Wie seriös/tendentiös ist die DiePresse.com

Liebe WerWeissWas Leser,

Weiß jemand etwas über die der oben genannten Internetseite aus Österreich zu sagen?
Sind die Macher dieser Seite vielleicht dem rechtspopulistischen oder ganz rechten Spektrum zuzuordnen?
Es scheint mir offensichtlich, dass DiePresse europafeindlich eingestellt ist -
was ja zunächst ok wäre, nur die Argumentation haben den Beigeschmack von Propaganda, Verschwörung und Agitation.

Vielen Dank

„Die Presse“ vertritt nach eigenen Angaben „eine bürgerliche-konservative und wirtschaftsliberale Grundlinie und sieht sich in der Tradition der Revolution von 1848“ -> https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Presse#Gegenwart

Bleibt also allein dir überlassen wie du das für dich persönlich einordnest.

Hallo,

hast Du mal eine Kostprobe? Handelt es sich evtl. um einen Gastkommentar?

Gruß
vdmaster

Servus,

die Presse ist eher im konservativen Spektrum angesiedelt, gehört aber zu den qualitativ besseren Zeitungen im Lande. Das sieht man auch daran, dass der Presserat in den letzten Jahren gegen die Zeitung keine einzige Rüge ausgesprochen hat. Ich würde daher auch gerne ein Beispiel „Propaganda, Verschwörung und Agitation“ sehen.

Lg,
Penegrin

Zuletzt habe ich diesen Link: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/4972649/Warum-Viktor-Orban-in-Europa-so-populaer-ist gelesen.
Ok, es handelt sich um einen Gastkommentar - um einen Orban-freundlichen Gastkommentar.
Ich denke, was in Ungarn geschieht, ist derart abseits europäischer Wertvorstellungen, dass mich so ein, im Grunde positiver, Kommentar aufhorchen lässt.
Ich hatte aber schon früher „suspekte“ Beiträge gelesen.

Ich glaube nicht daran, dass je ein „Nachrichtenportal“ offenkundig eine nationalistisch konservative bzw. rechtsextreme Meinung vertritt - das fiele ja sofort auf. Nein - sowas geschieht viel subtiler.
Ein gutes Beispiel wären nach meiner Ansicht die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de ). Hier scheint mir eine eindeutige Tendenz erkennbar.

Vielleicht irre ich mich ja im Fall DiePresse - deswegen Frage ich hier offen in die Runde nach persönlichen Erfahrungen. Ich möchte auch nicht voreingenommen rüberkommen.

Hallo Penegrin,

hätte ich mir die Links doch gemerkt - jetzt stehe ich quasi unter „Beweisnot“.
Ich blättere immer mal auf der, meiner Meinung nach unzweifelhaft verschwörerischen Seite hartgeld.com herum.
Wenn bestimmte Seiten häufiger gelinkt werden, kommen bei mir Zweifel auf …

Vielleicht findet sich jemand, der meine „Anfangsvermutung“ eindeutig widerlegen kann - dieser Ausgang wäre für mich auch ok. Fest steht: ich kenne mich hier nicht aus, würde aber gerne was über die Reputation dieser Seite erfahren.

VG
Majustin

Hallo,

die kann man auch nicht als seriös bezeichnen. Das sieht bei „Der Presse“ anders aus. Hier war es eben ein Gastkommentar eines ungarischen Politologen, der den Versuch unternimmt, die Motive für die Politk Orbans sachlich argumentierend zu erläutern. Da ist kein Platz für moralischeVerdammungsarien wie man sie hierzulande (bspw. ZEIT/Spiegel/SZ) lesen würde. Da geht es um die Auswirkungen auf Wahlen (Meinungsumfragen).

Der Autor äußert sich nicht darüber, ob er das gut findet, was Orban macht. Er erklärt nur das warum.

Gruß
vdmaster

Hallo,

ok, es ist eigentlich genau wie Du sagst.
Interessanter Weise ist es durchgängig so, dass Orban in den meisten Pressemeldungen recht gut wegkommt. Seine Politik klingt im Grunde plausibel und man könnte annehmen, Orban wäre ein ganz normaler konservativer Politiker. Nur bekommt man als Aussenstehender praktisch gar nicht mit, wie Orban ständig die Gesetze und die Verfassung verbiegt um sein Einparteien-Präsidialherrschaftssystem auszubauen. Demokratie findet praktisch nicht mehr statt. Das selbe passiert übrigens zur Zeit auch in der Türkei.
Alles Licht was von (scheinbaren) Positivmeldungen ausgestrahlt wird, müsste eigentlich von dem dunklen Gesamthintergrund vollständig absorbiert werden.

Aber da kann man wohl nichts dagegen machen. Ständige Hinweise auf Ungarns Fehlentwicklung klingen (zumindest für Nichtinformierte) selbst wie Propaganda - auch dann wenn diese belegbar sind.
Vor diesem Hintergund erregt bei mir schon Beschwichtigung Verdacht - das erklärt auch meine Ursprungsfrage.

VG
majustin

Hallo,

2014: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-07/viktor-orban-ungarn-demokratie
2015: http://www.cicero.de/ungarn-im-spannugnsfeld-zwischen-eu-und-russland-wie-viktor-orban-ungarn-putinisiert/58894

Es ist nicht so dramatisch wie in der TÜR. Aber dramatisch genug und jenseits von EU-Standards. Bis 1989 war Ungarn eine sehr moderate Diktatur, weit weniger linientreu und undemokratisch als die DDR. Anschliessend wurde ein völlig liberales System installiert. Die Übernahme des westl. Modells und der Wandel des Wirtschaftssystems führten zu einer wilden Parlamentsgeschichte mit zahlreichen Führungswechseln incl. Regierungskrisen. Oben packen wir noch die Finanzkrise drauf und schon kommt unten eine weniger wilde, autoritärere Koalition heraus, die bedauerlicherweise eine Mehrheit hat, um die Verfassung ändern zu können.

