Hallo"
Hallo zusammen!
Ich interessiere mich sehr für alles, was mit Sprachen,
Architektur, Anthropologie, Musik oder einem ähnlichen
kulturellen Wissensbereich zusammenhängt. Da ich nächstes Jahr
mit meinem Abitur fertig sein werde und mir Gedanken zu einem
Studienplatz machen sollte, ziehe ich Archäologie in Betracht.
Dazu habe ich einige Fragen:
Ist bei dieser Interessenlage eventuell nicht ganz das richtige Fach. Archäologie ist sehr materiell ausgerichtet… da ist jemand, der die Funktionsweise von INstrumenten kennt und sie rekonstruieren kann recht interessant, mit Musik hast du weniger zu tun. Auch mit Sprache setzt sich Archäologie kaum auseinander (Zusatzkenntnisse schaden nicht, aber um die musst du dich selbst kümmern) - das tun Philologen. Mit Anthropologie kommst du dem ganzen schon näher (da gibt es auch kombinierte Studiengänge) und Architektur kommt teilweise vor, da musst du dir überlegen ob du gerne Pfostenlöcher zählst oder doch lieber schöne Architektur über die Kunstgeschichte/Landeskunde beschreibst.
- Wie sieht es mit der Vergütung aus? Ich bin leider ein
verdammter Kapitalist und wollte schon immer viel Geld
verdienen. Hätte ich als Archäologe meinen Traumberuf
gefunden, würde ich es allerdings auch ein normales Gehalt in
Kauf nehmen. Im Internet habe ich gelesen, dass dieses
zwischen 3500 und 4700 liegen kann. Allerdings stand in
anderen Quellen, dass das Gehalt nicht einmal zum Leben
ausreiche. Gibt es soetwas wie Aufstiegsmöglichkeiten
überhaupt?
AHAHHAHAHHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHAHA!
uhm…ja. Vergiss es.
Als Archäologie wirst du arm bleiben.
Grabungshelfer werden (im Gegensatz zu früher) so gut wie gar nicht mehr bezahlt, da benutzt man die Studenten, Praktikanten und Freiwillige. Einige besonders dreiste Unternehmer lassen sich sogar dafür bezahlen, dass man als Grabungshelfer mitarbeiten darf. Bezahlte Stellen sind rar und für die knochenharte Arbeit die schnell zu körperlichen Verschleiß führen kann unterbezahlt. Grabungen im Winter bei gefroren Boden machen besonders viel „Spaß“. Nein, es gibt keine Winterpause.
Als Grabungsleiter gibt es ein wenig mehr Geld, aber auch keine großen Sprünge und alles ist Projekt- und Monatsarbeit mit Phasen der Arbeitslosigkeit dazwischen.
Der Großteil der Archäologen arbeitet nur kurz oder nie in diesem Fach. Die Mehrheit wird Taxifahrer, Sachbearbeiter etc. wenn du es bis ins Museum schaffst, bist du schon weit gekommen.
Dementsprechend gibt es beim Verdienst keinen großen Rahmen. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni sowie ein Mitarbeiter im Museum erhalten TVöD und Ende, das ist das Maximum.
Eine Alternative ist eine Karriere beim DAI, auch da ist der Verdienst in einer normalen Position etwa TVöD 13. Da kommt man allerdings auch mal raus aus Deutschland.
Höher gehts jetzt nur noch durch die Verwaltungs- und Politikebene, indem du dich für Führungsposten qualifizierst.
Den Museumsdirektor gibt es dabei kaum noch, Museen werden v.a. von den Landschaftsverbänden kontrolliert und da gibt es vor allem Leiter. Museumsleiter verdienen maximal TVöD 14 und haben mit ihrem Fach so ziemlich gar nichts mehr zu tun.
Über die Politik (Kulturdezernent, Landesarchäologen etc.) geht es ein wenig weiter. Da hat man die Stufe der befristeten Verträge (manchmal) hinter sich gelassen, dafür gibts jetzt Wahlperioden. Der Verdienst ist etwas höher, der Kontakt zum Fach minimal.
