Meine „kleine“ Schwester ( wie ich etwas über 60) war immer schon gesundheitlich geplagten als ich. Nun hat sich als „Nebendiagnose“ bei ausschlaggebendem Bluthochdruck und Lendenwirbelschäden ein kleiner schwarzer Punkt in der Lunge gezeigt. Der konnte aber bei der stationären Bronchoskopie nicht näher unter die Lupe genommen werden, da nicht erreichbar. Bei den damit zusammenhängenden Untersuchungen wurde nun auch eine kleine Veränderung an der Nebenniee entdeckt. In 10 Tagen geht es ins Krankenhaus, um diesen Nebenbefunden auf die Spur zu kommen und weiter zu sehen und ggf. gleich zu operieren.
Meine Schwester macht sich derzeit verständlicherweise vor Angst verrückt. Sie tut mir so leid in ihrer Angst, die ich ganz ernst nehme und ihr zugestehe. Sie fragt mich Gott sei dank ganz offen nach ihren Ängsten, die ich aber nicht habe - ich bin halt anderes Naturell. Heute haben wir in mehrstündigen Telefonaten rausbekommen, dass sie geregelt haben will, wer ohne Patientenverfügung im Zweifelsfall über sie bzw.ihr Leben entscheidet. Sie hat lauter Fragen, die mit Tod zusammenhängen. Ich gehe auf die so ein, wie ich sie jedem Anderen auch beantworten würde.
Habe ihr andererseits auch ganz lieb gesagt, dass ich genau für solche Fragen als große Schwester zuständig bin. Und dass wir jetzt einen Plan machen, was alles an Schönem der beschissenen Situation abgerungen werden kann: Schöne Plüdden für den Krankenhausaufenthalt kaufen, zum Friseur gehen, sich mit gut haltbaren kleinen Büchern eindecken.
Ich nehme die Ängste meiner Schwester ernst, nicht aber die noch gar nicht bestehende Diagnose.
Wie verhält man sich da optimalerweise? Ich mach nur Bauchgefühl.
Danke für ernsthafte Ratschläge.
LG
Rebekka
Hi,
wieso „nur“ Bauchgefühl?
Wenn ich lese, wie du mit der Situation umgehst und wie ihr beide damit umgehen könnt, wüsste ich nicht, warum und wie du deinem Bauch noch irgendetwas sagen müsstest. Du nimmst die Ängste deiner Schwester ernst, hast aber gleichzeitig ein Auge darauf, was ihr für die nächsten Wochen Kraft geben könnte. Du bist da.
Vertrau deinem Bauch weiter. Der mach das ziemlich gut so.
Grüße
Uli
Hi,
du bist eine hervorragende große Schwester, so, wie man sie sich wünscht
Optimalerweise verhält man sich so:
Und macht Bauchgefühl. Dein Bauchgefühl ist viel mehr wert als alles, was wir Dir hier aus der Ferne erklären und raten können.
Das eine, was Du tun willst, kannst Du leider nicht: Du kannst ihr nicht die Angst nehmen, so sehr Du Dir das auch wünschst. Aber die Angst scheint Deine Schwester ja nicht zu paralysieren - sie handelt ja sinnvoll und vorsichtig. Das ist gut so. Das ist ja der Sinn der Angst - sie fordert uns auf, eine Situation ernst zu nehmen und uns zu schützen.
Ich drücke euch beiden die Daumen, dass alles gut ausgeht.
Liebe Grüße,
die Franzi
Da gibt es kein Patentrezept, und wer sollte deine Schwester besser kennen als Du? Ihr scheint doch aufeinander „eingeschwungen“ zu sein, und genau darum geht es!
Was Du machen kannst ist - ohne zu verharmlosen - aufzeigen, dass es für die Befunde jede Menge potentielle Ursachen geben kann, und eine Tumorerkrankung nur eine davon ist. Und dass selbst die, wenn frühzeitig erkannt, vielfach gut behandelbar ist.
Was den praktischen Teil angeht, so verstehe ich den Satz:
nicht. Vollkommen unabhängig von so einer Situation ist sowohl eine Patientenverfügung (was soll in medizinischer Hinsicht mit mir geschehen, wenn ich in der konkreten Situation nicht mehr in der Lage bin, mich hierzu selbst zu äußern), als auch eine Vorsorgevollmacht (wer soll in so einer Situation für mich all die Dinge regeln, die nicht abschließend aus einer Patientenverfügung hervorgehen, und die rein praktisch sonst noch so zu regeln sind, wie Auflösung der Wohnung, Konten, Versicherungen, Verträge, …) immer dringend angeraten!
Euch Allen ďanke ich für den Zuspruch. Er macht mir einfach Mut. Und gibt mir Unterstützung . Wie es ausgeht, wissen ďereit weder meine Schwester noch ich.
Wir haben heute als Gnade und Glück festgestellt, dass wir so offen, wie wir das tun, miteinander reden können. Wir haben über uns selber gelacht und uns ist sehr viel klar geeorden.
Die Situation ist halt Scheiße. Wenn sie ganz Scheiße sein sollte, will meine Schwester unbedingt noch mal Havanna erleben.
Bislang hat sie sich über die südliche Nordseegrenze nicht herausgetraut. Sie konnte lachen über meinen Tipp auf Stützstrümpfe.
Ich bin mir etwas unsicher darüber, ob ich sie mit meinem Pragmatismus nicht verletze. Andererseits scheint ihr der gut zu tun. Ohne Euch wäre es mir schwerer gefallen, zu bleiben, wie ich bin.
LG
Rebekka
Ja, haben wir mittlerweile eingetütet. Vorsorgevollmacht steht. Patientenverfügung halten wir für uns beide für zu kompliziert - quasi ständige Anpassung an medizinischen Fortschritt erforderlich- und rechtlich auch für zu kompliziert, weil wir beide einen Organspendeausweis haben und das auch so bleiben soll.
Da die Söhne meiner Schwester ähnlich gestrickt sind wie wir beide, sind die nun für Alles befugt, wissen aber auch, dass ich ggf. immer da bin. Bin ja nun auch nicht mehr die Jüngste, tendenziell also für Vollmachten eine unsichere Person als die jüngeren nahen Verwandten.
Den erträumten Havanna-Urlaub haben meine Schwester und ich nun in was deutlich Einfacheres und für sie genauso Erträumtes umgewandelt: Wir machen unabhängig von jeder Diagnose zusammen Urlaub auf einem blau gestrichenen Hausboot in von Norddeutschland aus gut erreichbarer Gegend. Und das bekomme ich mit Sicherheit gebacken.
Danke nochmal, auch an alle Anderen.
Rebekka