Die Frage ist, ob nach einem eventuellen Ende der EU-Krise (aus evtl. Brexit und Flüchtlingsstrom) die nächsten Wahlen die Mehrheiten wieder auf Normalmaß zurückführen (mehr als 50%, aber keine 66%). Und welche Lehren die ung. Gesellschaft unterm Strich ziehen wird. Denn Wahlen wird er nicht abschaffen können. Das Volk hat letztlich die Zügel in der Hand. Derzeit setzt es auf stabile und sichere Verhältnisse, verkauft dafür aber Standards an gesellschaftl. Freiheiten (frei Medien etc.).

Gruß
vdmaster

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Hallo,

als in dem Land ansässig, in dem „Die Presse“ erscheint, wird sie hier als seriös und offen eingestuft.

Antwort von Penegrin
27.04.2016, 14:55 Uhr

Servus,

die Presse ist eher im konservativen Spektrum angesiedelt, gehört aber zu den qualitativ besseren Zeitungen im Lande. Das sieht man auch daran, dass der Presserat in den letzten Jahren gegen die Zeitung keine einzige Rüge ausgesprochen hat.

Sie lässt Meinungen anderer zu unter deren Namen, indoktiniert nicht (wie andere kleinere Blattformate) und bietet somit Objektivität.

Das Ganze im Vergleich mit anderen Medien.

Gruß

dafy

Finde ich nicht. Du hast eine offene Frage gestellt und wägst jetzt die Antworten ab. Das ist völlig in Ordnung und hier in den letzten Monaten (leider) auch keine Selbstverständlichkeit mehr.

Gastkommentare sind grundsätzlich ein schwieriges Thema. Natürlich distanzieren sich die Zeitungen immer brav davon, nur wenn man dann bei den Kommentaren eine klare Tendent herauslesen kann, sagt das natürlich auch einiges über die Zeitung selber aus :wink:

Falls du über einen fraglichen Artikel stoßt, kannst du dich ja gerne wieder melden.

Lg,
Penegrin

1 Like

Das klingt hoffnungsvoll und ich hoffe auch wirklich sehr, dass Ungarn nicht ganz ‚entgleitet‘.
Ich hatte das Glück einen Politikprofessor kennegelern zu haben, der in Budapest lehrt und sich bestens in der ungarischen Politik auskennt.
Neben ganz vielen Einzelinformationen, zu denen man als Normal(un)interessierter keinen Zugang hat, ist die eindeutige Gesamtaussage, dass die Fides-Partei an ganz vielen Stellschrauben schon soweit gedreht hat, dass keine Partei ihr mehr wirklich gefährlich werden kann, zumal sie jederzeit verboten werden kann und Parteien generell auch keine Werbung mehr für sich selbst machen dürfen. Das gilt natürlich auch für die Fides-Partei - nur dass es zum Glück eine freie, gemeinnützigen Stiftung gibt, die außerhalb des Parteirahmens für Fides wirbt.

Selbst wenn eine andere Partei dann eine Mehrheit im Parlament bekäme, kann Orban persönlich jedes Gesetz blockieren.
Die Medien stehen unter staatlicher Kontrolle und an den Unis werden Politikwissenschaften überwiegend abgeschafft.
Opposition und freie Presse wird es zwar immer geben, aber dies ist nur ein Alibi. Im Endeffekt werden sie an jeder Ecke klein gehalten. Eine Totalkontrolle wird aber auch gar nicht angestrebt, weil es zu unverhältnissmäßig Energie kosten würde.
Ein Maß für Demokratie sind nicht allein „freie“ Wahlen, sonder z.B. auch, ob ein fairer und freier Wettbewerb von Parteien, die zur Wahl stehen ermöglicht wird - dies ist hier definitiv nicht der Fall.

Jedenfalls herrscht in informierten Kreisen Einigkeit darüber, dass Ungarn nicht mehr als Demokratie anzusehen ist, aber auch (noch) nicht als Diktatur.

Aber gut, warten wir ab, was passiert - man soll nicht alles nur pessimistisch sehen (kritisch aber schon).

Viele Grüße
majustin

Hallo Penegrin,

dann bin ich froh, dass es richtig rübergekommen ist.
Ich stelle in meinem weitläzufigeren Umfeld leider häufig fest, dass viele, eigentliche vernünftige Leute häufig auf Verschwörungstheorien aufbauende, haarsträubende Haltungen formulieren (Begriff Lügenpresse), dabei aber im Grunde einer Propaganda auf den Leim gehen, die in der Tat nicht offensichtlich als solche zu erkennen ist sondern im Gegenteil, als „normale“ Presse daherkommt.
Orban und Putin sind oft die Helden dieser Stories, denn sie tun ja was für ihr Volk, wohingegen unserer Politiker absichtlich gegen ihr Volk handeln.
Wenn sich erst mal diese Grundhaltung auf Grundlage von falschen Informationen festgesetzt hat, dann ist diese auch nicht mehr mit differenzierten und korrekten Informationen zu korrigieren - schon allein, weil alles was gegen ihre Argumente spricht ohnehin nur gelogen ist. Da geht gar nichts mehr, jede Diskussion endet im totalen Zorn.
Wenn man Informationen ernsthaft prüfen möchte, dann muss man erstens prüfen aus welcher Quelle sie kommen und zweitens muss man immer auch die Gegenargumente in Erwägung ziehen.
Bei Verschwörungstheoretikern funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr - das ist das tragische.

Danke für Deine Rückmeldung.
Viele Grüße
Majustin