- Aber vielleicht gibt es ja noch verwandte Berufe, bei denen
das Gehalt besser ist. Als Museumsdirektor sei man verbeamtet
und laufe unter A16 des höheren Dienstes. Allerding kann ich
mir keinen richtigen Werdegang zum Museumsdirektor vorstellen,
wenn mir jemand dazu (oder zu einem ähnlichen, gutbezahlten
Beruf) Auskunft geben könnte, wäre ich sehr dankbar!
Vergiss es. Es gibt keine gut bezahlten Berufe in der Kultur wenn du es nicht bis zum Professor (und das ist ein langer Weg) schaffst. Kultur wird heutzutage zu tode gespart und du brauchst viel Leidenschaft dafür, die Arbeit muss dir 100% Spaß machen um die mangelnde Bezahlung in Kauf zu nehmen. Wenn du gut mit Sprachen bist, mach „irgendwas mit Wirtschaft“ und guck das du verhandlungssicher in Englisch und einer nicht zu häufigen Sprache bist, dann hast du Chancen eine Position in der freien Wirtschaft zu bekommen die dich für eine nicht so interessante Arbeit finanziell entschädigt.
Zum Direktor siehe oben.
- Wie sind die Voraussetzungen für und die Anforderungen
während des Studiums und auf welcher Uni studiert man solche
Studiengänge am besten?
Das kannst du auf den Websiten der Unis nachlesen. Verschiedene Unis haben verschiedene Schwerpunkte. Schau dir mal die bekanntesten aktuellen Archäologen an und schau wo sie studiert haben. Berlin und Bochum kommen schonmal ganz gut weg, allerdings stehen viele Archäologien auch auf der Abschussliste, z.B. in Leipzig.
deutschen Unis (z.B. die Albert-Ludwigs-Uni in Freiburg oder
die Ruprechts-Karl-Uni in Heidelberg) ausreichend? Hat
eventuell jemand Erfahrungen mit Stipendien?
Der NC wird jedes Jahr neu zusammengestellt, das lässt sich nicht voraussagen.
Ich besitze das Latinum, aber ist eventuell noch das Graecum
notwenig? Wie wichtig sind chemische oder biologisch (o.a.)
Kenntnisse und Fremdsprachen?
Wenn du klassische Archäologie studierst, ja. An Biologie kommst du in der Anthropologie logischerweise nicht herum, du brauchst Verständnis in Bio und Chemie für alle möglichen Datierungsmethoden (z.B. Datierung nach Baumjahresringen). Viel davon lernst du im Studium.
Wenn du eine Kultur-Archäologie oder Archäologie im Ausland studierst (um von der deutschen mal weg zu kommen) brauchst du die entsprechenden Fremdsprachen und alten Sprachen. Die Drecksarbeit machen zwar die Philologen, aber wenn du bei einem konkreten Komplex was suchst, schadet es nicht, Quellen über diesen lesen zu können.
- Wie gestaltet sich das Studium eines Archäologen (oder das
einer Alternative)? Ich habe von Auslandssemestern und
Praktika gehört. Was macht man während dieser Zeit?
Ist von Uni zu Uni verschieden. Ein großer Teil Geschichte, Bodenkunde, Anatomie, Methodenkunde. Oft wird das Datieren vernachlässigt, dass muss der angehende Archäologe durch Erfahrung lernen. Hier mal die Aufstellung in Bochum:
http://studienangebot.ruhr-uni-bochum.de/de/archaeol…
näheres erfährst du in Vorlesungsverzeichnissen, die auch online stehen.
Im Auslandssemester studierst du dein Fach einfach an einer ausländischen Uni, im Bestfall kannst du dir sogar Punkte anrechnen lassen, mach dir aber keine zu großen Hoffnungen die meisten deutschen Unis sind zu blöd dazu, auch wenn immer damit geworben wird.
Praktika werden bei der Archäologie z.B. im Museen absolviert. Du musst aber auch bis zum Abschluss soundsoviele Grabungspraktika nachweisen. Das ist eine große Schwierigkeit, weil es mehr Interessenten als Stellen gibt, viele Grabungen die Helfer gebrauchen können nichts ausschreiben und man für gewöhnlich zwar zeitlich über WOchen gebunden ist, aber kein Geld verdient.
