Wie sind die Chancen bei einer eventuellen Berufung

In der 1. Instanz ging es um den Zugang einer Kündigung per Einwurfeinschreiben.
Der Kläger hat bestritten eine Kündigung per Einwurfeinschreiben erhalten zu haben. Dem Gericht wurde von Seiten des Klägers Angeboten als Zeugen die Hundesitterin zu laden die täglich den Briefkasten leert und den Postboten zu laden der das Einwurfeinschreiben zugestellt hat.

Das Gericht hat im Kammertermin lediglich die Personalreferentin geladen die das Einwurfeinschreiben mit der Kündigung erstellt hat.
Diese sagte folgendes aus:
Ich habe am 08.02. eine Kündigung erstellt und diese vom Geschäftsführer unterschreiben lassen. Danach habe ich die Kündigung in ein Kuvert der Größe DIN A4 verpackt und in die interne Poststelle der Firma abgegeben. Leider habe ich vergessen eine Kopie von der unterschriebenen Kündigung zu erstellen. Wem ich die Kündigung in der internen Poststelle gegeben habe , kann ich nicht mehr sagen. Am gleichen oder einen Tag später habe ich den Einlieferungsbeleg erhalten.
Das Gericht hat dann 14 Tage später folgendermaßen geurteilt:

Die Zustellung der unterschriebenen Kündigung ist nach Anscheinsbeweis erfolgt. Die Beklagte konnte mit dem Einlieferungsbeleg, der Reproduktion des Auslieferungsbeleg und durch die Zeugenaussage der Personalreferentin beweisen das ein Zugang erfolgt ist.

Nachdem das Urteil den Parteien zugestellt worden ist, hat der Kläger seine Steuerunterlagen (Lohnabrechnungen etc.) fertig gemacht. Bei der Erstellung der Unterlagen war in einem geöffneten Umschlag der Größe C5 eine Lohnabrechnung der Beklagten. Dem Kläger viel dabei auf das dieser Umschlag per Einwurfeinschreiben versendet worden ist. Der Kläger verglich daraufhin die Sendungsnummer mit dem Ein- und Auslieferungsbeleg der verschickten Kündigung. Dabei stellte er fest das diese Nummern identisch sind.

  1. Nach der Zeugenaussage der Personalreferentin wurde die Kündigung ja in einem DIN A4 großen Umschlag versendet.
  2. Die Kündigung wurde dann von Mitarbeitern in der internen Poststelle und nicht direkt von Postmitarbeitern bearbeitet.
  3. Beim Kläger ist ja unter der angegebenen Sendungsnummer kein Umschlag der Größe DIN A4 angekommen, sondern ein Umschlag der Größe C5.

Jetzt stellt sich für mich die Frage, kann der Kläger in einem Berufungsverfahren diese neuen Fakten vortragen, oder ist das präkludiert?
Da nur Zeugen von der Beklagten gehört worden sind, ist damit das Recht auf Anhörung des Klägers verletzt worden und somit eine Revision möglich? Wie seht ihr die Chancen bei einer eventuellen Berufung oder Revision???

Mau.

Dass Hundesitterin und Postbote nicht gehört wurden, ist keine Unterlassung, die im Berufungsverfahren eine Bedeutung hätte. Ihre Aussagen hätten nichts zur Auklärung des Sachverhaltes beitragen können.

Und dass das Blatt in A4 auf der Poststelle gefalzt und zusammen mit der Lohnabrechnung in einen C5-Umschlag gepackt wurde, um nicht an die selbe Adresse zweimal Porto stempeln zu müssen, ändert nichts am Inhalt des Umschlags, der zugegangen ist.

Schöne Grüße

MM

Die Kündigung wurde in einem großen DIN A4 Umschlag einkuvertiert und verschlossen laut Zeugenaussage.

und sie wurde laut Zeugenaussage zur internen Poststelle gegeben.

Die Zeugenaussage enthält keine Angaben dazu, was auf der Poststelle damit weiter gemacht wurde.

Es ist normal, dass die Leute dort, wenn sie zwei Briefsendungen an einen Empfänger bearbeiten, die beiden Sendungen in einem Kuvert zusammenfassen. Und wenn man ein maschinell gefalztes Blatt hat, dessen Adresse in das Fenster eines Fenster-Briefumschlages passt, falzt man halt das A4-Blatt, das man dazu bekommen hat, manuell und hat dann eine hübsche Sendung. Dann ist wenigstens bloß das Kuvert verschenkt und nicht auch noch das Porto.

So kam es, dass die Lohnabrechnung als Einwurfeinschreiben zur Post ging (was sonst überhaupt nicht gemacht wird). Im selben Umschlag war die Kündigung.

Das spielt aber bei der Berufung im Einzelnen keine Rolle. In 2. Instanz könnte das Verfahren allenfalls an die 1. zurückverwiesen werden, mit der Rüge, dass der Sachverhalt unzureichend aufgeklärt worden ist. Dann würde dieser Sachverhalt im geschilderten Punkt aufgeklärt, und im Ergebnis zeigte sich, dass der Kläger die Kündigung erhalten hat.

Dieses Ergebnis kann der Kläger mit viel geringerem Aufwand haben, wenn er nichts weiter unternimmt und das Urteil so akzeptiert, wie es ist.

Schöne Grüße

MM

Sollte der verschlossene Umschlag geöffnet worden sein , dann wäre ja der Beweis des ersten Anscheins widerlegt. Hätte man den DIN A4 Umschlag direkt bei der Post abgegeben, wäre er ja schließlich nicht umverpackt worden. Eine Kündigung war jedenfalls nicht in der Briefsendung. Eventuell wurden die Briefsendungen vertauscht? Wie will man das dann beweisen? Der Arbeitgeber hat die volle Beweislast.

Ist aber nicht.

Schreibt der, der zuerst gar nichts vom Zugang eines Einwurfeinschreibens gewusst haben will - was hätten der Postzusteller und die Hundesitterin denn bezeugen sollen?

Nun ja, das brauchen wir hier nicht zu würdigen, glaube ich.

Schöne Grüße

MM

Es wurde nie der Zugang eines Einschreibens bestritten, es wurde bestritten das eine Kündigung zugegangen ist.

und die Hundesitterin und der Postbote schauen bei der eingehenden Post immer nach, was da im Umschlag ist? Oder was sollten sie denn bezeugen?

(mal unabhängig davon, dass der Postbote den Deubel tun wird und für irgendeinen bestimmten Tag vor drei Monaten bestätigen, dass er da ein Einwurfeinschreiben von irgendeinem bestimmten Absender in irgendeinen bestimmten Briefkasten geworfen hat - und das ist der einfache Grund, weshalb er nicht als Zeuge gehört wurde: Seine Aussage wäre eh wertlos gewesen)

Schöne Grüße

MM

Schließlich hat der Briefträger ja mit seiner Unterschrift beurkundet das er ein Einwurf-Einschreiben an einem bestimmten Tag eingeworfen hat. In einem von 48 Briefkästen im Haus. Der Briefträger wurde ja auch als Zeuge der Beklagten genannt. Die Hundesitterin öffnet täglich den Briefkasten, öffnet die Post und sortiert diese auch.

Ja, und weiter?

Aha. So ist das.

Schnitzeljagden zählen nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.

Schönen Sonntag weiterhin!

MM

Danke, Ihnen auch