wie ich wirklich auf etwas reagiere. Meine impulisiven Reaktionen kann ich nicht immer trauen.
Soziale Netzwerke haben - zumindest bei mir - auch ihren Platz. Dort habe ich Kontakte wieder aufleben lassen, die ich vor 20 Jahren schon (bedauerlicherweise) zu den Akten gelegt hatte. Man muss es nutzen, wie es sich bietet, und es sich für die eigenen Bedürfnisse zurechtbiegen, dann kann es eine Bereicherung sein (und wenn das jemand nicht mag, dann ist das okay, aber muss man denen, die es nutzen gleiche vorwerfen, Mitglied einer Sekte zu sein, um sich moralisch erhaben zu fühlen?).
Ein Kontakt über Briefe - das kann eine bereichernde Freundschaft sein. Aber nicht jede Freundschaft hält diesen distanzierten Kontakt (zeitlich und räumlich, nicht unbedingt geistig) aus. Nicht jeder mag oder kann sich schriftlich so ausdrücken, dass er darin einen Gewinn sieht. Das sollte man berücksichtigen. Das Schöne an unserer Zeit (und es gibt genug Negatives an unserer Zeit) ist doch, dass sie Alternativen bietet - „horses for courses“.
Grüße
Siboniwe