- Wie sieht das Tätigkeitsfeld eines Archäologen (oder das
einer Alternative) aus? Dass einen keine Abenteuer wie die von
Indiana Jones oder Lara Croft erwarten, ist mir klar. Doch
buddelt man wirklich nur im Sand herum und archiviert die
gefunden Stücke anschließend?
Das kommt drauf an in welchem Bereich du später arbeitest. Es gibt Leute die ihr Leben lang im Dreck buddeln, das sind Grabungsleiter und die Inhaber von Grabungsfirmen.
Das machen viele aber körperlich einfach nicht mit, also landen sie im Denkmalschutz, im Museum, in diversen kulturellen Verwaltungen oder in Archiven.
Im Archiv hast du zumindest viel mit coolen Funden zu tun, auch wenn du selten die Sonne siehst. Bei den anderen Jobs geht es meist mehr um Verwaltung. Im Museumswesen bist du meist für Projekt X oder Y zuständig und erstellst Ausstellungen, kümmerst dich um die Auswahl der Objekte, die Kooperation mit denen, wo du die Objekte leihen möchtest, die Kostenrechnung, die Artikel für den Katalog, Katalogerstellung, Ausstellungsdesign- und -Aufbau, Kommunikation mit den Handwerkern, Marketing und stellst Ressourcen für die Museumspädagogik zur Verfügung. Dann natürlich das ganze nochmal Rückwärts für den Abbau.
DAS ist der schöne Teil - daneben bist du eben in die Abläufe des Museums eingebunden, musst nervige Meetings und Referentenrunden ertragen, Volontäre und Praktikanten betreuen und achja - du betreust natürlich nicht nur eins sondern 3-5 Projekte gleichzeitig und alles muss finanziert werden! Also Drittmittelanträge ohne Ende schreiben.
Wie groß ist außerdem die Chance
auf eine Arbeit im Ausland? Gibt es Projekte, bei denen ein
deutsches Team im Namen Deutschlands Ausgrabungen in Ländern
wie Ägypten, China, Griechenland oder Großbritannien tätigt?
Oder sind solche Expeditionen nur Fiktion und man ist nur in
heimischen Ausgrabungen tätig. Und…
Wie schon hingewiesen ist da das DAI zuständig, alternativ kannst du im Ausland Archäologie studieren und dort eine reguläre Archäologenkarriere hinlegen.
Die Expeditionen von denen man hört sind keine Fiktion, aber wären heutzutage illegal. Man kann nicht einfach in ein anderes Land gehen und alles mitnehmen was man ausbuddelt, auch wenn es in ein Museum käme - die meisten Objekte bleiben im Heimatland und nur häufige, gedoppelte und weniger wichtige Objekte werden ausgetauscht. Es ist aber oft einfacher ein Objekt aus dem Ausland zu leihen wenn es von einem Landsmann ausgegraben wurde.
- wo ist man überhaupt beschäftigt? Arbeitet man im Auftrag
von Museen, Privatpersonen oder wird man sogar verbeamtet?
Privatpersonen nein.
Es kommt aber vor, dass bei Bauarbeiten u.ä. archäologisch relevante Stätten gefunden werden und tatsächlich mal jemand das Amt für Bodendenkmalpflege benachrichtigt (was eigentlich Pflicht ist, viele drücken sich - übrigens illegal und bei Nachweis mit Geldstrafen zu belegen) und dann rückt das entsprechende Amt an, inspiziert alles, spricht einen Baustopp aus und heuert Ausgräber bzw. gleich eine Grabungsfirma an.
Dann wird alles unter Zeitdruck ausgegraben und dokumentiert (Stratographie etc.) im schlimmsten Fall ist es eine Notgrabung mit totaler Hetzerei, denn die Bauherren wollen so schnell wie möglich weiterbauen, jede Minute kostet Geld und man muss viel aushalten denn die Bauleiter hassen Archäologen geradezu.
Dann wird gebaut und wenn man erst hinterher feststellt, dass das eine total wertvolle Kulturstätte war, weil das „Bauernskelett“ doch ein keltischer Prinz war, hat man Pech gehabt.
lg
Kate